Archäologische Ausgrabungen in und um Rosenau

Ein Gespräch mit dem Archäologen Dr. Stelian Co{ule]

Der Bereich bis zur Evangelischen Kirche in Rosenau soll auch gründlich erforscht werden.

Wandmalerei an der Außenwand des Kirchenchors der Evangelischen Kirche

Dr. Stelian Coşuleţ
Fotos: Hans Butmaloiu

Rosenau/Râşnov bei Kronstadt im Burzenland ist die südöstlichste Ortschaft in Siebenbürgen mit deutscher Bevölkerung, mit einem Umfeld welches – nachweislich – durchgehend seit etwa dem vierten Jahrhundert nach Christus bewohnt ist. Jeder Reiseführer erwähnt dabei mehrere Ziele, die man besichtigen sollte, wenn man die Ortschaft besucht. An erster Stelle steht die Fluchtburg, welche den Ort beherrscht und die weithin aus der Ebene des Burzenlandes sichtbar ist. Es folgen, nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, die Evangelische Kirche in der Ortsmitte, die neuen Sportanlagen und Sprungschanzen und ein historischer Stadtkern. Selten, oft gar nicht, wird erwähnt, dass in unmittelbarer Nähe ein befestigtes römisches Lager liegt, an welchem seit neun Jahren Ausgrabungen durchgeführt werden. Ausführlich berichtete uns darüber schon vor einiger Zeit Dr. Stelian Coşuleţ, Leiter der Geschichtsabteilung des Kreismuseums Kronstadt, gebürtiger Rosenauer und Leiter der Ausgrabungsstätte seit Beginn der Arbeiten. Neuere Entwicklungen in der Stadtsanierung, Tiefbauarbeiten in der Ortsmitte von Rosenau, brachten uns wieder zusammen, wobei  folgendes Gespräch entstand. Die Fragen stellte ADZ-Redakteur  Hans B u t m a l o i u.

Herr Coşuleţ, Sie haben die Ausgrabungen an dem römischen Lager 2006 wieder aufgenommen, uns zwischendurch auch einmal ausführlich über die Funde erzählt, doch jetzt hat sich einiges Neues entwickelt. Was gibt es zu berichten?

Wir sind nun bei der neunten Ausgrabungskampagne und, um diese verständlich zu machen, werde ich kurz ausholen. Das Castrum bei Rosenau kennen wir aus schriftlichen Quellen als aus dem dritten-vierten Jahrhundert datierend. Den Namen kennen wir als Comidava und leicht verändert als Cumidava in der römischen Zeit. Wir haben den Beleg in einer Inschrift, welche 1942 entdeckt wurde, und zwar von demjenigen, der die ersten systematischen Ausgrabungen vor Ort machte. Das war Professor Mihail Macrea (1902-1967) aus Klausenburg, der erste Archäologe und Geschichtsforscher, der 1939 hier gearbeitet hat. Der Kriegsausbruch, die Teilung Siebenbürgens, welche als Folge Macreas Übersiedlung nach Hermannstadt hatte, Spannungen und Druck von vielen Seiten ermöglichten damals keine Fortsetzung der Ausgrabungen. Erst 1942 konnte Professor Macrea wieder kurzfristig arbeiten – und dabei machte er den erwähnten Fund, meiner Meinung nach, der bis jetzt bedeutendste überhaupt an dieser Stätte. Der Text wurde in verschiedener Weise ausgelegt, doch im Kern bleibt die stationierte Legion, die sechste, und der Name des Standorts. Von dieser römischen Lagergründung an blieb die Anlage, erstmals mit hölzernen Palisaden und Wällen, bis spät in das sechste Jahrhundert gemauert bestehen. Also bis sehr spät nach Abzug der römischen Legionen.
      
In welcher Verbindung steht nun das militärische Lager Cumidava zu der Ortschaft Rosenau?

