Das Deutsche Forum in den Kommunalwahlen

Gespräch mit Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien

Dr. Paul Jürgen Porr
Foto: ADZ

Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien tritt bei den Kommunalwahlen am 5. Juni mit einer gut durchdachten Strategie und Kandidatenliste an. Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, gewährte der „Siebenbürgischen Zeitung“ ein Interview über die Ziele und Aussichten des Forums bei den Kommunalwahlen sowie über aktuelle politische Fragen in Rumänien, das die ADZ in der Folge nachdruckt. Das Gespräch führte Siegbert Bruss.


Welche Ziele verfolgt das Deutsche Forum bei den Kommunalwahlen am 5. Juni in Rumänien?

Es sind dieselben Ziele, die wir auch bisher auf Landes-, Kreis- und lokaler Ebene verfolgt haben: die weitere Entwicklung Rumäniens, eine Annäherung an Europa von allen Standpunkten aus, eine umweltfreundliche Politik, ein europäisches Bildungs- und Gesundheitssystem in Rumänien.

Welches sind die aussichtsreichsten Kandidaten?

Die aussichtsreichsten Kandidaten sind im Kreis Hermannstadt: Astrid Fodor als Bürgermeisterin von Hermannstadt und Arnold Klingeis als Bürgermeister in Freck.

Sie sind der Spitzenkandidat des Forums für den Hermannstädter Kreisrat. Welches sind Ihre Botschaften, Ihre Aussagen an die Wähler?

Mein Wahlslogan ist, dass der Kreis die Stadt Hermannstadt erreichen muss. Das heißt, Hermannstadt ist ein Markenname in und außerhalb Rumäniens geworden. Alle reden positiv von der Stadt, vor allem seit 2007, als Hermannstadt Europäische Kulturhauptstadt war. Das kann man leider nicht vom Kreis Hermannstadt sagen. Gebiete wie das Harbachtal oder der nördliche Landkreis bei Elisabethstadt sind weniger entwickelt. Eines der Hauptziele ist daher eine gleichmäßige, ausgewogene Entwicklung des gesamten Kreises. Zweitens wollen wir die EU-Mittel effizienter als bisher ausschöpfen. Es wurde wohl einiges auf Landes- und Kreisebene getan, aber es ist noch ein großes Potenzial nach oben. Auf Kreisebene gelten die gleichen Prinzipien wie im ganzen Land, z. B. was ein effizienteres Bildungssystem betrifft.

Sicher ist das keine Sache der Kreispolitik, sondern der Landespolitik mit dem Unterrichts- und Erziehungsministerium. Aber es gibt gute regionale Ansätze, die wir ausbauen wollen. In Hermannstadt, Kronstadt und Temeswar funktioniert ein duales Ausbildungssystem, nachdem unsere Berufsschulen nach 1989 leider eingegangen sind. Das ist eine gute Zwischenlösung, die von den Deutschen Wirtschaftsclubs angestoßen wurde und auf lokaler Ebene positive Effekte zeigt. Es ist ein Pionierakt, der nun ausgebreitet werden muss. Wir wollen desgleichen ein neues, modernes Kreiskrankenhaus in Hermannstadt, das europäischen Normen entspricht.

Falls das Forum die Mehrheit aus eigener Kraft nicht schaffen sollte, gibt es Überlegungen, Wahlbündnisse auf verschiedenen Ebenen zu schließen?

Wir sind froh, wenn wir im Hermannstädter Stadtrat wieder die Mehrheit erzielen, mindestens 50 Prozent. Zurzeit haben wir 66 Prozent. Anderenorts und auf Kreisebene hatten wir noch nie die Mehrheit. Also werden nach den Wahlen Allianzen geschlossen. Wir haben, zumindest im Kreis Hermannstadt, deutlich erklärt, dass wir vor den Wahlen keine Bündnisse eingehen werden. Jeder geht zunächst auf eigenen Beinen. Nachher wird man sich wahrscheinlich im Hermannstädter Kreisrat mit den Liberalen (PNL) alliieren.

Es ist eine Premiere, dass der Ministerpräsident Rumäniens beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen spricht. Welche Bedeutung messen Sie der Präsenz von Dacian Cioloş in Dinkelsbühl bei?

Es ist ein äußerst positives Zeichen. Meines Wissens hat noch nie ein so hochrangiger Politiker Rumäniens die Festrede beim Heimattag gehalten. Es waren verschiedene Minister da, aber noch nie ein Premierminister. Es ist also ein positives Zeichen, nicht zuletzt weil Klaus Johannis Staatspräsident ist. Außerdem kam auch Präsidialberater Sergiu Nistor nach Dinkelsbühl. Es bedeutet auf alle Fälle eine Aufwertung des Heimattages und der siebenbürgisch-sächsischen Bevölkerung in Deutschland und Rumänien – ein positives Zeichen für die Diaspora insgesamt.

