Albota – einfach die Seele baumeln lassen

Eine Forellenfarm am Fuß der Fogarascher Berge – als Familienausflugsziel, für Relax- oder Aktivurlaub

Ein Paradies für Forellen und ihre Gourmets, im Hintergrund der Albota Gipfel.

Blick vom Aussichtsturm auf Hotel und Gastgarten – alles liebevoll gepflegt und im rustikalen Blockhausstil.

Der Geschäftsmann und Deutschland-Rückkehrer Martin Müller vor seinem selbstgeschaffenen Garten Eden.

Stolz halten uns die Sonntagsangler ihren zappelnden Fang vor die Linse.

Hier die luftige Trockenkammer für deftige Würste und Räucherspeck.
Fotos: George Dumitriu

Von der DN1 aus Kronstadt/Braşov kommend, biegen wir etwa 55 Kilometer vor Hermannstadt/Sibiu in Richtung Arpaşu de Sus ab. Vor uns ragen die rauen Zacken der Fogarascher Berge auf, blühende Akazien säumen den Wegesrand, ein Pferdewagen hoppelt gemächlich vor uns her. Fast scheint es, die holprige Anfahrt ist bereits Teil der Strategie des Touristenkomplexes Albota – die Seele herunterfahren vom hektischen Alltag und die Sinne öffnen für die köstlichen Eindrücke der Natur. Nach einer halben Ewigkeit begrüßt uns ein riesiges hölzernes Tor mit der Aufschrift „Păstrăvăria Albota“ wie auf einer Ranch.

Fröhliches Stimmengewirr und der verführerische Duft allerlei Köstlichkeiten dringt aus dem Gastgarten. Rundum rauschen die Bäume, Grüntöne bis zum Horizont, wo der schneebedeckte Albota-Gipfel  – Namensgeber dieser herrlichen Erholungsinsel – mit watteweißen Schäfchenwolken konkurriert. Einmal angekommen, möchte man nie wieder von hier weg...

Sonnenschein und gischtsprühende Wasserräder

Am Fuße eines Abhangs reihen sich viereckige Forellenteiche mit gischtsprühenden, wirbelnden Wasserrädern aneinander, die das Wasser mit Sauerstoff anreichern.  Der Gastgarten ist umringt von gut einsehbaren Spielzonen: ein mit Kissen und Kuscheltieren ausgestatteter Krabbelpavillion für die ganz Kleinen, ein Abenteuerspielplatz aus Massivholz für die Größeren, wo Oma und Opa von der Schaukelbank aus die Racker beaufsichtigen, und ein hölzerner Aussichtsturm zum Hochklettern. Die Teiche sind umringt mit Familien, die ihr Glück beim Angeln versuchen und uns stolz ihre zappelde Beute vor die Kamera halten.

Im Hintergrund des 400 Hektar großen Geländes erstreckt sich der Arpăşel Nationalpark bis tief ins Fogarasch Gebirge hinein. Hier kann man wandern oder klettern, vorbei an ausgedehnten Farnlichtungen, durchdrungen vom betörenden Duft der allgegenwärtigen weißen Akazien. An seltenen Pflanzen gibt es hier den gepunkteten Enzian, das leuchtendgelb blühende bunte Läusekraut (auf rumänisch romantischer „vârtejul pământului“, Wirbel der Erde, genannt) oder die verschiedenfarbige Braunwurz zu entdecken. Die Tierwelt besticht mit Wildschweinen, Gämsen oder Bären, und wer besonderes Glück hat, bekommt vielleicht sogar den seltenen, weltweit streng geschützten Schreiadler zu Gesicht.

Neben den Forellenteichen erstrecken sich die Wirtschaftsräume der Farm mit Backöfen, Räucherkammern, Trockenböden und Kühlräumen für all die hausgemachten Köstlichkeiten, die man entweder vor Ort im Restaurant verspeisen oder im Verkaufspavillion an der Einfahrt seinen Lieben zuhause mitbringen kann: deftiges Sauerteigbrot, würzige Würste, geräucherter Speck, Schafs- und Ziegenkäse, Brombeer- oder Heidelbeermarmelade, Zacusca und natürlich Räucherforellen.

