Alternativtourismus an der Donau

Eibenthal: ein beliebter Ort für tschechische Touristen

Zusammen mit einem Freund und seinem Hund „ Ceauşescu“ lebt Frankišek Malý in seiner Burg an der Donau.

Die Gaststätte „U-Medveda“ ist eine Anlaufstelle für alle Touristen. Dort erfahren sie, wo sie im Dorf essen und schlafen können.

Wer den Weg nach Eibenthal verpasst und weiter auf der Hauptstraße fährt, kommt bei Frankišek Malýs Burg an.

Die Jugendlichen im internetlosen Eibenthal haben ihr eigenes Facebook am Holzzaun von „U Medveda“: Umschläge mit ihren Gesichern drauf.
Fotos: Zoltán Bereczki

Entlang der Donau zwischen Orschowa/Orşova und Neumoldowa/Moldova Nouă macht der Weg einen Knick nach rechts und führt in die Berge. Kein Schild, rein gar nichts weist darauf hin, wohin diese schmale Straße eigentlich geht. Sie ist noch in Arbeit, deshalb am Anfang auch das Zeichen für gesperrte Straße. Um den angepeilten Ort zu erreichen, muss man eben über eine gesperrte Straße fahren. Einige hundert Meter weiter, auf dem schmalen, neu asphaltierten Weg, steht ein altes, rostiges Verkehrszeichen, das darauf hindeutet, dass wir hier richtig sind: Eibenthal, sechs Kilometer.

Nach und nach erscheinen zwischen den Hügeln in unser em Blickfeld kleine Häuser, die Kirche, die Schule, einige Autos, doch menschenleere Straßen. Die Hitze hält sie alle in ihren alten, aber kühlen Häusern. „Festival Banat“ steht groß geschrieben auf einem Banner am Holzzaun eines Hauses. Dort halten wir an und gehen hinein. Es ist eine rustikale Gaststätte mit Holztischen und –stühlen. An den Wänden hängen Fotos von Konzerten. Drei Männer trinken draußen auf der Terrasse Bier und unterhalten sich. Wir verstehen jedoch nicht, was sie sagen, denn sie sprechen eine andere Sprache: Tschechisch.

Eibenthal ist eine von sechs Gemeinden im südlichen Banat, die von ethnischen Tschechen bewohnt ist: Gârnic/Weizenried, Eibenthal, Sankthelena/Sfânta Elena, Schnellersruhe/Bigăr, Ravensca und Şumiţa. Von denen hat Eibenthal heute die größte Einwohnerzahl: ungefähr 300. Vor 190 Jahren sind die Tschechen hierher gekommen, um Waldarbeit zu betreiben, denn die Gegend war früher nicht bewohnt und der damalige Besitzer der Wälder in der Nähe der Donau brauchte Arbeitskräfte, um diese zu bewirtschaften.

Leben wie früher und traditionelle Produkte

Vor dem „U Medveda“, der Gaststätte mit Terrasse, stoppt ein Bus, aus dem eine Gruppe Jugendlicher aussteigt. Sie alle sprechen Tschechisch und wir erfahren, dass sie durch ein Austauschprogramm, finanziert aus EU-Geldern, angereist sind. Sie sind zu Gast bei Familien aus Eibenthal. Nächstes Jahr werden die Jugendlichen aus Eibenthal nach Tschechien fahren. Wir fragen nach und erfahren, wer hinter dem „U Medveda“, dem „Festival Banat“ und den touristischen Aktivitäten in der Gegend steht. Es sind drei junge Männer: Štepán Slaný und Jan Duben aus Tschechien, zusammen mit Tiberiu Iosif Pospíšil aus Eibenthal. Seit 2008 veranstalten sie zusammen Expeditionen im Süden des Banats, ausschließlich für Touristen aus Tschechien. Die tschechische Kultur aus den sechs vorgenannten Gemeinden spielt eine wichtige Rolle in ihrer touristischen Initiative, denn die Tschechen kommen gerne ins Banat, wo alle ihre Sprache sprechen und die Menschen noch genauso leben wie ihre Ahnen. „Die Tschechen sind fasziniert, dass sie 1000 Kilometer reisen und hier Menschen finden, die tschechisch sprechen“, erzählt Tiberiu Pospíšil. Das Aussehen des Dorfes erinnert sie an die Vergangenheit Tschechiens. Und genau das suchen sie: das Traditionelle, diese Lebensart und Selbsterzeugtes wie Honig, Sirup, Marmelade, Schnaps und sogar gestrickte Puppen. Für die Gemeinde ist das natürlich eine große Hilfe, denn so manche leben hier nur vom Tourismus und von der Rente als ehemalige Bergleute, die sie nach der Schließung des Kohlebergwerks ab 2006 bekommen haben.

