Der Kampf um den Asphalt

Gedanken zum Straßenverkehr aus der Sicht eines Fahrradfahrers

Bürgermeister Klaus Johannis ermutigt die Hermannstädter zum Fahrradfahren. Foto: der Verfasser

Hermannstadt - Immer mehr Hermannstädter, ob weiblich oder männlich, entdecken für sich das Fahrrad als geeignetes Fortbewegungsmittel für die Stadtfahrten. Dafür sorgt in erster Reihe das stetig wachsende Netz der Fahrradspuren an den Straßen von Hermannstadt/Sibiu. „Vor drei Jahren gab es in Hermannstadt nur drei Kilometer langer Fahrradweg und dieser war für Erholungsfahrten bestimmt. Derzeit erstreckt sich das Netz bereits über 50 Kilometer und erfüllt seinen praktischen Zweck“, unterstrich Bürgermeister Klaus Johannis auf der Pressekonferenz am Donnerstag.

Die löbliche Initiative des Hermannstädter Bürgermeisters, die Stadtbewohner von vier auf zwei Räder umzusetzen, beginnt nach anfänglichem Zögern Früchte zu tragen. Der gemeine Radfahrer wird immer seltener als eine erschreckte Einzelspezies am Rand der Straße geortet. Mehr und mehr dieser scheuen Artgenossen trauen sich, den Autofahrern zumindest einen Teil der Fahrbahn strittig zu machen. Zu zweit oder in kleinen Grüppchen können sie nicht nur an den Ampeln, sondern nun fast überall in der Stadt gesichtet werden. Inzwischen gehören sie nicht nur der Hermannstädter Sippe an, sondern kommen von überall aus dem Lande und sogar aus dem Ausland her.

Der eröffnete Fahrradverleih auf der 90er Kaserne trägt erheblich dazu bei, dass auch Touristen die entferntesten Ecken der Stadt mit dem Fahrrad erkundigen können. Die meisten von ihnen halten sich brav an die Straßenmarkierung und weichen selten vom vorgegebenen Weg ab. Zwar sind sie neugierig, doch gilt ihr Interesse primär den Sehenswürdigkeiten der Stadt am Zibin. Gerne fahren sie durch den Erlenpark/Parcul sub Arini und den Jungen Wald/Pădurea Dumbrava bis zum Zoo oder zum Freilichtmuseum. Ganz anders steht es um die einheimischen Radfahrer. Diese steuern oft Ziele an, zu denen noch kein markierter Fahrradweg führt. In diesem Fall nehmen die mutigsten unter ihnen den Fahrbahnrand in Anspruch, die anderen versuchen sich im weniger freundlichen Menschenslalom am Bürgersteig.

Doch nicht einmal da, wo der rote Streifen die scheinbar gefahrlose Fahrradzone andeutet, ist der Zweiradfahrer sicher. Dieser schmale Straßenabschnitt hat auf manche Autofahrer eine unglaubliche Anziehungskraft und scheint ihnen besonders geeignet als Parkplatz in der zweiten Reihe. Die anderen, besonders die Bus- und Lastwagenfahrer, übersehen die gestrichene rote Linie. Sie genehmigen den Radfahrern nicht einmal dieses Stückchen „ihrer“ Fahrbahn.

Doch sind die Zeiten der Alleinherrschaft des Autos über die Straße endgültig vorbei. Die Radfahrer haben mit der Hilfe des Bürgermeisters einen wichtigen Sieg erzielt und werden das Gewonnene nicht mehr zurückgeben. Auch wenn ihr Streifen oft mit Kanalisationsdeckeln sowie Regenwasserabflüssen gepflastert und von der hügeligen Landschaft des gewellten Asphalts bestimmt ist, brettern sie stolz und geschäftig durch die Stadt. Sie sind keine Seltenheit mehr, sondern ein Teil des normalen, täglichen Straßenverkehrs. Daran sollten sich auch die Autofahrer gewöhnen. Zumal Bürgermeister Johannis versprochen hat, die Fahrradpisten um weitere Kilometer zu verlängern.