Wem ein Wochenendausflug nicht reicht, um das umfassende Angebot ausgiebig zu genießen, dem stehen im Haupthaus 40 komfortable Vier-Sterne-Zimmer für einen unvergesslichen, wenn auch für rumänische Verhältnisse nicht gerade billigen Erholungsurlaub zur Verfügung ( Zimmerpreise je nach Saison zwischen 130 und 260 Lei). Die Restaurantpreise  hingegen sind sehr erschwinglich, das Angebot  reichhaltig und vielfältig. Einen Liter köstlichen Holunderblütensaft gibt es für acht Lei, dazu bestellen wir Forelle, knusprig gegrillt mit Knoblauchsoße und Maisbrei für 18 Lei. Danach möchte man heimlich den Teller abschlecken oder noch besser den Koch heiraten...

Luxus und Natur – eine Marktlücke in Rumänien

Albota vereint Flair, Service und Gourmetangebot mit Freizeitspaß und Naturerlebnis – ein gelungenes Konzept, wie der  rege Besucherandrang zeigt. Bei einem Kännchen Rotwein erzählt Besitzer Martin Müller – ein aus Deutschland zurückgekehrter Siebenbürger Sachse, wie er überhaupt auf die Idee mit dieser Tourismusoase kam. Ursprünglich wollte er nur Forellen züchten  und  ein privates Refugium für Familie und gute Freunde schaffen.

Kurz nach dem Fall des Kommunismus erwarb er daher eine Forellenfarm mit eigener Hydrozentrale und 400 Hektar Grund –  nicht,weil er soviel brauchte, sondern um zu verhindern, dass lärmende Nachbarn, knatternde Quads oder grellbunte Villen das Paradies optisch oder akustisch beeinträchtigen. Bald musste er jedoch feststellen, dass seine Forellen für den Großmarkt zu teuer waren. Als Geschäftsmann muss man flexibel sein, dachte sich Martin Müller, und beschloss, seine Ware zum sofortigen Verzehr vor Ort anzubieten.

Dies war der erste Schritt zum Erfolg. Der Rest ergab sich nach und nach, denn wo gespeist wird, braucht man auch Infrastruktur und vor allem ein breiteres Warenangebot.  Da es in der Umgebung keine Hersteller für traditionelle Lebensmittel gab, die  eine Liefergarantie für ausreichende Mengen gewähren konnten, musste notgedrungen eine eigene Produktion entstehen. Diese wiederum stellt heute eine wichtige Basis für den Erfolg des Komplexes dar.

Dass er damit auch in eine Marktlücke in Rumänien gestoßen war, wurde Martin Müller klar, als er eines Tages durch seine Anlage schlenderte und auf der Terrasse einer Dame im Liegestuhl begegnete, die  genüsslich eine Topfenpalatschinke verspeiste und in einem dicken Schmöker las. „Hier ist es einfach herrlich“, schwärmte die Schweizerin und erzählte, ihr Mann sei begeisterter Extremkletterer und seit Tagen im Naturschutzgebiet unterwegs.

„Jeden Morgen steht er um fünf auf, seit wir hier sind, habe ich ihn kaum zu Gesicht bekommen“, amüsierte sich die Urlauberin, der der Sinn so gar nicht nach Bewegung stand. Sie genoss die herrliche Ruhe, das kulinarische Angebot, die luxuriöse Unterkunft und langweilte sich kein bißchen. „Endlich mal Zeit für mich und ein Verwöhnangebot nach meinem Geschmack“, schwärmte sie und fügt hinzu, „früher stritten wir uns immer über den Urlaubsort, ich wollte ans Meer und er in die Berge!“

Martin Müller weiß, was gute Erholung wert ist. Mit seiner Familie lebt er selbst auf dem Gelände. Seine Firma kann er dank moderner Kommunikatinosmittel und Computer auch von hier aus führen. Nach dem Managerdasein in Deutschland sehnt sich der studierte Ingenieur nicht zurück. „Dort bist du ein Rädchen von Vielen und musst dich ständig drehen“, sinniert er. „Wenn du dich schneller drehst als die anderen, kannst du aufsteigen,  aber wenn du ausfällst, bist du ganz schnell ersetzbar.“ Den Wettlauf mit sich selbst wollte er nicht länger fortsetzen, zu hoch ist der Preis. Heute nimmt er sich  Zeit für die Familie,oder streift abends durchs Restaurant, um mit den Gästen zu plaudern. 

Als er uns durch die Anlage führt, entdecken wir unter dem Aussichtsturm ein Gehege mit  jungen Perlhühnern. „Die  dürfen nachts raus und säubern das Gelände von Zecken“, klärt er uns auf, denn Perlhühner gelten als ausgesprochene Zecken-Gourmets. Borreliose oder FSME holt man sich also nicht beim Herumstreifen in den Büschen von Albota.