In letzter Zeit berichten Medien immer wieder, das Ansehen von Präsident Klaus Johannis in der rumänischen Bevölkerung hätte nachgelassen. Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die rumänische Bevölkerung und Politik diese Möglichkeit nutzen wird, dass ein Präsident deutscher Herkunft– ähnlich wie in Hermannstadt – das Land wie eine Lokomotive nach vorne zieht?

Klaus Johannis wird unbeirrt weitermachen. Sicher ist seine Macht nicht so groß wie jene Hollandes, des französischen Präsidenten, aber bedeutend größer als jene Gaucks, des deutschen Staatsoberhauptes. Diese Macht wird er voll ausschöpfen, direkt und indirekt. Ich bin zuversichtlich, dass Rumänien in dreieinhalb Jahren anders da stehen wird als vor eineinhalb Jahren, und erst recht besser nach einem zweiten Mandat. Was die Presse betrifft und sein abfallendes Image, so geschieht das gezielt. Die gesamte private Presse in Rumänien ist gesteuert und dem einen oder anderen hörig. Ein Großteil wird von links, Ponta & Co., gesteuert. Denen steht das Wasser bis zum Hals, denn die Antikorruptionsbehörde lässt nicht locker, sie befinden sich in einer Art Todeskampf. In der Wahlkampagne vor den Präsidentschaftswahlen wurde kübelweise Mist ausgeschüttet, jetzt geht es zwar nicht mehr so massiv weiter, doch werden alle Gelegenheiten genutzt, um Klaus Johannis anzugreifen.

So besuchte der Präsident anlässlich der orthodoxen Ostern rumänische Soldaten in Afghanistan und setzte damit ein sehr positives Zeichen. Er wurde aber kritisiert, weil er im Anzug und mit seiner Ehefrau gefahren sei. Ja, Präsident Barack Obama besuchte seinerseits die amerikanischen Soldaten im Kriegsgebiet mit seiner Tochter. Das ist ein Beispiel negativer Presse. Und dann wird von rechts geschossen, von Traian Băsescu, der jetzt eine Zwergpartei führt, die vielleicht 2-3 Prozent erzielen wird und der jetzt ein riesiges Spielfeld braucht, das rechte Feld. Die Liberalen sind leider schwach, auch nach der Fusion zwischen den Nationalliberalen PNL und der Demokratisch-Liberalen Partei PDL. So haben sie inzwischen einen fünften Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Bukarest aufgestellt, nachdem die ersten vier einer schwächer als der andere waren.

Selbst Spiegel-Online schlug in die gleiche Kerbe wie rumänische Medien und stellte Klaus Johannis als „Dilettanten“ dar.

Ich kenne den Artikel, finde ihn aber sehr fragwürdig. So „dilettantisch“ wie Klaus Johannis abgestempelt wird, wird er seinen Weg unbeirrt weitergehen und Rumänien nach vorne bringen. Das Land wird in dreieinhalb Jahren anders dastehen, als es war und ist. Die Antikorruptionsbehörde DNA funktioniert. Stellen Sie sich vor, Ponta hätte die Wahl gewonnen. Dann wäre die Behörde schon längst abgeschafft worden. Zweitens hat Rumänien ein bedeutend besseres Image im Ausland. Sein Amtsvorgänger Băsescu wurde bei den EU-Gipfeln – neben Berlusconi – als Witzfigur belächelt. Das Land steht jetzt mit Klaus Johannis ganz anders da. Allein diese beiden Aspekte sind eine Besserung.

Man darf nicht vergessen, dass Klaus Johannis ein Jahr lang von der Regierung Ponta boykottiert wurde, wo diese nur konnte. Seit einem halben Jahr ist die Technokraten-Regierung von Dacian Cioloş im Amt und leistet eine ordentliche Arbeit. Man kann Rumänien natürlich nicht in einem halben Jahr umkrempeln und in einigen Monaten das nachholen, was in 26 Jahren versäumt wurde. Klaus Johannis hat mal gesagt, er sei zufrieden, wenn diese Übergangsregierung korrekte Kommunal- und Parlamentswahlen in diesem Jahr organisiert und im besten Fall ein paar Weichen für grundlegende Reformen stellt, die dann eine Regierung in vier Jahren durchführen wird.

Welche Position nimmt Rumänien in der Flüchtlingskrise ein?

Rumänien hat von Anfang an erklärt, dass es Flüchtlinge aufnehmen wird. So gibt es Auffanglager für Flüchtlinge in Galatz, Temeswar und anderen Städten. Die Position Rumäniens ist: Wir nehmen so viele auf, wie wir können, und das tun wir auch. Wir waren aber gegen eine aufgedrungene Quote. Das Problem ist, dass die Flüchtlinge gar nicht nach Rumänien kommen wollen, sie bevorzugen Deutschland und Schweden. Die Länder des ehemaligen Ostblocks sind in der Flüchtlingsfrage gespalten. Sie sind im Allgemeinen nicht so flüchtlingsfreundlich wie Deutschland, einige Länder wie Ungarn, die Slowakei und neuerdings Polen sind sogar total dagegen.