Dauerhafte und nachhaltige Vertretung der deutschen Kultur

ADZ-Gespräch mit Dr. Alexander Rubel, dem Leiter des Deutschen Kulturzentrums in Jassy

Foto: Dr. Alexander Rubel, Leiter des Deutschen Kulturzentrums Jassy

Vor 20 Jahren wurden in Jassy/Iaşi die Deutsch-Rumänische Kulturgesellschaft und das Deutsche Kulturzentrum gegründet. Das Ziel der deutschsprachigen Institution ist es, ein modernes Deutschlandbild zu vermitteln und einen lebendigen rumänisch-deutschen Dialog zu bewahren. Für ein vielfältiges Kulturprogramm sorgt seit mehreren Jahren Dr. Alexander Rubel, der Leiter des Deutschen Kulturzentrum Jassy. Studiert hat der Althistoriker und Archäologe u. a. Philosophie und Germanistik. Der Antikeliebhaber, der an der Universität in Jassy lehrt, hat in Konstanz promoviert. Mit ihm führte ADZ-Redakteurin Aida Ivan ein Gespräch über das langjährige Bestehen und die Entwicklung des Deutschen Kulturzentrums im Herzen der Moldau.

Herr Rubel, seit wann sind Sie Leiter des Deutschen Kulturzentrums in Jassy? Hatten Sie vorher schon eine Beziehung zu Rumänien?

Seit 2009 bin ich (wieder) Leiter des Kulturzentrums, diesmal nebenamtlich, denn im Hauptberuf bin ich DAAD-Lektor für Jassy. Zu Rumänien habe ich eine sehr intensive und lange Beziehung, denn ich war bereits zwischen 2001 und 2003, als das Kulturzentrum noch Goethe-Zentrum hieß und der Leiter direkt vom Goethe-Institut bestellt war, Leiter dieser traditionsreichen Institution, die ja heuer 20-jähriges Jubiläum feiert.

Auf Initiative des deutschen Botschafters wurde vor 20 Jahren die Deutsch-Rumänische Kulturgesellschaft in Jassy gegründet. 1994 wurde auch das Deutsche Kulturzentrum Jassy ins Leben gerufen. Warum wurde ein deutsches Kulturzentrum in Jassy eingerichtet? Liegt das an der Anzahl der Angehörigen der deutschen Minderheit?

Die vom deutschen Botschafter Dr. Anton Rossbach auf Drängen der Jassyer Intellektuellen und Germanophilen aufgegriffene Initiative, ein deutsches Kulturzentrum über einen eingetragenen Verein zu gründen, konnte auch auf die Unterstützung des Deutschen Forums zählen, jedoch hat die deutsche Minderheit, die in Jassy aus historischen und demografischen Gründen an Zahl recht gering ist, nicht die entscheidende Rolle gespielt. Vielmehr war es der Wunsch vieler Vertreter des Kulturlebens in Jassy, neben dem französischen Kulturzentrum in der Stadt der Junimea-Bewegung, in der Stadt Titu Maiorescus auch eine deutsche Kulturinstitution zu haben. Das Interesse an der deutschen Kultur war und ist in der Moldaumetropole sehr hoch, wie wir anhand unserer Statistiken immer wieder erfreut feststellen können. Im April 1994, als in Jassy das erste deutsche Kulturzentrum des Landes (wenn man von dem gänzlich anders strukturierten Goethe-Institut in Bukarest absieht) gegründet wurde, waren die Verhältnisse jedoch noch ganz anders und auch die Räumlichkeiten waren improvisiert. In der Folge konnte die Institution unter (meine erste Amtszeit eingerechnet) fünf Leitern aus Deutschland eine stetige Entwicklung verzeichnen.

Welches sind die wichtigsten Projekte des Deutschen Kulturzentrums in Jassy?

Jedes Jahr hat seine individuellen Höhepunkte und es ist schwer, aus 20 Jahren Aktivität ein Projekt herauszugreifen. Betrachtet man die Ausrichtung unseres Kulturzentrums im Gesamten, so zeigt sich, dass wir im letzten Jahrzehnt einen Schwerpunkt Musik aufgebaut haben, der zunächst durch das „Richard-Oschanitzky-Jazz Festival“ entstand und heuer von unserer seit einigen Jahren unter großem Publikumsandrang stattfindenden Reihe „Ia{i-Jazz-Nights“ geprägt ist. Aber auch in Zusammenarbeit mit der Philharmonie haben wir immer wieder überaus spannende E-Musik-Veranstaltungen organisiert. Insgesamt sind wir aber – natürlich – ganz breit aufgestellt und bedienen alle Bereiche der Kulturarbeit, hatten und haben also auch reichlich Wortveranstaltungen, Ausstellungen und Filmevents im Programm.

