Der Club ist für die Mitglieder da

ADZ-Interview mit Dipl.-Ing. Ludger Thol, dem Vorstandsvorsitzenden des Deutschsprachigen Wirtschaftsclubs Nordtransilvanien

Klausenburgs Bürgermeister Emil Boc schenkt dem DWNT-Vorstandsvorsitzenden Ludger Thol Bier aus dem angestochenen Fass ein.

Das Herbstfest der deutschen Wirtschaft am Hauptplatz Klausenburgs erfreute sich eines zahlreichen Publikums.
Fotos: DWNT

In den Medien war kürzlich Klausenburgs Bürgermeister Emil Boc beim Anstechen eines Bierfasses zu sehen. Er tat das beim Herbstfest der deutschen Wirtschaft, das Anfang Oktober, vom Deutschsprachigen Wirtschaftsclub Nordtransilvanien (DWNT) organisiert, am Hauptplatz/Piaţa Unirii stattfand. Vorstandsvorsitzender des DWNT ist Dipl.-Ing. Ludger Thol, der Geschäftsführer der Firma LUPP Projekt Transilvania SRL mit Sitz in Klausenburg/Cluj-Napoca.

Von der Babeş-Bolyai-Universität (UBB) wurde er als Vertreter der deutschen Wirtschaft wegen seines Engagements als DWNT-Vorsitzender für die deutschsprachigen Studiengänge der UBB zum Ehrensenator des Großen Senats berufen. Über die Firma LUPP, den DWNT und das Fest sprach ADZ-Redakteurin Hannelore Baier mit Dipl.-Ing. Ludger Thol. 



Seit wann sind Sie in Rumänien?

Ich kam 2003 nach Rumänien und bin seit 2007 Geschäftsführer der Firma SC LUPP Projekt Transilvania SRL. Unsere Mutterfirma mit Sitz im hessischen Nidda in Deutschland unterhält in Rumänien zwei Niederlassungen: Zum einen das Stahlbeton- Fertigteilwerk in Großau/Cristian bei Hermannstadt/Sibiu und zum anderen die von mir gegründete Projekt- und Baugesellschaft in Klausenburg.

LUPP Projekt Transilvania begleitet überwiegend deutsche Investoren, die in Rumänien Produktionsanlagen bauen wollen. Unsere Dienstleistungen erstrecken sich über alle Bereiche des Grundstücks-, Bau- und Immobilienmarktes sowie über die Planung und den Bau von Produktionsstätten. Vom Einholen der Genehmigungen über die Ausführungsplanung bis hin zur schlüsselfertigen Bauausführung bieten wir einen full service.

Wird das nur in der Umgebung von Klausenburg getan?

Nein, wir sind in ganz Rumänien tätig. Zu unseren letzten Projekten gehörten die Abfüllanlage der Firma Fuchs Condimente in Curtea de Argeş, das Elektronikwerk der Firma Miele bei Kronstadt/Braşov oder das Kohlekraftwerk bei Großwardein/Oradea. Wir wickeln mit unserem zehnköpfigen Team, in welchem jeder dreisprachig ist – wir sprechen Deutsch, Englisch und Rumänisch – Projekte in ganz Rumänien ab. Die Baustellen kommen nicht zu uns, sondern wir haben unsere Baustellen dort, wo sich unsere hauptsächlich deutschen Auftraggeber niederlassen wollen.

Seit wann gibt es den DWNT?

Den DWNT, den Deutschsprachigen Wirtschaftsclub Nordtransilvanien, gibt es seit eineinhalb Jahren. Er ist am 15. April 2011 hervorgegangen aus dem ehemaligen DWN, dem Deutschen Wirtschaftsclub Nordsiebenbürgen. Ich bin seit Gründung des DWNT der Vorstandsvorsitzende und seither ist die Mitgliederzahl von 50 auf 77 angewachsen. Wir wissen aber, dass es im Raum Klausenburg noch viele deutsche Firmen gibt, die nicht bei uns Mitglied sind.

Und es auch nicht wollen?

Ich denke, vielen Unternehmern ist gar nicht bekannt, dass es einen solchen Wirtschaftsclub gibt. Es stellt sich aber auch die Frage, wer sucht ihn und wer will Mitglied sein in einem Wirtschaftsclub. Es gibt Firmen, die hier ihre Geschäfte abwickeln möchten und keine weiteren Interessen haben.

