Der Holzmafia auf der Spur

12 Firmendurchsuchungen in zwei westrumänischen Verwaltungskreisen

Reschitza/Temeswar – Am Donnerstag hat die Karasch-Severiner Dienststelle zur Bekämpfung des Organisierten Verbrechens, BCCO Caraş-Severin, gemeinsam mit der BCCO-Dienststelle Temesch und der Kreispolizei des Banater Berglands bei 12 Firmen Durchsuchungen durchgeführt und zahlreiches buchhalterisches Aktenmaterial beschlagnahmt. Die ganztägige Aktion lief im Rahmen staatsanwältlicher Untersuchungen, die seit 2013 laufen und „die Zerschlagung eines Rings des Organisierten Verbrechens“ aus der Holzwirtschaft zum Ziel haben, der sich mit Steuerhinterziehung beschäftigt(e). Eine der Firmen wird von Iliuţă Canea, dem Sohn des Bürgermeisters von Lăpuşnicel im Almăj-Tal, kontrolliert, derselbe, der im vergangenen Sommer durch sein arrogantes Auftreten und durch offensichtliche Bereitschaft zur Gewalttätigkeit (er schlug dem Dorfpolizisten in aller Öffentlichkeit die Schirmmütze vom Kopf) die Bewohner der Kroatengemeinde Iabalcea schockiert hatte.
Dass die Lage ernst ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass Canea jun. Donnerstag den Karasch-Severiner Staranwalt Cosmin Bolosin engagiert hat, als bei der Familie Canea Hausdurchsuchungen stattgefunden haben. Ilie Canea sen., der Bürgermeister von Lăpuşnicel, steht ebenfalls in staatsanwältlicher Untersuchung wegen einer Anschuldigung seitens der Integritätsbehörde ANI und hat ebenfalls Bolosin als Anwalt. Ilie Canea gehört zu den 17 Bürgermeistern des Banater Berglands, welche die Wendehalsverfügung der Ponta-Regierung vom September-Oktober genutzt und die PNL zugunsten der PSD verlassen haben.

Zwischen 2009-2014 haben Iliuţă Canea und die fünf anderen ins Visier der diversen Polizeidienststellen zur Verbrechensbekämpfung geratenen Personen „Mittels für unterschiedlich lange, meist kurze, Zeit gegründeter Firmen illegale Wirtschaftstätigkeiten entfaltet“, heißt es im Kommuniqué des Kreisinspektorats IPJ Karasch-Severin. Sie hatten eine originelle Variante des in Rumänien zur Steuerhinterziehung und sonstiger Wirtschaftskriminalität verwendeten „Spindels“ auf die Beine gestellt. Sie gründeten, meist auf den Namen armer Schlucker, die sie mit einem Taschengeld oder gar nur einem Glas „Starkem mit Schuß“ (= Fusel mit Sirup) im Dorfwirtshaus abfertigten (und die anschließend mit dem Treiben nichts am Hut hatten) kurzlebige Firmen, an welche ein Holzschlagunternehmen aus dem Banater Bergland frisch geschlagene Stämme lieferte. Die dann von der Scheinfirma weiterverkauft wurden, an einen Stammkreis von Kunden, der bei jeder Firmen-Neugründung „übernommen“ wurde.

Durch den Gründungs- und Löschungsmechanismus beim Handelsregister (mit vorangehender Insolvenzerklärung, wodurch nachträgliche Zahlungsforderungen abgeblockt werden sollten) versuchten die vermutlichen Wirtschaftsverbrecher, ihre Spuren zu verwischen. Der Polizei und den Staatsanwälten war aber schließlich aufgefallen, dass fünf der Firmen, die das Ziel der Neugründungen und Firmenstreichungen waren, den selben Gesellschaftssitz hatten: ein leerstehendes Haus im Lăpuşnicel eingemeindeten Pârvova im Almasch-Tal. Und von hier gingen ihre Untersuchungen in Karasch-Severin und Hunedoara aus, die schließlich zu den sechs vermutlichen Köpfen des Steuerhinterziehungsrings führten. Da alle Holzlieferungen des Holzschlagunternehmens an diese halbfiktiven Firmen am Fiskus vorbei gingen und auch mehrwertsteuerfrei abgewickelt wurden, entstand ein erheblicher Schaden für den Staatshaushalt, dessen Umfang die Staatsanwälte in der gegenwärtigen Untersuchungsphase auf etwa sechs Millionen Lei beziffern. Das Ganze bewegte sich in einem ziemlich gut nach außen abgeschotteten Kreis, denn jede Firmen-Neugründung übernahm automatisch den „Kundenkreis“ der vorher aus dem Handelsregister gelöschten Firma, weshalb die Staatsanwälte von einer „neuen Variante des Spindels“ sprachen.

Die Köpfe der verbrecherischen Gruppierung hatten jeweils mehrere Konten der zeitweilig funktionierenden Firmen eröffnet, auf welche die Kaufsummen für die angelieferten Stämme überwiesen wurden. Auf den betreffenden Konten lag das Geld aber nie lange, weil die Konteninhaber in allen Fällen die Kaufsummen ohne jegliche Begründung als Bargeld abhoben und damit meist die Spur des Geldes verwischt wurde.
Donnerstag nacht und Freitag wurden die sechs vermutlichen Köpfe des Steuerhinterziehungsrings – der sich vor allem auf den Verwaltungskreis Karasch-Severin, aber auch auf Hunedoara erstreckte – im Regionalzentrum Temeswar den DIICOT-Staatsanwälten (die sich mit der Untersuchung und Bekämpfung des Organisierten Verbrechens beschäftigen) vorgeführt. Der offizielle Vorwurf, dem sie sich stellen müssen: Bildung einer organisierten verbrecherischen Gruppierung und Steuerhinterziehung im Wiederholungsfall. Iliuţă Canea ist Donnerstag von der Staatsanwaltschaft für 24 Stunden in U-Haft genommen und am Freitag dem Kreisgericht Karasch-Severin vorgeführt worden, mit der staatsanwältlichen Forderung, ihn für 29 Tage in Untersuchungshaft nehmen zu können. Die gesamte Untersuchungs- und Beobachtungsaktion der Gruppierung lief mit Unterstützung des Inlandsgeheimdienstes SRI.