Aus für Temeswarer Traditionsfabrik

Schuhfabrik “Banatul” wird abgerissen

Mit dem Abriss der ehemaligen Schuhfabrik „Banatul“ geht ein anderes Symbol der Stadt und seiner Industrie verloren.
Foto: Zoltán Pázmány

Temeswar – Die Geschichte der Temeswarer Traditionsfabriken läuft weiter bis zu ihrem bitteren Ende: Mit dem Abriss der ehemaligen Schuhfabrik „Banatul“- dieses Schicksal hat reihum die historischen Fabriken Temeswars u.a. Kandia, ILSA Wollindustrie, Dermatina, Strumpffabrik aber auch eine andere Schuhfabrik des Stadtteils, „Modern“ (ehemals FILT) schon erreicht- geht ein anderes Symbol der Stadt und seiner Industrie verloren. Auch die ehemalige Fabrikstadt, in der ein Großteil der Temeswarer Industrie lokalisiert war, bleibt bald ohne Fabriken, wohl mit einer einsamen Ausnahme, der Bierbrauerei. Dahinter, wie auch bei den anderen Fabriken, stecken, weiß man, große Geldinteressen. Auf dem teuren Fabriksgelände, sagen die Einheimischen, wird wohl kaum eine neue Fabrik entstehen, sondern entweder ein IKEA-Laden, ein Hypermarkt Carrefour oder Kaufland, eventuell gar eine neue Mall. Wegen der Nähe des Friedhofs, Busiascher Straße, wird wohl kein Immobilienentwickler hier einen modernen Wohnkomplex bauen.

Die von  dem Österreicher Alfred Frankel, Besitzer der bekannten österreichischen Schuhfabrik Möblinger, in nur einem Jahr 1901 errichtete Schuhfabrik „Turul“ sollte eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte haben. Die in Schweizer Stil, praktisch und modern erbaute Fabrik, war mit hochmodernen amerikanischen Maschinen ausgestattet und wurde rasch zur bedeutendsten Schuhfabrik des Kaiserreichs. Schon 1902 hatte die Fabrik ein Kapital von zwei Millionen Kronen. 1918-1930 wurde das Unternehmen zu der größten Schuhfabrik Rumäniens und Spezialzulieferer für das rumänische Königshaus. Täglich wurden 3000 Paar Schuhe erstellt, die Fabrik hatte 52 Eigenläden im ganzen Land.

Nach der Nationalisierung wurde daraus die Schuhfabrik „Banatul“, 1952-1963 der Staatsbetrieb „Nikos Beloianis“ (griechischer Kommunist), darauf wieder „Banatul“. Eine Zeit lang, während der kommunistischen Epoche, hatte die Fabrik eine gutgehende Zusammenarbeit mit der deutschen Firma „Otterbeck“, die Fabrik exportierte zum Großteil in den Westen. Nach der Wende und der Privatisierung 1991 wurde daraus HG Banatim AG. Letzter Besitzer war „Ring Business“ mit 78 Prozent des Aktienpakets. 2002 produzierte die Fabrik noch 600.000 Paar Schuhe jährlich und kam auf ein Geschäftsvolumen von 2,4 Millionen US-Dollar.