Um dazu eine Äußerung zu machen, benötigt es genauere Angaben als die, welche wir jetzt haben. Eine zivile Siedlung hat es mit Sicherheit gegeben, im Lager wurden Teile von Halsketten gefunden, und da Frauen nicht zugelassen waren, müssen diese von gelegentlichen Besuchen stammen, die aus der Nähe kamen. Nähe bedeutet heute die umliegenden Orte. Doch eine genaue, gezielte Suche, welcher Ort das war, zur Zeit als im Lager 500 Soldaten – also eine Kohorte – stationiert waren, wurde bis jetzt noch nicht unternommen. Von einer Lokalisierung kann also nicht die Rede sein. Wir dürfen aber Vermutungen aufstellen, und zu diesen gehört auch Rosenau, aber nicht nur. Fest steht andererseits, dass die Bewohner der umliegenden Gemeinden für die verfallene oder besser gesagt verfallende Lageranlage den Namen „Erdenburg“ benutzten und dass sie diese wohl tatsächlich öfter als Zufluchtsort bei aufkommender Gefahr nutzten.

Ab wann kam denn die Burg in Rosenau effektiv als „Fluchtburg“ in Frage?

Auf jeden Fall viel später! Der Burgkern, der nur sehr wenigen Personen Schutz bieten konnte, entstand 1225 unter Aufsicht des Deutschen Ritterordens. Das war aber auch schon das Jahr ihres Abzuges aus dem Burzenland und eine Erweiterung der Anlage wird wohl ohne den Ritterorden nicht mehr so schnell vorangekommen sein. Fest steht aber, dass ein knappes Jahrhundert später, 1335, das Vorhandensein der Rosenauer Fluchtburg bestätigt wird. Andere Erweiterungen und Arbeiten folgten dann viel später.
Kommen wir zu den jetzigen Arbeiten in Rosenau zurück. Was genau wird durchgeführt?
Der Ortskern von Rosenau wird einem gründlichen Umbau unterzogen. Technisch bedeutet das, dass alle Rohre, Kabel, Leitungen und was es noch gibt in den Untergrund verlegt werden. Dafür wird aufgegraben und wir, als zuständige Behörde, begutachten eventuelle Funde im Erdreich. Es ist eine gesetzliche Auflage, welche, vereinfacht gesagt, bestimmt, was genau von historischem Wert ist, was entnommen und im Museum ausgestellt wird, welche Grundmauer „in situ“, also vor Ort konserviert werden und wie. Dazu wird genauestens Buch geführt, jeder Fund wird lokalisiert, beschrieben und eine Kartei angelegt. Allerdings graben nicht wir, die Archäologen, sondern die Tiefbauunternehmen, doch wir sind vor Ort und stehen, wenn sie so wollen „am Rand der Baugrube“ mit Argusaugen auf das Erdreich. Bei einem Fund oder Anzeichen eines Fundes setzen wir die Arbeit mit unseren Mitteln fort. Doch ich muss hinzufügen, wir sind erst am Anfang der Ausgrabungen, also etwas Geduld.

Wurde schon etwas freigelegt?

Eine Grundmauer am Berghang der Burg, dort, wo für die Talstation der Zahnradbahn gebaut wird, wo Erdreich vom Hang entfernt wird. Es ist die Grundmauer eines Gebäudes mit noch nicht festgestellter Bestimmung, von der eine Seite gezielt entfernt worden ist und wo der Bereich mit Schutt ergänzt wurde. Dort haben wir eine kleine Silbermünze gefunden, weniger als ein Gramm, die noch bei den Restauratoren ist. Selbst wenn sie dann identifiziert sein wird, werden wir noch mehr Elemente benötigen, um Datierungen vorzunehmen. Aber der Bereich der Grabungen verspricht, ergänzende Daten zu bringen. Damit komme ich jetzt zu dem davor liegenden Gebäude, der ehemaligen Gaststätte „Zur Rosenauer Burg“, wie sie sich einmal nannte, die später das Kulturhaus der Ortschaft wurde. Dort wurden etwa um 1880 Gräber entdeckt, welche vielleicht von einem Siechhaus stammen könnten. Zwischen dieser Stätte und der Evangelischen Kirche werden bald andere Ausgrabungen beginnen, wobei wir mit weiteren Funden rechnen.

Herr Coşuleţ, wir bedanken uns für diese Ausführungen.