Der Film – ein Gericht aus mehreren Zutaten in perfektem Maß

Pătru Păunescu – Porträt eines DOP

Pătru Păunescu und seine Kamera

Pătru Păunescu ist Director of Photography. Oder kürzer genannt, DOP. Er ist also verantwortlich für jedes Bild, für jede Auflösung, Lichteinstellung, Bildgestaltung im Film. Er ist sozusagen „das Auge“ des Regisseurs.

Er hat Bild und Kamera an der Film- und Theaterhochschule „I. L. Caragiale“ (UNATC) in Bukarest unter der Betreuung des berühmten DOP Florin Mihăilescu studiert (2004-2008).

Der junge DOP hat das Bild für mehr als 15 Kurzfilme und vier Spielfilme erstellt: „Portrete în pădure“ (Regie: Dinu Tănase), „Doar cu buletinul la Paris“ (Regie: Şerban Marinescu), „Ana“ (Regie: Alexa Visarion) und „Dublu“ in der Regie von Catrinel Dănăiaţă.

Februar 2016 beginnen die Dreharbeiten seines fünften Spielfilms. Auch wenn Pătru Păunescu jedes Projekt als Herausforderung empfunden hat, zählt „Coridorul lui Staxovic“ zu seinen Favoriten. Das war ein Kurzfilm in der Regie von Vlad Fene{an, ein Uniprojekt im letzten Semester. Der Regisseur hatte ihm ein Fotoalbum von Jan Saudek als Inspirationsquelle gegeben, denn so sollte nämlich auch die Bildästhetik des Kurzfilms aussehen. Das Besondere an Saudek: die Mischung zwischen Fotografie und Malerei, auch wenn es dabei manchmal eine größtenteils schockierende und bizarre Kunstform scheint.

Was bedeutet aber dieser komplexe Begriff „Bild“? Păunescu erklärt es suggestiv: Der DOP befindet sich immer am Rande eines Abgrundes. Die Verführung besteht darin, das Bild, und somit jede Einstellung, verschönern zu wollen. Die einzige Lösung und somit Rettung ist, aufzupassen und nicht nur zu filmen, damit das Bild ästhetisch schön aussieht. Es mag ein gutes Gefühl sein, nach einer Uraufführung Lobesworte für die Bildgestaltung zu ernten. Aber das heißt eigentlich, dass man seine Aufgabe als DOP nicht richtig erfüllt hat: Das Bild hat die Geschichte nicht entsprechend unterstützt.
Bild gehört nämlich zu den unsichtbaren Berufen, neben Schnitt, Ton und Spezialeffekten. Wenn man als Laie eines davon „bemerkt“, dann kommt man aus dem Filmuniversum heraus und der jeweilige Bereich tritt in den Vordergrund anstelle des Gesamtüberblicks. Laut P²unescu ist der Film ein Gericht aus mehreren Zutaten: Der beste Geschmack wird nur dann erzielt, wenn alle Zutaten in richtigen Mengen gewählt und sehr fein abgestimmt sind.

Als DOP muss man natürlich Kenntnisse in der Kunst aufweisen und unter Beweis stellen. Man muss die Malerei, die Fotografie verstehen und analysieren können, noch bevor man Student ist. Dies sind auch Bestandteile der Aufnahmeprüfung. Jedoch findet Păunescu, dass diese nur einen geringen Anteil am nötigen Wissen einnehmen. Ein DOP muss ein Universum wieder aufbauen, eine Realität schaffen oder wieder erschaffen. So wie es ein Regisseur auch machen muss. Deshalb gehören viele Kenntnisse in anderen Bereichen wie Musik, Politik, Geschichte, Psychologie u. a. dazu. Jeder weiß, das Bild beeinflusst und manipuliert den Zuschauer, meistens geschieht dies unbewusst. Die Farben beeinflussen selbst unseren Gemütszustand. Licht und Schattenspiele, Perspektiven, verschiedene Bildebenen, Kamerabewegungen führen zu einer Bildästhetik, die dem Drehbuch und der Geschichte gerecht werden müssen, aber auch Emotionen im Zuschauer erzeugen sollen. Wenn im Film Spezialeffekte vorkommen, dann müssen diese „unsichtbar“ in die Bildgestaltung integriert werden, als seien sie ein Teil davon.

Von Langeweile und Berufsroutine kann also nicht die Rede sein. Jedes Projekt bedeutet für den jungen DOP eine andere Welt: Die Beleuchtung ist immer eine andere, abhängig von der Stimmung, die man schaffen möchte; man filmt immer an anderen Orten, unter anderen Bedingungen, mit anderen Schauspielern. Auch wenn es technische Aspekte und Regeln gibt, die allgemein gelten, ist jedes Projekt einzigartig. So kann es kaum zu einem Automatismus kommen.

