Dicht und gehaltvoll, landesweit und international

Das lässt sich als Zusammenfassung über die Eröffnung der 26. Deutschen Kulturdekade im Banater Bergland sagen

Bischof Dr. Krautwaschl beim Einzug in die Kirche

Die Priester, die beim Denkmal für die Opfer der Russlanddeportation Gebete sprachen

Der Trachtenumzug besetzte die Hälfte der Hauptstraße der Altstadt
Fotos: Werner Kremm

Reschitza - Wegen zahlreichen Überlappungen im Programmdickicht der 26. Deutschen Kulturdekade im Banater Bergland – aber auch mit Programmen außerhalb der Kulturdekade, etwa der Minderheitentagung in Temeswar – gab es am vergangenen Wochenende eine unübliche Eröffnung der Dekade.

Das „Diaconovici-Tietz“-Kollegium stand am Freitag im Mittelpunkt, mit einer Vortragsfolge, die Mitteleuropa und die EU zum Thema hatte (Erich Wörister aus Tirol und Àgnes Szauer aus Németkér/Deutschkier in Ungarn), aber auch das Europabeschnuppern der Schüler der Schule im Rahmen eines zweiwöchigen Deutschlehrgangs im Juli in der Steiermark, an das mittels einer Fotoausstellung (Yvonne-Christa Demenyi und Sonia-Maria Chwoika) im „Rolf Bossert“-Auditorium der ältesten Schule von Reschitza erinnert wurde. Andrerseits beging die Schule parallel dazu im Saal des „Dacia“-Kinos in der Neustadt ihr 139. Bestehensjahr (gegründet als „Knabenschule“) und eben hier wurde die Ausstellung über 245 Jahre Reschitza (Lucian Duca, Ioan Mato sen. und jun.) gezeigt.

Abends gab es dann die formelle Eröffnung mit der Vorstellung des Sammelbands „25 Jahre Kulturdekade“ und einem Festival deutscher Chöre und Unterhaltungsmusikgruppen, die das 25. Bestehensjahr des Reschitzaer „Franz Stürmer“-Chors gemeinsam begingen. Das Programm war bunt gemixt bis zusammengewürfelt.

Rechnet man noch hinzu, dass am selben ersten Tag in Tirol/Königsgnad drei Veranstaltungen vorgesehen waren (Erich Wörister plädierte einmal mehr für EU-Europa, Herwig Nachtmann stellte sein Buch über „Tirol, ‘das Land im Gebirge’“ vor und die deutsche Volkstanzgruppe Tirol unter Leitung von Rodica Miclea trat auf), dann kriegt man eine Ahnung von der Dichte des Starttags. Eine angenehme Überraschung und eine Offenbarung war das originell zusammengesetzte Trio „Steiermark Musi“, mit dem herausragenden Dudelsackspieler Peter Pichler und den Geschwistern Strunz aus Deutsch-Landberg in der Steiermark (Knopfharmonika und Harfe).
Ähnlich dicht und gedrängt ging es weiter am Samstag. Zuerst wurde im Foyer der „Eftimie-Murgu“- Universität (UEM - Vizerektor und DFBB-Vize Cristian-Paul Chioncel hat viel von der Kulturdekade auf die Räumlichkeiten der Hochschule fokussiert, was der Veranstaltung gut bekommen ist) eine ungarndeutsche Stunde organisiert, mit einer Ausstellung von Fotos nach Glasplatten des ehemaligen Dorffotografen von Nèmetkér/Deutschkier, die einen, zum Teil spannenden, Einblick ins Leben des ungarndeutschen Dorfes in der Zwischenkriegszeit bieten (je 100 km zwischen Budapest und Pécs gelegen), mit Kostproben ihres Weins und ihres „Feuerwassers“ sowie ihres Kuchens und mit Tänzen der örtlichen Tanzgruppe (die fast professionell auftrat).

Dann wurde im Auditorium Maximum der UEM mit einem Symposium über EU-Europa und seine heutigen Herausforderungen 25 Jahre Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Föderalistischen Bewegung Steiermark und dem Kultur- und Erwachsenenbildungsverein „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ gefeiert. Das Thema: „Europa: Wie weiter?“ Es beteiligten sich Christa Hochmeister, Leiterin des Karl Brunner-Europahauses, Hofrat Rupert Dirnberger, ehemaliger Landesschulinspektor für Steiermark, Erich Wörister, Europabewegung Tirol und Dr. Mirela Mirică von der UEM, alles in der Moderation von Dr. Cristian Chioncel.

