Die Malerin des Elends

Ausstellung mit repräsentativen Werken von Käthe Kollwitz eröffnet

Judith Urban, Konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, bei der Eröffnung der Ausstellung. Foto: Elise Wilk

Käthe Kollwitz: Selbstbildnis (1924) Foto: IfA

Eine Gruppe eng aneinander stehender Frauen, wie ein Haufen großer, schwarzer Vögel, in Trauer vereint, wehrt sich vergebens gegen das Böse. Eine dunkel gekleidete Frau sitzt vor einer Kirchenmauer, das Gesicht mit den Händen bedeckt. Auf einem schwarzen Hintergrund sieht man ein helles Licht - eine Frau steht suchend mit einer Lampe mitten in einem Feld, das mit Toten übersät ist. Eine Mutter kämpft mit  einer düsteren Gestalt um ihr Kind. Es sind Bilder des Elends und der Trauer, die Käthe Kollwitz (1867-1945), eine der bedeutendsten deutschen Künstlerinnen des letzten Jahrhunderts, geschaffen hat.

Lithografien, Radierungen, Holzschnitte, Skulpturen und Kleinplastiken sind Beispiele für Käthe Kollwitz’ künstlerische Arbeit aus über 40 Jahren. In Einzelblättern und Bilderzyklen verarbeitete sie das menschliche Elend zur grafischen Anklage gegen Gewalt und Krieg. Mit ihren Werken, die oft die Not einfacher Menschen darstellen, wurde Käthe Kollwitz weltbekannt. Sie wurde als erste Frau Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und erhielt gleichzeitig in einer damals rein männlichen Domäne den Professorentitel. Als erster Frau wurde ihr auch der Orden „Pour le Mérite“ für Wissenschaften und Künste verliehen. Aufgrund ihres politischen Widerstandes gegen die Nationalsozialisten erhielt Käthe Kollwitz inoffizielles Ausstellungsverbot.

Eine Ausstellung des deutschen Institut für Auslandsbeziehungen (IfA), gemeinsam mit dem Deutschen Kulturzentrum Kronstadt, die der deutschen Grafikerin und Bildhauerin gewidmet ist und eine Auslese ihrer Arbeiten bietet, kann  bis zum 30. November im Kunstmuseum Kronstadt (Rudolfsring/Bd. Eroilor 21) besucht werden.

Lebenserfahrung als Inspiration

Die Eröffnung der Ausstellung fand am 2. Oktober im Kronstädter Kunstmuseum statt und wurde anlässlich des 10-jährigen DKK-Jubiläums organisiert. An der Vernissage nahmen Judith Urban, Konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, Beate Köhler, Leiterin des Goethe-Instituts Bukarest, Dr. Carmen Puchianu, Vorsitzende des Kronstädter Deutsch-Rumänischen Kulturvereins, Roxana Florescu, Leiterin des Deutschen Kulturzentrums Kronstadt und Árpád Bartha, Leiter des Kunstmuseums, teil. Die Ausstellung, die im Kunstmuseum zu sehen ist, ist in fünf Teile gruppiert: Selbstbildnisse, Beziehungen, Krieg, Aufstände und Tod.

In ihrer Eröffnungsrede erwähnte die Konsulin Judith Urban einige biografische Daten von  Käthe Kollwitz, deren Lebenserfahrung als Inspiration für ihre Werke diente. Im ersten Weltkrieg verlor die Künstlerin ihren Sohn Peter.  Im August 1914 bat er als Achzehnjähriger seine Eltern darum, sich am Krieg beteiligen zu dürfen, obwohl das Wehrpflichtalter damals bei 21 Jahren lag. Obwohl der Vater dagegen war, überredete Käthe Kollwitz ihn zu seiner Zustimmung. Dieses traurige Erlebnis hat sie für immer geprägt und zu einer Vielzahl von ergreifenden Werken geführt, in denen sie sich an erster Stelle den Opfern des Krieges widmet: verzweifelnde Eltern, Mütter, Witwen.

Die Trauer zieht wie ein roter Faden durch ihre Grafiken und Skulpturen und kann auch auf ihren Selbstbildnissen gesehen werden, die ein bedeutender Bestandteil ihres Werks sind.  „Ich will, dass meine Kunst Zweck hat. Ich will wirken“, notierte Kollwitz in ihrem Tagebuch. Deshalb sind ihre Werke auch heute aktuell.

Die Ausstellung kann dienstags bis sonntags von 9 bis 17 Uhr im Kunstmuseum besucht werden. Der Eintrittspreis beträgt 3 Lei für Erwachsene, 1,5 Lei für Rentner und 1 Leu für Schüler und Studenten.

„Käthe Kollwitz heute!“

Die Ausstellung bietet auch ein Rahmenprogramm an: am 10. Oktober leitet die IfA-Referentin Wiebke Trunk im Kunstmuseum einen Workshop über Käthe Kollwitz’ künstlerisches Schaffen. Der Workshop „Käthe Kollwitz heute!“ richtet sich insbeson-dere an die Kunstschüler, aber auch an die Kunst/Design-Studenten, Künstler, Lehrer oder Laien. Die Teilnehmer müssen zwei Szenen aus dem Alltag mit Smartphone oder Foto-apparat fotografieren und in den Workshop bringen. Dort werden die Fotos ausgedruckt. Die Themen der Fotos sollten  Zuneigung, Traurigkeit, Armut, Hoffnung, Ungerechtigkeit, Zerbrechlichkeit, Schwäche oder Aufstand sein. Während des Workshops werden die Teilnehmer mit ihren Fotos Collagen erstellen und sich so den Werken der deutschen Künstlerin nähern.