Aus- und Rücktritte, Rettungsversuch

Tagung des Kreisrats Karasch-Severin mit einigen Schlüsselentscheidungen

Streckenweise kann die Bahnstrecke Orawitza - Anina sowohl von Schmalspur- als auch von Normalspurbahnen genutzt werden. Zu den seltenen touristischen Fahrten gehören jene mit der Draisine, wobei praktisch überall ein Foto- oder Technikbegutachtungsstopp eingelegt werden kann.
Foto: Raluca Nelepcu

Vergangene Woche fand die zweite Tagung des Kreisrats Karasch-Severin in der neuen Legislaturperiode statt. Die Entscheidungen drehten sich einerseits um Sparvorhaben, andrerseits um die – finanziell überhaupt noch nicht abgedeckelte – Rettung der historischen und technisch einzigartigen Eisenbahnstrecke Orawitza-Anina („Banater Semmeringbahn“), die von den Rumänischen Eisenbahnen CFR nicht mehr gehalten werden kann.
Außerdem trat der Kreisrat Karasch-Severin aus zwei Regionenverbänden aus. Ab sofort ist das Banater Bergland nicht mehr Mitglied im Verband der Europäischen Meeresregionen und im Verband der Frankophonen Regionen.

Trans-Semenikstraße bis im Spätherbst 

Die Begründung des Kreisratspräsidenten Sorin Frunzăverde: „Unsere Anwesenheit in diesen beiden Regionenverbänden hat uns überhaupt zu nichts genutzt. Hingegen haben wir dann jährlich je 1500 Euro Mitgliedsbeiträge zahlen müssen. Für dieses Geld können wir ohne Weiteres noch ein paar Leute beim Kreisrat anstellen, denn allmählich sind wir unterbesetzt.“

Ob letztere Behauptung in der personalstärksten Institution des Verwaltungskreises – direkt oder indirekt arbeiten beim Kreisrat Karasch-Severin über 3000 Personen, schon fast mehr als in den beiden Reschitzaer Großbetrieben zusammengenommen – auch faktisch nachzuweisen ist, das mag dahingestellt bleiben, aber die Grundbehauptung über die (Un)Nützlichkeit der Mitgliedschaft in den beiden Regionenverbänden bleibt unumstößlich.

Eine der wichtigsten Entscheidungen des Kreisrats betrifft die Zuweisung von neun Millionen Lei für die Beendigung der Bauarbeiten an der Trans-Semenik-Straße Franzdorf/Văliug – Slatina Timiş. Diese Straße geistert schon seit mehr als 15 Jahren in den Plänen des Kreisrats herum, hatte in der Vor-Beitrittsphase Rumäniens zur EU auch schon mal eine Komplettfinanzierung über ein EU-Projekt – das dann zugunsten der Finanzierung der Bergstraße von Borlova zum Muntele Mic aufgegeben wurde – und nun murkst der Kreisrat schon seit mehreren Jahren mit Geldern aus dem Eigenaufkommen und von der Regierung in Bukarest an dieser Straße herum, die immer ins Augenmerk der Öffentlichkeit gerät, wenn das Jazz-Festival von Wolfsberg/Gărâna (inzwischen lief die 16. Ausgabe) oder ebendort diverse Rock- und Folkfestivals mit Massenbeteiligung stattfinden und Tausende Fahrzeuge sich die Holperstraße auf 1000 Meter Seehöhe hochschleppen. Nun soll die Straße noch vor dem Einbruch des nächsten Winters fertig werden, meint der Kreisrat und sein Vorsitzender. Fachleute sagen jetzt schon, dass die jüngst zur Verfügung gestellten neun Millionen Lei dafür nicht ausreichen werden.

Einstellungsgefahr vor dem Jubiläum

Viele der Tagesordnungspunkte betrafen die Zuteilung von Kreisratsmitgliedern an die Verwaltungsräte diverser Institutionen, die vom Kreisrat finanziert werden, wobei man im Allgemeinen eine Art „Rotationsprinzip der Kader“ anwandte, statt die mit den Fragen der Institutionen bereits Vertrauten auf ihren Aufsichtsratsstellen zu belassen.
Ljubica Raikic, die Ex-Direktorin der Direktion für Kultur und Nationales Kulturerbe Karasch-Severin, die als Erste der Institutsleiterinnen und -leiter den Schwenk ihres Parteivorsitzenden Sorin Frunzăverde von der PDL zur PNL mitmachte und die jetzt im Kulturministerium einen Leitungsposten anvertraut bekam, trat aus dem Kreisrat auf Druck der Nationalen Agentur für Integrität (ANI) zurück. An ihrer Stelle gelangte Toni Novăcescu (PNL) aus Neumoldowa in den Kreisrat.

