„Damit das erlernte Deutsch wirklich ein ´Plus´ bleibt, hoffe ich, dass die Stundenanzahl erhalten bleibt“

ADZ-Gespräch mit Birgit Söldenwagner, ZfA-Fachberaterin in Temeswar

Birgit Söldenwagner ist Fachberaterin und Koordinatorin für Deutsch in Nord- und Westrumänien. Hier vergangenes Jahr bei der DSD-I-Verleihung in Großsanktnikolaus.
Foto: Zoltán Pázmány

Seit über 40 Jahren wird die Prüfung zum Deutschen Sprachdiplom der Kulturministerkonferenz (DSD) des Bundesverwaltungsamtes an über 1100 Schulen weltweit veranstaltet. Entwickelt wurde die Sprachprüfung von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA). In Rumänien sind es mittlerweile über 50 Schulen, an denen DSD-Prüfungen organisiert werden. Über die Ergebnisse der Schüler bei diesen Prüfungen sowie über die Vorteile des DSD sprach Raluca Nelepcu mit Birgit Söldenwagner, Fachberaterin für Deutsch seitens der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen in Temeswar/Timișoara.

Frau Söldenwagner, Sie sind seit 2013 Fachberaterin für Deutsch in der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen in Westrumänien. Welche sind die Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit in dieser Region?

Die Arbeit ist sehr vielfältig. Im Mittelpunkt stehen die Beratung und Unterstützung der DSD-Schulen, die Organisation der DSD-Prüfungen, die Lehrerfortbildung, die Berufs- und Studieninformation, die Vergabe von Stipendien an Schüler und Lehrkräfte, die Koordinierung der aus Deutschland entsandten Lehrer und die Vernetzung der Schulen durch Projekte, z. B. das Jugendbuchprojekt „Lesefüchse International“, das seit drei Jahren sehr erfolgreich läuft.

Das Deutsche Sprachdiplom der Kulturministerkonferenz ist nach wie vor sehr begehrt an den Schulen mit Deutsch-Unterricht in Rumänien. Wo stehen denn die Schulen in Rumänien, an denen Prüfungen zum DSD (I oder II) organisiert werden, im internationalen Vergleich?

Die Ergebnisse in Rumänien sind im internationalen Vergleich überdurchschnittlich gut, was deutlich zeigt, dass das Deutsch-Niveau an den DSD-Schulen sehr hoch ist. Dazu gehören sowohl Schulen mit Deutsch als Sprache der Minderheit als auch solche mit Deutsch als Fremdsprache.

Wie haben sich die DSD-Ergebnisse der Schüler aus ihrem Zuständigkeitsgebiet in den Jahren, seit Sie als Fachberaterin in Rumänien tätig sind, entwickelt?

Sieht man sich die DSD-II-Prüfungsergebnisse zwischen den Jahren 2013 und 2017 an, so stieg die Bestehensquote von 76 auf 83 Prozent, was natürlich sehr erfreulich ist.
Für mich ist es aber auch sehr wichtig, die einzelnen Schulen, die hinter diesen Zahlen stehen, zu sehen, denn natürlich hängen die Ergebnisse von vielen Faktoren ab, z.B. von der Anzahl der Stunden in Deutsch bzw. in deutscher Sprache, vom Engagement und der Qualifikation der Lehrkräfte, von der Motivation der Schüler, der Unterstützung durch die Schulleitung und die Eltern, das schulische Umfeld etc.

Die Anzahl der Schüler, die an den DSD-II-Prüfungen in Westrumänien teilnehmen, bleibt in den letzten Jahren mit um die 250 mehr oder weniger konstant. Einen starken Anstieg gab es bei den Teilnehmern an der DSD-I-Prüfung von 51 im Jahr 2014 auf 517 im Jahr 2017. Viele Schulen nutzen das Angebot für Fremdsprachenschüler, die das DSD-II-Niveau aufgrund der geringeren Deutschstundenzahl nicht erreichen können, oder als Zwischenstation auf dem Weg zum DSD II.

Mit dem Deutschen Sprachdiplom II in der Tasche können Lyzeumsabsolventen aus Rumänien in Deutschland studieren. Wie viele nutzen das DSD tatsächlich dafür? Wie viele denken ans Auswandern?

Eine Umfrage unter DSD-Absolventen in Westrumänien hat 2016 ergeben, dass etwa 15 Prozent der Befragten in Deutschland studieren wollten, weitere gaben Österreich als Ziel an. Die überwiegende Mehrheit plante aber ein Studium in Rumänien, teilweise auch in einem deutschsprachigen Studiengang. Viele der Befragten äußerten den Wunsch, während des Studiums ein Auslandssemester in Deutschland zu absolvieren oder später in einem deutschen Unternehmen zu arbeiten. Das zeigt, dass viele DSD-Absolventen ihre erworbenen Deutschkenntnisse in der Zukunft einsetzen möchten.

In Rumänien herrscht aktuell ein Mangel an Fachlehrern, die in der Muttersprache Deutsch unterrichten können. Allgemein ist es schwierig, Universitätsabsolventen für das Bildungswesen zu begeistern, denn wer Deutsch kann, findet bestimmt eine besser bezahlte Arbeitsstelle in einem anderen Wirtschaftsbereich. Wie sehen Sie diese Situation?

Um den Mangel an deutschsprachigen Fachlehrern zu mildern, wäre es wichtig, interessierten Lehrkräften die Möglichkeit zu geben, an Deutschkursen teilzunehmen bzw. sie bei der Finanzierung zu unterstützen. Insbesondere in den kleineren Städten ist es auch ein Problem, geeignete Kurse zu finden. Damit das Lehramt für die Universitätsabsolventen attraktiver wird, hoffe ich, dass in Zukunft die Gehälter der Lehrkräfte so steigen werden, dass sie – insbesondere auch die jungen Lehrer – davon angemessen leben können. Wenn man über die Attraktivität einer Arbeitsstelle nachdenkt, sollte man aber auch die Arbeitsbedingungen nicht vergessen. So habe ich an den rumänischen Schulen viele Kollegen kennengelernt, die mit „Leib und Seele“ unterrichten, die aber darüber klagen, dass die Bürokratie viel Zeit in Anspruch nimmt, die ihnen dann bei der Vor- bzw. Nachbereitung des Unterrichtes fehlt. Auch der Zustand der Schulen, der Zugang zu moderner Technik und die Versorgung mit passenden Schulbüchern sind sehr wichtig. Und auf keinen Fall vergessen werden sollte die Wertschätzung der Arbeit, die engagierte Lehrkräfte tagein tagaus leisten.

Der deutschsprachige Unterricht genießt in Rumänien einen sehr guten Ruf. „Englisch ist ein Muss, Deutsch ist ein Plus“, heißt es immer wieder. Und dennoch: Was wäre, aus Ihrer Sicht, verbesserungsbedürftig, was den deutschen Unterricht hierzulande angeht?

Um eine Sprache zu erlernen, braucht man Zeit. Aber im Moment wird leider nicht über eine Erhöhung, sondern über eine Reduzierung der Stundenzahl für die zweite Fremdsprache in bestimmten Zweigen in den Lyzeen diskutiert. Damit das erlernte Deutsch wirklich ein „Plus“ bleibt, hoffe ich, dass die Stundenanzahl erhalten bleibt.