Der Wirtschaftsclub jedoch versteht sich als Plattform für Unternehmen aller Branchen und will seinen Mitgliedsfirmen die Möglichkeit geben, Kontakte mit anderen Firmen zu knüpfen und Erfahrungsaustausch zu pflegen, um Informationen z. B. zu juristischen, arbeitsrechtlichen, wirtschaftlichen aber auch zu Managementfragen zu erhalten.

Eben die ganze Palette, die für die Firmen interessant ist. Die Mitglieder des DWNT treffen sich regelmäßig am ersten Mittwoch eines jeden Monats. In der Regel steht jedes Treffen unter einem bestimmten Thema, zu dem entweder ein Referent eingeladen wird oder aber ein Club-Mitglied präsentiert seine Aktivitäten. Darüber hinaus organisieren wir jedes Jahr zwei bedeutende Veranstaltungen, um uns hier weiter in die Gesellschaft und die hiesigen Institutionen zu integrieren: Es ist einerseits das traditionelle Sommerfest, zu dem wir Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Bildungswesen einladen, und andererseits der Neujahrs-Businessempfang, der hier in Klausenburg großen Anklang findet. Bei letztgenanntem Event kommen große Teile der Geschäftswelt von Klausenburg zusammen.

Welcher Art sind die DWNT-Mitgliedsfirmen?

Unsere Mitglieder kommen aus allen Branchen. Wir haben wenig sehr große Firmen, wie es in Hermannstadt, Kronstadt oder Temeswar/Timişoara der Fall ist. Das liegt daran, dass der bis 2003 amtierende Bürgermeister ausländische Investoren nicht wollte. Mit der Wahl von Emil Boc im Jahr 2004 hat sich das geändert, aber die großen Firmen waren damals schon alle in anderen Städten untergekommen.

Wir haben damals in Klausenburg – ich sage das provokativ – nur den Rest abbekommen. Mittlerweile hat sich das aber völlig geändert, es gibt Bewegung in der Ansiedlung von neuen Firmen, sei es die Firma Bosch, E.ON, De Longhi oder andere. Klausenburg hat wegen seiner Universitäten, der internationalen Anbindung und seiner Lage im Herzen Siebenbürgens ein extrem gutes Entwicklungspotenzial.

Haben diese großen Firmen bei Ihnen angeklopft?

Von Bosch habe ich gehört, dass Interesse an einer Mitgliedschaft im Club besteht, ich gehe davon aus, dass auch E.ON  unser Mitglied wird. Wir sind natürlich interessiert, auch größere Firmen zu vertreten, weil das auch den Club stärker macht.

Welches ist das Ziel des DWNT?

Unser Ziel ist, dass durch die Mitgliedschaft jede Firma einen Mehrwert erfährt. Nicht der Club ist wichtig, sondern die Mitgliedsfirmen. Gerne helfen wir unseren Mitgliedsfirmen bei Kontakten oder Problemen, als Vertreter von 77 Firmen ist die Macht und der Einfluss des Clubs deutlich höher als der einer Einzelfirma. Ziel ist eine weitere Erhöhung der Mitgliederzahl, sodass wir eine Vollzeitstelle für eine Assistentin des Vorstandes einrichten können und somit noch schlagkräftiger werden.

Hat der DWNT die besseren Kontakte zu den rumänischen Firmen oder zu den Niederlassungen aus anderen Staaten?

Von der Struktur her sind wir nicht der Club der deutschen, sondern der deutschsprachigen Firmen. Das bedeutet, wir nehmen auch österreichische oder Schweizer aber auch rumänische Firmen auf, deren Vertreter der deutschen Sprache mächtig sind. Wir wollen uns nicht separieren, sondern integrieren. Als Club haben wir Kontakte zu den anderen ausländischen Clubs und zwar insbesondere zu den Clubs der österreichischen, der italienischen, der niederländischen Firmen in Klausenburg sowie zum Internationalen Club, wo wir uns auf Vorstandsebene treffen, aber auch gemeinsame Veranstaltungen durchführen.

