Auf Gott vertrauen

Markus 10, 17 -27

 

Manchmal, wenn man den Lauf der Ereignisse in unserer Welt betrachtet, kann man sich wohl die Frage stellen, ob Gott für unser alltägliches Leben noch eine Bedeutung hat. Man könnte den Eindruck bekommen, dass viele Menschen mit Gott nicht mehr viel anfangen können.

Aber: Hatte Gott für frühere Generationen mehr Bedeutung? Ein schon alter Mann sagte einmal, gewissermaßen als sein Glaubensbekenntnis: Wenn man auch alle Geschichten der Bibel vergisst, die Hauptsache ist, dass man die zehn Gebote nicht vergisst. Dann bleibt uns auch der Gottesglaube erhalten. Da wird Gott praktisch eingeschränkt auf die zehn Gebote, gleichgesetzt mit einem Ordnungshüter, der den Verkehr zwischen den Menschen regelt. Aber reicht das aus? Ist Gott damit in seiner wirklichen Bedeutung erfasst worden? Können nicht auch unzählige andere Instanzen das zwischenmenschliche Leben regeln und ähnliche Gebote aussprechen?

Es gibt tatsächlich genug Andere, die solche Mahnungen aussprechen können und es auch tun. Aber, so könnte man widersprechen, wenn im Namen Gottes, mit der Autorität Gottes die zehn Gebote verkündigt würden, dann hätte dies mehr Nachdruck.

So ähnlich geschieht es auch in unserem Abschnitt aus dem Markusevangelium. Das Wort der Heiligen Schrift berichtet uns, dass ein junger Mann zu Jesus kam und ihn fragte: „Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erwerben?“ - Und Jesus weist ihn als erstes auf die Gebote hin. Mit der Anrede „Guter Meister“ erweist der Mann Jesus die Ehrerbietung und erkennt seine Autorität an. Aber Jesus weist die Anrede zurück.

Doch warum? Am Ende der Begebenheit heißt es: Der junge Mann wurde unmutig über Jesu Worte und ging traurig davon. Was ihm Jesus sagen wollte, passte nicht in sein Lebenskonzept. In diesem Lebenskonzept hatte das Vertrauen zum irdischen Gut viel mehr Bedeutung als das Vertrauen zu Gott. Zu jenem Mann, der glaubte, alle Gebote gehalten zu haben, sagte Jesus nämlich: „Eines fehlt dir noch. Verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen und folge mir nach“. Doch gerade das wollte der Mann nicht. Wozu dann aber die Anrede „guter Meister“?

Ähnlich ist es auch mit den 10 Geboten. Wenn ich nicht weiß, welche Bedeutung Gott für mich und mein Leben hat, nützt es mir auch wenig, wenn mir jemand im Namen Gottes gebietet, die 10 Gebote zu halten.

„Verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen und folge mir nach“... Was Jesus hier meint, ist nicht, dass man sich durch eigene Leistung oder radikalen Verzicht auf irdische Güter den Himmel erkaufen kann. Sondern was Jesus hier will, ist nur den Gottesglauben des jungen Mannes zu hinterfragen, sein Vertrauen auf Gottes Liebe und Fürsorge, letzten Endes sein Festhalten am ersten Gebot, das lautet: „Ich bin der Herr, dein Gott...“. An diesem Gebot hängen alle anderen Gebote.

Martin Luther hat dazu gesagt: „Woran du dein Herz hängst und verlässt, das ist dein Gott ...“ Einen Gott haben, worauf man sich wirklich verlassen kann, heißt aber, den rechten einen Gott haben, von dem es schon im Alten Testament heißt: „Höre Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr alleine.“ Die radikale Forderung Jesu an den jungen Mann heißt also: „Zeige mir und dir selbst, worauf du dich tatsächlich verlässt. Du erwartest von dem wahren Gott das ewige Leben und schenkst im irdischen Leben deinem Besitz mehr Vertrauen als Gott, deinem Schöpfer und Vater.“ Da aber ging der junge Mann traurig davon. „Denn er war sehr reich“.

Was hatte ihm nun das Halten der Gebote gebracht? Obwohl Jesus des Öfteren auch über die Gebote gesprochen und gesagt hat, keine Silbe davon dürfe verloren gehen, geht es Jesus niemals um ein blindes Gehorchen. Es geht ihm vielmehr um die Frage, worauf wir uns wirklich verlassen in unserem Leben: auf unseren eigenen Willen und unsere eigene Kraft oder auf Gottes Willen und seine Weisung und Fürsorge? Und Jesus weiß, dass solches Vertrauen manchmal sehr schwer fällt. Das steckt auch hinter der Frage seiner Jünger. „Wer kann dann selig werden?“

Wir möchten immer wieder gerne unabhängig sein, und manchmal nehmen wir lieber einmal Pannen in Kauf, als uns in unserer Selbstständigkeit einschränken zu lassen. Doch dass es nicht ausreicht, irdische Güter zu haben, zeigt uns das Gleichnis Jesu vom reichen Kornbauern, zu dem gesagt wird: „Du Narr, heute Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?“ Unser Herr Jesus Christus hingegen lädt uns ein zu einem glücklichen Leben unter der Liebe und Fürsorge des himmlischen Vaters. Dieses Leben soll und kann hier und jetzt schon beginnen und es wird seine Vollendung finden im Reich Gottes. Amen.