Auch Bildungsmangel geriert Korruption

Als der prominenteste Lokalpolitiker des Banater Berglands noch auf hohem Ross thronte, hatte sich Sorin Frunzăverde nahezu ausnahmslos mit einer Entourage umgeben, die ihm bildungsmäßig und intellektuell sichtbar unterlegen war. Intellektuelle des Banater Berglands, die ihm zu Beginn seiner Karriere gern und unentgeltlich zur Seite standen, igelten sich erst ein, dann wandten sie sich von ihm ab. Sie sprachen oft darüber, dass rumänische Politiker sich gern mit intellektuell Unterlegenen umgeben – um kontrastierend ihr Ego vorzukehren.

Die Zeitschrift „Sinteza“ (40/2017) hat eine Untersuchung von Ioana Munteanu über rumänische parlamentarische Eliten veröffentlicht: „Die Herausforderungen steigen, das Bildungsniveau sinkt“. Fazit der Studie: Seit 15 Jahren kamen fast alle rumänischen Politiker aus Universitäten von immer niedrigerem Ruf. „Verglichen mit 2004 hat sich in der Legislaturperiode ab 2008 die Zahl der Abgeordneten mit Lizenzen von privaten Hochschulen verdoppelt“, schreibt die Forscherin, „von Hochschulen der Kategorie III. Und in der Legislaturperiode, die 2012 begann, hat sich deren Zahl verdreifacht.“

2004 hatte die Hälfte der Abgeordneten ein Masterstudium und Diplome von Universitäten der Kategorie I – 2012 nur noch 26,5 Prozent (37,2 Prozent hatten Hochschuldiplome von Unis der Kategorie II, 36,3 Prozent von Kategorie III). Die Studie geht nicht auf das Studienniveau der Exekutive ein. Auch die „Akademien“ – für Verteidigung, für Information, für Verwaltung usw. – mit deren Abschluss „Politikerspitzen“ punkten, wurden in der Studie nicht in Betracht gezogen, obwohl öffentlich ihr „Hauptgeschäft“ als Vergabe getürkter Doktorate (für Parteispitzen) wahrgenommen wird. Ioana Munteanu schreibt zum Schluss ihrer Analyse, dass „der traurige Unterschied zwischen uns und anderen Staaten die Tatsache darstellt, dass die guten Universitäten sich als Ausbildungsstätten der Eliten im Rückzug befinden gegenüber den schwachen.“

Die Studie hat das Potenzial, ausgebaut zu werden, beispielsweise um die Kapitel: „Prekäre Bildung und Korruption“, „Bildungsmangel und (Partei-)Karriere“, „Förderstrategien intellektuell und bildungsmäßig Unterlegener“, „Wie werde ich ohne Hochschulstudium Minister?“ usw. Es ist unwahrscheinlich, dass ein Politiker mit Führungsverantwortung in seinem Apparat jemand befördern wird, der ihm geistig und von der Bildung her überlegen ist (siehe das Beispiel Frunzăverde). Es ist sogar verständlich, wenn jemand, der seine Grenzen kennt (!), nicht gern einen Weisungsabhängigen in seiner Hierarchie hat, der besser sein könnte als er, wissender, gebildeter, ein gewiefterer und korrekterer Sprecher des Rumänischen und mindestens einer Fremdsprache. Oder: Wie kannst du, als Plagiats-Doktor, jemandem Anweisungen geben, der sich seinen Doktor ehrlich erarbeitet hat?

Minderwertigkeitskomplexe zwingen Höhergestellte, keine Besseren als sie zu befördern, wenn die nur gut die Kunst des Schleimens beherrschen. Die Pyramide geht symmetrisch nach unten weiter: je weiter der Basis zu, umso weniger Bildung wird gefordert, doch mehr Unterwürfigkeit. Kein Untergeordneter darf gebildeter und intelligenter sein als die unmittelbar Darüberstehenden. So schafft man´s, dass die an der Spitze, trotz fehlender Bildung, dem wählenden Plebs gescheiter scheinen als jene weiter unten.

Das ist das krasseste Bild, das man sich von den gegenwärtigen Führungsstrukturen Rumäniens machen kann – an deren Spitze zwei Menschen stehen, der Parlaments- und der Senatspräsident, von denen der eine wegen einer Straftat verurteilt ist und der zweite ein Strafverfahren am Hals hat... Fehlende Bildung schafft der Korruption Freiräume. Bildungs- und Kompetenzlosigkeit, Korruption und vielfacher Gesetzesbruch gehen Hand in Hand. Stapel von Diplomen täuschen nicht über die Bildungsverachtung hinweg, die diese „Eliten“ zur Schau tragen. Schließlich haben sie ihre Diplome höchst wahrscheinlich ehrlos erworben.