Almodovar, Scorsese, Hermannstadt

Das Transilvanian International Film Festival am Weg zum Transilvanian Art Film Festival

In der Burg in Michelsberg wurde der Stummfilm „Faust“ gezeigt.
Foto: Sebastian Marcovici

Auf halbem Weg von TIFF zu TAFF sei die Veranstaltung in Hermannstadt/Sibiu, sagte Festivaldirektor Tudor Giurgiu. Das Transilvania International Film Festival soll in der vormaligen europäischen Kulturhauptstadt zum Transilvania Art Film Festival werden. Seit 2007 findet nach dem Abschluss des Filmfestes in Klausenburg/Cluj-Napoca jeweils eine Ausgabe auch in Hermannstadt statt. Ohne Wettbewerb, Jury, rotem Teppich und Preisen, aber mit einem fast annähernd so vollen Programm und zahlreichem Publikum. Sowie sich herausbildender spezieller Festival-Persönlichkeit.

Filme en masse konnte, wer dazu Zeit und Muße hatte, zwischen dem 13. und 17. Juni gucken. Gratis oder zu sehr erschwinglichen Preisen. Die als Highlights gehandelten Streifen wurden ab 22 Uhr am Großen Ring/Piaţa Mare gezeigt, zur Vorführung kamen Streifen jeden Nachmittag und Abend in mehreren Zentren und Lokalen. Zum Hermannstädter Veranstaltungsjahr im Zeichen des Barock wurde der Stummfilm „Faust“ (1926) von Friedrich Wilhelm Murnau mit Live-Musik des Ensembles „Einuiea“ auf der Michelsberger Burg gezeigt. Die erwies sich für die rund 150 Begeisterten als zu klein. 

Der Kunst und Kultur sollen die Streifen gewidmet sein, die künftig bei diesem Filmfest in Hermannstadt gezeigt werden – im Oktober findet das dem Dokumentarfilm gewidmete Internationale Astra Film Festival statt. Zur Erstaufführung in Rumänien kamen heuer drei Kultfiguren gewidmete Streifen: Martin Scorsese baut in der über dreistündigen Huldigung an Beatle George Harrison in „Living in the Material World“ viel unbekanntes Filmmaterial aus der Karriere der Starband gekonnt mit Interviews zu allen Lebens- und Schaffensetappen von Harrison zusammen, sodass der Film auch eine Geschichte der Beat- und Flower-Power-Generation darstellt. Starregisseur Scorsese gehört zu den Filmemachern, die in dem Dokumentarstreifen von Robert Weide über Woody Allen zu Wort kommen. Parallel zu dessen Werdegang, illustriert anhand zahlreicher Ausschnitte auch aus seinen Filmen und Interviews u. a. mit Diane Keaton oder Sean Penn, wird das Geschehen in der Branche in den USA dargestellt. Ganz anders die Karriere von Roman Polanski, den sein Freund und ehemaliger Geschäftspartner Andrew Braunsberg zu Kindheit, Karriere und Frauen in der Zeit befragte, in der Polanski in der Schweiz Hausarrest hatte, weil ein Verfahren wegen Vergewaltigung von 1977 gegen ihn in den USA wieder aufgerollt worden war und seine Auslieferung beantragt wurde. Regisseur Laurent Bouzereau flicht Filmausschnitte aus Polanskis „Der Pianist“ ein, um die Kindheit des jüdischen Jungen in dem nazibesetzten Polen zu illustrieren, Kritik geübt wird an den sensationslüsternen Medien und der Justiz in den USA. Man muss unweigerlich an Bölls Katharina Blum denken. 

Gezeigt wurde der in Berlin (Sektion Panorama) mit dem Publikumspreis bedachte Dokumentarstreifen, der der in Belgrad geborenen Künstlerin Marina Abramovici gewidmet ist. Anschauen konnte man mehrere Filme über Tanz und Tänzer, darunter jenen von Marco de Aguilar über den Flamenco als Lebensstil und „Ballroom Dancer“, in dem ein Latino-Tänzer im Mittelpunkt steht. Das Festival-Programm umfasste Dokumentarstreifen über Rockstars, aber auch die Undergroundmusik in Wien, desgleichen aber auch Nicolae Mărgineanus Film über den Maler Stefan Luchian mit Ion Caramitru in der Hauptrolle. Weniger skurril als sonst ist Almodovars Anlehnung an einen Polizeikrimi von Thierry Jonquet „Die Haut, in der ich lebe“ (La piel que haboto e) mit Antonio Banderas in der Hauptrolle und wunderschönen Bildern.

Eine in die Zeit des Zweiten Weltkriegs versetzte Altstadt von Hermannstadt konnte das Publikum am ersten Festivalabend erleben: Uraufgeführt wurde die im vorigen Jahr größtenteils da von Wolfram Paulus gedrehte österreichisch-rumänische Koproduktion „Blutsbrüder teilen alles“. Die beeindruckende Story zweier Jungen wird leider etwas seicht-melodramatisch rübergebracht und der Film hinterlässt den Eindruck, in großer Eile produziert worden zu sein.

In der Hälfte des Weges von TIFF zu TAFF angelangt, kann man ruhig sagen, die eingeschlagene Richtung ist ok.