Kontakte gibt es aber auch zu den anderen Deutschen Wirtschaftsclubs.
Selbstverständlich. Die Vorstände der Deutschen Wirtschaftsclubs der verschiedenen Regionen treffen sich regelmäßig zu gemeinsamen Sitzungen. Diese Treffen sind sehr wichtig und hilfreich für die mitgliedsschwächeren Clubs, die von den stärkeren mitgetragen werden. Wir sind auch über die Homepages verknüpft, wo es einen regen Austausch gibt, der natürlich noch weiter ausgebaut werden könnte. Wir verstehen uns nicht als Konkurrenzclubs sondern wir ergänzen uns. Jeder Club hat seine regionale Berechtigung und Bedeutung.

Wieso hat der DWNT keinen eigenen Sitz sondern die Geschäftsstelle in der Firma LUPP?

Unsere Mitglieder zahlen sehr geringe Beiträge, wir sind finanziell also nicht so stark, um uns einen eigenen Sitz leisten zu können. Die Geschäftsstelle des Clubs ist bei der Firma, in der der Vorsitzende tätig ist. Dort wird die Verwaltungsarbeit mit übernommen, um kein Geld für eine separate Verwaltungskraft aufwenden zu müssen. Wichtig für uns ist nicht das Repräsentieren. Der Club soll für seine Mitglieder da sein.

Wie sind die Beziehungen zu den lokalen Behörden?

Zu den lokalen Behörden und insbesondere zu dem Amt für ausländische Investitionen des Rathauses in Klausenburg haben wir sehr gute Beziehungen. Wir sind froh, dass Emil Boc wieder da ist als Bürgermeister, weil wir von ihm große Unterstützung erfahren. Neben den Beziehungen zum Rathaus unterhalten wir sehr enge Kontakte zu den Universitäten, zur Babeş-Bolyai- und der Technischen Universität, die überregional bekannt sind auch dank ihrer deutschsprachigen Studiengänge.

Haben die deutschen Firmen in Klausenburg die Wirtschafts- und Finanzkrise gespürt?

Ich glaube, gespürt hat die Finanz- und Wirtschaftskrise jede Firma, aber aufgeben musste deswegen keines unserer Mitglieder. Ein Merkmal der deutschen Investoren hier ist, dass es sich um nachhaltige Investitionen handelt, d. h. sie sind auf lange Sicht angelegt. So kann ein schlechtes Jahr auch mal abgefedert werden.   

In den Medien war der DWNT kürzlich landesweit präsent durch die Eröffnung des Herbstfestes per Fassanstechen durch Bürgermeister Emil Boc ...

Es war unsere erste Veranstaltung dieser Art und wir waren sehr unsicher, wie viele Leute kommen werden. Das Fest ist aber sehr gut angenommen worden. Wir hatten ein zweigeteiltes Programm: einerseits die Präsentation unserer Mitgliedsfirmen – 32 Firmen haben sich an Ständen einer breiten Öffentlichkeit, der Verwaltung und den Universitäten vorgestellt –, zum anderen überwiegend abends geselliges Beisammensein, Networking und Feierstimmung bei deutschem Bier und deutschen Speisen.

Eine Podiumsdiskussion zum Thema Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Rumänien, mit dem Schwergewicht auf der Attraktivität des Raumes Klausenburg und Nordsiebenbürgen, an welcher u. a. der Geschäftsführer der AHK, Sebastian Metz, der Abgeordnete des Deutschen Forums im rumänischen Parlament, Ovidiu Ganţ, und Emilia Botezan, die Vertreterin des Amts für ausländische Investoren beim Rathaus in Klausenburg, teilnahmen, fand ebenso regen Anklang wie unser Unterhaltungsprogramm. Wir hatten die Blaskapelle aus Fienen/Foeni engagiert, sodass das Zelt an beiden Abenden voll besetzt war und eine Superstimmung herrschte.

Mit dem Fest haben wir Zweierlei erreicht: Die deutschen Unternehmen haben sich als bedeutender Faktor im wirtschaftlichen Leben in Klausenburg präsentiert und wir haben beim gemeinsamen Feiern Kontakte knüpfen und vertiefen können. Das war auch unser Ziel gewesen, denn wir wollten nicht nur ein Oktoberfest veranstalten, wo man im Zelt Gaudi macht, sondern wir wollten auch etwas für unsere Mitglieder erwirken, und ich glaube, das Konzept ist aufgegangen.