Gibt es einen großen Kreis der Liebhaber der deutschen Kultur?

Ja, den gibt es. Er unterscheidet sich vielleicht von ähnlichen Kreisen in Siebenbürgen dadurch, dass die Sprachkompetenz hier in der Moldau unter dem germanophilen Publikum nicht so eine große Rolle spielt. Unsere Zielgruppen beherrschen nur zu einem Teil die deutsche Sprache, nehmen unser Land aber durch seine Kultur wahr und beschäftigen sich intensiv damit. Darüber hinaus ist es uns ein besonderes Anliegen, neben den bereits existierenden „Liebhabern der deutschen Kultur“, wie Sie unsere Stammgäste nennen, auch solche zu gewinnen, die das noch werden möchten. Deswegen gehen wir „auf Jagd“ in bestimmten Revieren (in den Unis etwa, um gleich die Erstsemester „abzuholen“) und bieten auch viele Veranstaltungen außerhalb unserer eigenen vier Wände an, manchmal – so etwa in der Veranstaltungsreihe „Cafe Kultour“ – in ganz untypischen Lokalitäten.

Inwieweit hat diese Institution ihr Ziel erreicht, die deutsche Kultur zu pflegen und zu verbreiten und den kulturellen Austausch zwischen den Ländern lebendig zu erhalten?

Das gelingt uns hier in Jassy sicher auch aufgrund unserer Alleinstellungsmerkmale. Wir sind gewissermaßen die „einzigen Deutschen“ am Orte und jeder, der sich für unser Land interessiert, kommt zuerst zu uns. Darüber hinaus glaube ich, dass uns die Verbreitung deutscher Kultur hier besonders durch die intensive Vermittlung der deutschen Sprache gelingt. Wir haben zwar viele Besucher unserer Großveranstaltungen, aber am wichtigsten sind m. E. die Kursteilnehmer, die zweimal pro Woche, oftmals über zwei Jahre hinweg, unser Haus betreten, um Deutsch zu lernen und dafür auch noch Geld ausgeben. Das können sie auch ganz beruhigt tun, weil wir die einzige vom Goethe-Institut zertifizierte Institution in der Moldau sind und damit den höchsten Ansprüchen von Deutschlernern genügen. Diese zufriedenen Kursabsolventen sind sicherlich auch die Tauschmünze im Bereich des von Ihnen angesprochenen kulturellen Austauschs zwischen unseren Ländern, denn einige dieser Deutschlerner kommen nach dem Erlernen unserer Sprache in unser Land, um als hoch qualifizierte Arbeitskräfte ihre Kenntnisse auf dem Arbeitsmarkt einzubringen.

Global betrachtet – welche positiven Aspekte und welche Schwachstellen des Kulturzentrums sehen Sie?

Unsere Hauptschwäche, die sich immer im direkten Vergleich mit unseren französischen Freunden vor Ort ausmachen lässt, ist das völlige Fehlen institutioneller Förderung. Dankenswerterweise finanziert das Auswärtige Amt in Deutschland die intensive Projektarbeit der Kulturzentren, für die institutionelle Ausstattung und die Stellen müssen die Kulturzentren und natürlich auch wir in Jassy alleine sorgen. Hierin unterscheiden sich die Konzepte in der Kulturarbeit verschiedener Länder. Der deutsche Ansatz gibt den lokalen Partnern bei weniger Aufwendungen auch mehr Eigenverantwortung, was sicher ein Vorteil ist. Das führt aber auch zu personellen Engpässen und zu Einschränkungen im Bereich der Repräsentation.
Auf der positiven Seite lassen sich natürlich viele Aspekte anführen. Zunächst einmal sicher die Tatsache, dass wir seit 20 Jahren erfolgreich und hoch geachtet hier in der Stadt existieren. Hier sind in den letzten 20 Jahren von engagierten Mitarbeitern und vielen Helfern Strukturen geschaffen worden, die dauerhaft und nachhaltig die deutsche Kultur in der Moldau vertreten.

Wie sind die Beziehungen zu den anderen deutschsprachigen Institutionen hierzulande?

Wir arbeiten eng mit dem Goethe-Institut, der Botschaft und in einem Netzwerk mit den übrigen Kulturzentren zusammen.

Wo sehen Sie das Deutsche Kulturzentrum Jassy in der Zukunft?

Immer noch in Jassy. Was die Entwicklung und Ausrichtung angeht, so hoffe ich, dass auch in 20 Jahren das Kulturzentrum der Vermitter eines auf Tradition gegründeten modernen und beständigen Deutschlandbildes sein wird und das Interesse an unserer Kultur und vor allem an unserer Sprache und damit an unserem Kursangebot ungebrochen bestehen bleibt.

Vielen Dank für Ihre Ausführungen.