Jeder Regisseur ist anders und leistet einen persönlichen Beitrag zum Endprodukt Film. Die Zusammenarbeit zwischen DOP und Regisseur ist eine Beziehung der besonderen Art, manchmal muss der eine fühlen, was der andere denkt und will, ohne dass Worte nötig sind. Es hängt von der gemeinsamen Vision ab, eine globale Stilistik zu unterstützen, obwohl einige Regisseure „technisch“ denken und jedes Bild äußerst detailliert vorbereiten. Andere wiederum sind gar nicht technisch veranlagt und wollen beim Dreh improvisieren. Manche Regisseure geben einem DOP viel Freiheit, andere kontrollieren jede Auflösung. Pătru Păunescu möchte keine der beiden Stilrichtungen weder preisen, noch verdammen, zumal jede davon gute Ergebnisse zeitigen kann, und was letztendlich zählt, ist die Chemie zwischen den Abteilungsleitern.

Păunescu hat während seiner Studienzeit den Preis für das beste Bild eines im Studio gefilmten Kurzfilms („Scurtă revedere“, Regie: Vlad Feneşan) im Rahmen des studentischen Filmfestivals „CineMAiubit“ und den Preis für das beste Bild desselben Kurzfilmes beim IPIFF-Festival erhalten. Auch zählt zu seinen bedeutendsten Auszeichnungen die Nominierung bei den Gopo-Preisen 2015 für das Bild des Spielfilms „Ana“ in der Regie von Alexa Visarion. Obwohl Preise seiner Meinung nach keine neuen Projekte nach sich ziehen würden, sondern nur dem Ego schmeicheln, freut er sich aufrichtig für die Gopo-Nominierung, da er neben den besten rumänischen DOPs wie Vivi Drăgan Vasile oder Marius Panduru erwähnt wurde.

Filme machen in Rumänien zählt jedoch zu einem Luxus. Zu wenig Geld, zu geringe Budgetierung, zu wenige Filmprojekte! Demgegenüber zu viele Filmabsolventinnen und -absolventen. Păunescu meint, von durchschnittlich zwölf Bildabsolventen schaffen es nur zwei oder drei tatsächlich, Filme zu machen. Der Rest erfüllt mehr oder weniger mechanische Arbeiten im Fernsehen oder arbeitet an kleineren Videoproduktionen. Die wenigsten kommen dazu, einen Beruf im studierten Bereich zu ergreifen. Deshalb betrachtet sich Păunescu als Glückspilz und meint, er habe versucht, kein Angebot abzulehnen, um dadurch Erfahrung zu sammeln, was für künftige Projekte wichtig ist. Im Filmbereich spricht man nicht selten von einer Blockade. Das passiert, wenn man unfähig ist, eine Lösung unter Druck zu finden (sei die Ursache Zeit, Geld oder Mangel an Ideen). Erfahrung hilft, solche Situationen zu überwinden.

Leider verdient man sich hierzulande mit Filmen keine goldene Nase. Ausschließlich von Filmprojekten kann man leider nicht leben. Also muss man auch kommerziellen Produktionen nachjagen, d. h. nach Werbespots, Präsentationsclips oder Musikvideos. Păunescu ist ein großer Fan der Musikvideos, weil im Vergleich zu den Werbungen, deren Lichtästhetik, Auflösungsliste, Bildchromatik fast ausschließlich von der Werbeagentur und vom Kunden selbst vorbestimmt sind, man als DOP eines Musikvideos eine unglaubliche künstlerische Freiheit und Spielmöglichkeit hat, was das visuelle Konzept anbelangt. Er hat u. a. Musikvideos von Smiley, Randi oder Sore gefilmt.

„Portrete în pădure“ in der Regie von Dinu Tănase war Păunescus erster Spielfilm – ein wichtiger Schritt für jeden Filmemacher. Păunescu erinnert sich noch, dass er sich einige Zeit zum Nachdenken genommen hatte, nachdem er den Vorschlag vom Regisseur bekommen und bis er das Projekt akzeptiert hatte. Es war ein Entschluss, der große Verantwortung bedeutete. Man hat an vielen Drehorten gefilmt, viele Lichteinstellungen wurden geändert, die Ästhetik des Films verlangte es, mit der Kamera in der Hand, ohne Stativ, zu filmen.

Zurzeit ist Pătru Păunescu in der Vorproduktionsphase seines fünften Spielfilms, „Ignat îngheţat“, wieder in der Regie von Dinu Tănase.

Păunescu wünscht sich, eines Tages an einem Actionfilm oder einem Fantasy-Film zu arbeiten. Er ist fest davon überzeugt, dass diese beiden Genres neue Herausforderungen für das Bildkonzept bringen.