In Steierdorf gab´s Samstag zwei Großereignisse, an denen sich auch ein Teil der Gäste aus dem Ausland beteiligt hat. In Sigismund wurde die 87. Kirchweih gefeiert, mit Totengedenken, Festmesse und Kulturprogramm auf dem Kirchenvorplatz. Im Bergmannclub Steierdorf, dem Sitz und Festsaal des Ortsforums, fand das 12. Steierdorfer Blasmusikfestival statt, mit Beteiligung der örtlichen Bergwerkskapelle, sowie mit Gästen aus Temeswar, dem serbischen Banat und des deutschen Nationalitätenchors aus Deutschkier/Ungarn sowie der „Steiermark Musi“. Zeitgleich fand in Deutsch-Sasca, in der kirche „Heiliger Franciskus von Assisi“, das 265. Kirchweihfest statt. Das Kulturprogramm bestritten die Musik- und Singgruppe „Edelweiß“ aus Piatra Neam] und die Tanzgruppen „Enzian“ aus Reschitza und „Magnificat“ aus Orawitza.

Sonntag wurde dann der 23. Heimattag der Banater Berglanddeutschen in der „Maria Schnee“-Kirche gefeiert, an den das 22. Deutsche Trachtenfest von Reschitza anschloss – das wohl größte, das nach der Wende in Rumänien bisher stattfand. Eingeleitet wurde das Ganze mit der wahrscheinlich besten Blaskapelle, über die das Banater Bergland heutzutage verfügt, mit jener aus Karansebesch, die aus der ehemaligen Kapelle des aufgelösten motorisierten Infanterieregiments hervorging, die ein Platzkonzert im Kirchhof bot und anschließend den Trachtenumzug begleitete. Das Hochamt, die 23. Heimatmesse, stand unter dem Motto „Beten in der Sprache des Herzens“ und wurde vom Bischof der Diözese Graz-Seckau, Dr. Wilhelm Krautwaschl, als Hauptzelebrant begangen, dem Domherr József Csaba Pál und weitere Priester aus dem Banater Bergland sowie Ordensleute zur Seite standen. Musikalisch untermalten die „Steiermark Musi“ (der Dudelsack klang in der Kirche wie Engelsgesang!) und der „Harmonia Sacra“-Chor (Dirigent und Solo: Georg Colţa, Tenor) die Messe.

Im Anschluss an die Messe gab es den größten Trachtenaufzug, den Reschitza bisher erlebt hat. Der Zug zog sich über mehr als 350 Meter hin (hat die ihn begleitende und für seine Sicherheit sorgende Lokalpolizei auf Anfrage gesagt, denn es musste die Fahrbahn der Hauptstraße für den Umzug freigehalten werden). Im Zug machten alle an den Eröffnungstagen Beteiligten mit, einschließlich die Bukarester, die Bukowiner und Moldauer Deutschen, und selbst Bischof Krautwaschl und die römisch-katholischen Priester des Banater Berglands gingen per pedes apostolorum mit.

Am Denkmal, wo der Trachtenumzug hielt und endete, legten alle für die Opfer der Russlanddeportation einen Gedenkhalt ein und zusammen mit den sie hier erwartenden orthodoxen Priestern wurden ökumenische Gebete gesprochen. Kränze wurden als Zeichen der Ehrung niedergelegt.

Nachmittags gab es dann in der Gaststätte „Duşan şi Fiul“ das 4. Reschitzaer Tanzfest, zu dem wieder die Steiermark-Musi aufspielte und an dem sich alle Kulturgruppen, die aus ganz Rumänien angereist waren, beteiligt haben.

So eine dichte und gehaltvolle, landesumfassende und international besetzte Kulturdekade gab es bisher in Reschitza nicht. Die drei Eröffnungstage der 26. Deutschen Kulturdekade im Banater Bergland waren organisatorisch und logistisch eine Glanzleistung.