Bröckelt was im Daddy-Staat?

Symbolfoto: pixabay.com

„Die protestieren, weil wir ihnen die Löhne anheben“, sagte der Zyniker, als die Gewerkschaften gegen die ab 1. Januar 2018 geltende Abwälzung aller Sozialabgaben auf die Lohnempfänger protestierten. Zynisch deklarierte Liviu Dragnea auch, dass er sehr wohl wisse, dass unsere Löhne steigen, während das Einkommen „der Rumänen“ sinke. Dass bei alldem die Popularität der von ihm eingesetzten Tudose-Regierung binnen zwei Wochen von 40 auf 20 Prozent absackte, wurde nichtsdestotrotz von vielen Insidern als Schachzug des Alleinherrschers Dragnea interpretiert: Er ist nach der Grindeanu-Regierung auch die des bullenhaften Tudose satt, traut sich aber nicht, neuerlich ein von ihm ausgewähltes Regierungsteam – oder dessen Chef, mit dem er aneinandergeriet (beide geben´s zu) – zu stürzen.

Dragnea – „Daddy“ – war unzufrieden mit dem Aufwallen der Gewerkschaftsbewegung und beschuldigte Regierungschef Tudose, falsch vorgegangen zu sein und trottelig taktiert zu haben. Der hatte persönlich mit den Gewerkschaftsbossen verhandelt. Doch das dürfte nur bei oberflächlicher Betrachtung „Daddy“ sauer aufgestoßen sein. Das „Erpressungs- und Lügen“-Geschrei der Gewerkschaften und deren Drohung, das Victoria-Palais zu belagern, schrecken ihn kaum. Der Regierungssitz ist offiziell zum „militärischen Ziel“ erklärt worden und dürfte jederzeit zu „verteidigen“ sein – siehe Spaniens „Methode Barcelona“. Dass hinsichtlich der ab 2018 versprochenen Lohnerhöhungen etwas getan werden muss, bleibt Fakt. Das hat sogar „Daddy“ zugegeben, denn auch die PSD-Analphabeten, die 2016 für die PSD zu den Urnen gingen, können ihr Geld in der Tasche zählen. Es ist immer weniger. Dazu braucht man nicht die dämlichen Hühnereier aus dem Bauernhof eines Wirtschaftsfachmanns vom Schlag des Varujan Vosganian (ALDE) als Nachweis.

Zweitens ist da der verzweifelte Widerstand des Justizsystems gegen eine hinterlistige Reform des doppelzüngigen Justizministers Toader, der mit einem Schlag sowohl demokratische Errungenschaften der vergangenen 15 Jahre rückgängig machen, den Präsidenten bei Ernennungen an den Spitzen des Justizsystems zugunsten parteilicher Nominierungen ausschalten und schließlich die Gesetzesbrecher unter den Parteispitzen reinwaschen will. Ein Rückschritt in Richtung Nordkorea, mitten in der EU. Die leeren Blechdosen, die sich Justizminister Toader mit seiner Rückschrittsreform, der PSD-ALDE zuliebe, anhängt, werden noch lange durch die Geschichte rappeln. Mal sehen, was die Kommission von Venedig dazu sagt.
Zum dritten scheint der Coup mit der Justizinspektion bei der Antikorruptionsbehörde DNA nicht das Gewünschte zu zeitigen: den Sturz von Buh-Frau Kövesi, der „Erzfeindin“ der Spitzen der gegenwärtigen Regierungskoalition – und aller ihrer hochrangigen, aber straffälligen Unterstützer. Publik gewordene Zitate aus dem 500-Seiten-Bericht sagen genau das, was gegen ihre Absetzung spricht. Zum Leidwesen von „Daddy“ und seines Kumpans an der Spitze des Senats steht es vorläufig nicht gut um ihren Herzenswunsch: das Schicken der DNA-Chefin in die Wüste.

Einiges läuft also im „Daddy“-Staat nicht so, wie es Allvater Dragnea sich heiß wünscht. Seine Hinterlist und seine kaum gezähmte Wut nach der parteiinternen Niederlage bei der jüngsten Regierungsumbildung – ein Teilsieg Tudoses, der ihm präsidiale Sympathien eingebracht hat – dürfen nicht unterschätzt werden. Sicher brütet „Daddy“ längst neue Finten, eine neue Taktik aus, sucht Plan C. Und sicher ist: Zumindest die drei hier angesprochenen Fragen können nicht gleichzeitig und nicht voll im PSD/ALDE-Sinn „gelöst“ werden.
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