Die Bega und ihre bürokratischen Wasserspiele

Täglich eine Vaporetto-Fahrt als Kostprobe/ Regierung hat das letzte Wort auf dem Kanal Von Balthasar Waitz

Foto: Vaporetto-Haltestelle Orthodoxe Kathedrale Temeswar Von Constantin Duma

Die ehemalige Temeswarer Ciuhandu-Stadtverwaltung hat in Sachen Begakanal Vieles versprochen, Manches wurde zum Teil gar Wirklichkeit. Die neue Stadtverwaltung unter Bürgermeister Nicolae Robu quält sich schon seit 2012, ihre eigenen Wunschträume und Versprechen wahrzumachen: Es geht doch um den historischen Begakanal, eine Sache, die den Temeswarern- man weiß das nur zu gut im Rathaus-  noch mehr als eine Ringstraße am Herzen liegt: die Sanierung, die Schiffbarmachung der Bega und letztlich die Einführung der Begaschifffahrt in den öffentlichen Stadtverkehr.

Einmal pro Tag Probefahrt mit Burebista

Nun, ein neuer Frühling ist mit frischen Hoffnungen da, an den Begaufern blühen wieder die Magnolien, tummeln sich die Verliebten, die Hundeliebhaber, die Radfahrer und, wenn auf den dualen Gehsteigen entlang des Ufers, halb Radpiste, halb Gehweg, noch etwas Platz übrig ist, auch ein paar verzagte Rentner. Auf der wie stets etwas trüben Bega verkehren leider noch keine Vaporettos, wie man das nun schon seit Jahren den Temeswarern verspricht, da  üben nur die Rudersportler im Schweiße ihres Angesichts von morgens bis abends.

Um die nicht wenigen Liebhaber der Begaschiffahrten nicht endgültig zu verärgern, bietet ihnen derzeit die Stadt durch den Nahverkehrsbetrieb RATT als Provisorium unentgeltlich einmal täglich, jeweils um 17 Uhr,  eine sogenannte technische Probefahrt mit einem der sieben Vaporettos auf den Trassen Maria-Platz- Wasserwerk und retour sowie Maria-Platz-Modosch-Brücke und retour. Eine Fahrt dauert 45 Minuten. Erste Fahrten gab es schon im Mai 2016. Die sieben recht teuren Vaporettos (mit großen historischen Namen bedacht, die von Burebista und Trajan bis Savoya und Economu reichen) , 12,7 Meter Länge und 4,9 Meter Breite, mit je 50 Plätzen, hat die Stadtverwaltung bei der Firma Spat Yard GmbH Galatz bestellt und sich je Stück 275.000 Euro aus dem Stadthaushalt kosten lassen. Der vergeblich erwartete Kundenandrang wird  bei diesen Probefahrten nicht verzeichnet (wohl, weil die Leute kein rechtes Vertrauen in Gratisfahrten haben!?), ein paar Fahrgäste (darunter ein Paar ausländische Touristen, darüber erstaunt, dass so eine Fahrt unentgeltlich ist) tun sich das täglich an. Am Wochenende schaut das Ganze schon besser , fast wie eine Vergnügungsfahrt, aus.

In der derzeitigen Situation des Begakanals, mit seiner "provisorischen" Flußschiffahrt, mit seiner nur teilweise durchgeführten Sanierung und Modernisierung der Ufern, ist so eine Begafahrt wahrlich eher nicht mehr... als eine Probefahrt anzusehen. Bis zu einer richtigen Vergnügungsfahrt, wie man das schon seit Jahren auf anderen Flüssen westeuropäischer Metropolen erleben kann, fehlt noch allerhand. Aus den Vaporettos ist wenig von der Schönheit der Begastadt, den malerischen Begaufern usw. zu sehen: Außer dem sanierten und gepflegten Abschnitt im Stadtzentrum ist der restliche Teil mit viel und stellenweise ungepflegtem Sträucherwerk, mit alten sanierungsbedürftigen Gebäuden aus der Stadtgeschichte (vor allem etliche Ruinen von Hallen, Niederlagen ehemaliger Traditionsfabriken) eher abstoßend als anziehend. Nicht zu vergessen die alten Begabrücken, die der vorläufigen städtischen Schifffahrtstrasse auf dem Begakanal (10 Kilometer, auf der Achse Nord-Süd, vom Wasserwerk bis zur Modosch-Brücke) als Haltestellen dienen. Die neuen koketten Haltestellen für die Vaporettos befinden sich unter der Verwaltung von RATT. Es ist schwierig, deren Schutz und Instandhaltung zu sichern. In einigen Haltestellen haben sich schon Obdachlose ein bequemes Nachtlager eingerichtet. Alle Begabrücken sind längst aus der Garantiefrist heraus, reparatur- und sanierungsbedürftig. Und die derzeit 14 Begabrücken sind ein heikles Thema, das man im Rathaus am liebsten unter den Teppich kehrt. Es geht da nicht nur um die Pflege der Begaufern, der Gehsteige, Alleen, Radpisten, Straßen und Bauten, die Instandhaltung und Pflege des Flusses mit Wasserlauf und Flußbett obliegt dem Banater Unternehmen für Wasserbewirtschaftung.