2008 trafen sich Štepán Slaný, Jan Duben und Tiberiu Iosif Pospíšil in Eibenthal und fingen an, Pläne für die Zukunft zu schmieden. Seitdem haben sie nicht nur ein Tourismusunternehmen, das Tschechen nach Rumänien bringt, sondern auch eine Gaststätte, das „U Medveda“, und seit 2011 sogar ein eigenes Musik-Festival, das „Festival Banát“. Dieses zieht jährlich ungefähr eintausend Menschen nach Eibenthal, vorwiegend Tschechen. Bis vor Kurzem waren es nur tschechische Rock-Bands, dieses Jahr, zwischen dem 21. und 24. August, hat es auch Jazz und traditionelle Musik aus den tschechischen Dörfern im Banat auf die Bühne gebracht.

Die Expeditionen, die von den drei Unternehmern veranstaltet werden, folgen immer einem festen Plan. Eine Woche lang dauert der Ausflug, und die Route bezieht die tschechischen Dörfer ein, manchmal auch eine Ausfahrt mit dem Schiff auf der Donau, wobei die Ponicova-Höhle und die Veterani-Grotte besichtigt werden. Dass man beim Eingang in die Veterani-Grotte – wohin sich während der Kriege im 14. bis 16. Jahrhundert Soldaten zurückzogen – sechs Lei bezahlen muss, findet Tiberiu Pospíšil eine Beleidigung, denn der Eingang in die Grotte wurde von den Schifffahrern angelegt und der Naturpark profitiert jetzt davon. „Wir fahren nicht mehr dort hin, es gibt sowieso weitaus interessantere Routen in der Gegend.“ Auch markierte Bergwege gibt es hier viele. Diese kann man auf der Website des Naturparks „Eisernes Tor“ finden.

Frankišek Malý: ein permanenter Tourist

Vor zehn Jahren kam der ehemalige Polizist aus Tschechien zum ersten Mal nach Rumänien. Nachdem er in Rente gegangen war, reiste er durch Europa und nach Russland, um einen passenden Ort zu finden, wo er sich eine Weile lang niederlassen könne. Er hatte schon seit Jahren den Traum, seine eigene Burg zu bauen. Als Frankišek Malý diesen besonderen Ort am Ufer der Donau gefunden hatte, ging seinWunsch in Erfüllung. Hier lebte sogar eine Gemeinschaft, die seine Sprache sprach. Schnell war für ihn klar, dass er seine Burg hier bauen wollte. Sieben Jahre dauerten die Arbeiten. „Ich habe das alles alleine gebaut“, erklärt er uns und berührt stolz die Wände und die großen Holzbalken. Alle Materialien waren schon hier: Stein, Holz und Wasser. Die Freunde, die er in Eibenthal gefunden hat, haben ihm mit den Materialien geholfen.

Der Bau sieht aus wie ein mittelalterlicher Turm: Unten ist ein großer Saal, wo Frankišek Malý seine Gäste empfängt und im zweiten Stockwerk die Schlafzimmer, rustikal dekoriert. Mit Tierpelzen und -knochen an den Wänden, oben spitz zulaufenden Fenstern in mittelalterlichem Stil und altem Dekor erscheint der Turm wie aus einer anderen Ära. Dennoch lebt Frankišek Malý nicht wie im Mittelalter. Auf dem Dach hat er eine Solarplatte für Elektrizität und ein Regenwasserreservoir. Lebensmittel holt er aus dem etwa sechs Kilometer entfernten Eibenthal, wo er regelmäßig mit seinem kleinen Auto hinfährt. Die Bewohner von Eibenthal kennen ihn alle, denn er ist ein häufiger Gast und langsam ein wichtiger Teil der Gemeinschaft geworden.

„Hier wohnen fantastische Menschen, Katholiken, deshalb habe ich diesen Ort gewählt“, erklärt uns der ehemalige Polizist. Sein einziges Problem ist der Regen, denn dann wird der schmale Landweg, der von der Hauptstraße bis zu seiner Burg führt, unbefahrbar. Drei Tage lang kann er sein Auto nicht hochfahren, deswegen lässt er es meistens unten an der Hauptstraße. Das gleiche Problem mit dem Regen haben die Bewohner aus Eibenthal. Wenn es besonders viel regnet, kann die Tisoviţa, die eigentlich ein kleiner Bach ist, die Straße und die Gärten überfluten. „Wir haben unsere wichtigsten Sachen genommen, Kleider und Essen, und sind hoch auf die Hügel geflüchtet“, erinnert sich Ana Caftan, unsere Gastgeberin in Eibenthal, an die Flut, die vor einigen Wochen das Dorf überschwemmte. Das Wasser trat sogar in einige Häuser – es war die schlimmste Flut der letzten 50 Jahre.

Die schlechten Witterungsverhältnisse gehören mit zu den Gründen, weshalb Frankišek Malý im Winter zurück nach Tschechien fährt. Dort wohnt seine Freundin, seine ganze Familie. Aber das Leben hier will er nicht aufgeben: „Ich bin hier zufrieden und es macht ganz viel Spaß“, sagt er, während er durch das Fenster auf die Weite Donau blickt.