Einiges Aufsehen erregte die Bekanntgabe eines Schreibens der Rumänischen Eisenbahnen CFR an den Kreisrat, durch welches die Gesellschaft – nun schon zum dritten Mal binnen drei Jahren – bekanntmacht, dass die Eisenbahnstrecke Orawitza – Anina aus Rentabilitätsgründen aufgegeben werden könnte. Die Maßnahme betrifft nicht ausschließlich diese Bahnstrecke, die im kommenden Jahr ihr 150. Bestehen feiert, sondern „alle unrentablen Bahnstrecken“. Kreisratspräses Frunzăverde an die Mitglieder des Kreisparlaments: „Es handelt sich noch um eine vorbereitende Maßnahme, aber ich brauche Ihre Zustimmung, um einer Schließung der historischen Strecke vorzubeugen. CFR kann nur noch in geringem Maße diese Strecke subventionieren. Wir müssen einspringen.“

Fakt ist, dass neben dem Kreisrat auch die Rathäuser von Orawitza und Anina gefordert sind – und von CFR angeschrieben wurden. Die haben zwar jedes Mal überzeugende Versicherungen abgegeben, „ihre“ Bahnlinie um jeden Preis retten zu wollen, sind aber so hoffnungslos verschuldet, dass von dieser Seite kaum Geld erwartet werden kann, wenn es ums Konkrete geht. Bleibt also der Kreisrat und sein Vorsitzender, der wegen seiner forschen Auftritte bei den Herren der Gelder in der Regierung in Bukarest gefürchtet ist, wo der Zwei-Meter-Mann auch mal richtig mit der Faust auf den Tisch zu donnern pflegt, wenn er unbedingt etwas durchsetzen möchte (= Geld haben will).

Verluste: 190.000 Lei monatlich

CFR macht durch die Leitung ihrer Regionale Temeswar dem Kreisrat eine klare Rechnung: Das Durchschnittseinkommen von dieser Bahnstrecke liegt bei 3856 Lei monatlich, die durchschnittlichen Monatsausgaben für die Erhaltung der Strecke liegen bei 194.256 Lei. Monatliche Verluste also: 190.400 Lei. CFR erklärt im Namen des Transportministeriums seine Bereitschaft, für die Erhaltung der historischen Bahnstrecke monatlich 94.000 Lei bereitzustellen, „wenn die anderen Beteiligten – Kreisrat, Orawitza, Anina – monatlich zusammen 92.500 Lei Subventionen beisteuern.“

Seinen Beitrag beizusteuern hat sich nun der Kreisrat Karasch-Severin bereit erklärt. Orawitza und Anina hatten noch keine Stadtratstagung, wo die Bahnfrage gestellt werden könnte. Es ist anzunehmen, dass auch sie, und sei es aus reinen Prestigegründen, zustimmen werden, obwohl sie das Geld erst mal gar nicht haben.

Davon, dass seit Jahren vom hohen touristischen Wert und Potenzial dieser Bahnlinie gefaselt wird – ohne auch nur einen Finger konkret zu rühren, um etwas zur Nutzung dieses Wertes und Potenzials, der außer Zweifel da ist, zu tun – hat diesmal keiner gesprochen. Wohl aber ins Gespräch geworfen, dass es Möglichkeiten geben könnte, um mehr Geld mit dieser Bahnstrecke zu verdienen. Immerhin versicherte Frunzăverde im Brustton tiefster Überzeugung, dass der Verkehr auf dieser Bahnstrecke nicht eingestellt und die Bahnlinie nicht aufgegeben wird. 

Dazu kann der jüngste Beschluss des Kreisrats als ein erster Schritt betrachtet werden. Viele andere müssen folgen, wenn der erste Schritt zum Ziel führen soll.