Graf Mercy hatte das erste, Premier Grindeanu wird das letzte Wort haben

Nun, wie steht es um die verprochene und geplante Einführung der Begaschifffahrt in den öffentlichen Verkehr der Begastadt? Hervorzuheben ist: Zwei Großprojekte hat die Stadt erfolgreich durchgeführt, die Sanierung der Begaufer und die Anlegung eines modernen Radwegs von 37 Kilometern (Modosch-Brücke- serbische Staatsgrenze) über das IPA-Programm der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit Rumänien-Serbien. Selbstverständlich fielen andere etwas pharaonische Wunschpläne um die Bega glatt ins Wasser: Pontons, schwimmende Terassen oder Sandflächen für Sonnenbad am Begaufer ,wie man sie von der Pariser Seine kennt usw.

Mit dem Start der Begaschifffahrt als alternativen Stadtverkehr wird es wohl noch einige Zeit dauern, denn das letzte Wort hat in dieser Angelegenheit (der Begakanal ist öffentliche Domäne also erstens Sache des rumänischen Staates) die rumänische Regierung. Die Temeswarer Stadtverwaltung und das von ihr verwaltete und finanzierte Unternehmen RATT können wohl weiterhin allerhand Pläne schmieden, lokale Verwaltungsmaßnahmen treffen, doch außer diesem bürokratischen Schauspiel läuft praktisch gar nichts. Vorläufig hat man den Standort einiger der neun Vaporettos-Haltestellen, teilweise auch die Benennung, geändert: Die Haltestelle Tudor Vladimirescu ist zwischendurch verschwunden, sie erhielt den Namen des Historikers Vasile Pârvan. Das ist schon etwas. Die neun Haltestellen sind übrigens: 1. Mihai Viteazul (Doroban]i-Zone), 2. Dacia (Fabrikstadt), 3.Corneliu Coposu (Zone Präfektur), 4. Vasile Pârvan (Studentenhkomplex), 5. Metropolitankathedrale (Stadtzentrum), 6. Hl. Maria (Zone Hl. Maria), 7. [tefan cel Mare (Josefstadt), 8.C. Brâncoveanu (Dâmbovi]a-Zone), 9. Ardealul (Modosch-Brücke). In der letzten Sitzung des Temeswarer Stadtrats wurde zusätzlich ein Reglement für die Begaschifffahrt, ausschließlich auf dem Temeswarer Abschnitt vom Wasserwerk bis zur Modosch-Brücke, genehmigt. Leider nützt dieses Reglement vorläufig wenig, wie auch ein Teil der Stadträte zugeben musste. Man erwartet den Eingriff der Grindeanu-Regierung bzw. die Gründung einer Flußverwaltung, die die gesamte Schifffahrt auf dem Begakanal leiten und verwalten könnte. Da heißt es Abwarten. Laut Titu Bojin, dem Leiter des Banater Unternehmens für Wasserbewirtschaftung, ist jedoch die Sanierung und Modernisierung des hydrotechnischen Knotens und der Schleuse von Rumänischsanktmichael/ Sânmihaiu Român, nahe Temeswar, die Hauptbedingung für das gesamte Bega-Projekt und vor allem für die Wiedereinführung der Begaschifffahrt.

Der Begakanal: Berühmte Vergangenheit, große Zukunftsvision

2012 hieß es aus aller Munde, vor allem  der euphorisch gestimmten Stadtväter: „In zwei Jahren ist der Begakanal wieder schiffbar!“ Nach Abschluss der Gesamtmaßnahmen um den Begakanal (Kosten 22 Millionen Euro) sollte Temeswar zum Hafen am Paneuropäischen Korridor VII und mit anderen Häfen von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer verbunden sein. Bis es aber dazukommt, muss, wie gesagt noch viel Wasser auf der Bega dahin fließen. Vorläufig wird von den Stadt- und Kreisbehörden Jahr für Jahr, anlässlich aller Feiern und Feste, auf die große Vergangenheit und die erwartete große Zukunft des Begakanals hingewiesen: So beim Tag der rumänischen Marine, beim Temeswarer Stadtfest (August), beim Bega-Boulevard-Festival (September).Und heuer sind es 155 Jahre seit dem ersten amtlichen Vermerk der Hafenstadt Temeswar, 230 Jahre Schifffahrt und Handelsverordnung auf der Bega, 285 Jahre seit dem Start der Schifffahrt auf dem Begakanal auf der Strecke Temeswar-Pancevo. Die Gründergeneration, die k.u.k.-Verwaltung unter dem Grafen Claudius Florimund Mercy, schaffte die Kanalisierung der Bega mit einem sehenswerten Kraftakt, in fünf Jahren, 1727-1733. Mercys Vision von der Begaschifffahrt aber auch von der blühenden Banater Heide, dem fruchtbarsten Landstrich Südosteuropas, entstanden durch die Trockenlegung der Sümpfe, wurden wahr. Ab 1894 verkehrte hier dreimal wöchentlich ein Güterkahn der Wiener Ersten Donaudampfschifffahrts-Gesellschaft DDSG auf der 115 Kilometer langen Strecke von Temeswar bis Titel in Serbien. 1958 stellte Rumänien den Schiffsverkehr mit den Nachbarstaaten auf dem Bega-Kanal ein. Seitdem wartet man hüben und drüben auf eine neues Kapitel der Begaschifffahrt.

Es sieht vorläufig nicht schlecht aber auch nicht gut aus, doch, wenn es sich um die Bega oder die Begej handelt, ist alles ein Ding der Möglichkeit. Das sagen die Alttemeswarer. Und die Geschichte hat es schon einmal vorgeführt.