„Die Regierungspolitik vertreibt uns die Investoren“

Bürgermeister von Neumoldowa beklagt investorenfeindliche Äußerungen

Der Verlust von fast 1000 Arbeitsplätzen durch den Rückzug des Automotive-Herstellers Delphi Packard aus Neumoldowa und Rumänien und die Verlegung seiner Werke nach Serbien und in die Ukraine wurmt den Bürgermeister von Neumoldowa, Adrian Torma (PNL) weiterhin. Dabei stellte er aber auch fest, dass sich Delphi faktisch eigentlich gar nicht vom Donauufer zurückzieht, sondern das große Gelände des stillgelegten Montagewerks für Autobestandteile zunehmend als Lagerplatz für allerhand Maschinen und Anlagen nutzt, die offensichtlich aus anderen Delphi-Werken in Rumänien ausgebaut werden. Die genaue Durchsicht der Aktenlage im Rathaus brachte ihm eine Erklärung: Delphi hat das Gelände von der Stadt bis 2031 zu äußerst günstigen Bedingungen gepachtet und also keinen Grund, es nicht zu benutzen.

Aber die Stadt hat damit ein Problem. Denn es haben bereits andere Investoren im Rathaus vorgesprochen, die an den Arbeitskräften interessiert wären, die durch den Wegzug von Delphi in Neumoldowa freigeworden sind – aber die Stadt verfügt über kein geeigneteres Gelände mehr, dass sie zu einer Wirtschaftsansiedlung anbieten könnte, so nötig sie es auch hätte. Bürgermeister Torma zu den Medien: „Es gibt da einen ziemlich komplizierten Vertrag, der die Kommunalverwaltung echt in die Bredouille versetzt. Der stammt von 2011 und spricht Delphi ein Grundstück von 18.000 Quadratmeter und eine 3900 Quadratmeter große Halle zu, alles zur bescheidenen Miete von rund 10.000 Euro/Jahr.“ Torma bezieht sich auf den Vertrag Nr.1145/09.02.2011 zwischen dem Rathaus Neumoldowa und der SC Delphi Packard SRL über eine Miete von 833 Euro/Monat, Mehrwertsteuer mit eingeschlossen. Dabei hatte die Stadt alle Aufschlussarbeiten des Geländes finanziert. Dieser Vertrag galt für zehn Jahre.

Am 9. August 2013 wird der Mietvertrag um einige Addenda erweitert. Delphi wird das Nutzungsrecht des rund 23.000 Quadratmeter großen Gewerbeparks und der darauf stehenden Immobilien bestätigt, zu einer Jahresmiete von 12.500 Euro, der Mietvertrag aber um zehn Jahre verlängert, bis 2031. Und Delphi bekommt das Recht der Untervermietung zugesprochen, ohne eine Zustimmung des Rathauses dazu einfordern zu müssen. Torma nennt das „ein Drehbuch eines Films, der niemals lief“, was immer darunter auch zu verstehen ist. Das Rathaus kaufte weitere Grundstücke an, mit der Absicht, eine 10.000 Quadratmeter große Produktionshalle darauf zu bauen. Der Preis war günstig und unter damaligen Umständen hätte sich die Investition binnen Monaten gerechnet. Doch neben der Tatsache, dass der Mietvertrag bis am 28. Februar 2031 verlängert wurde, sind alle Restriktionen aus dem Vertrag herausgenommen worden – der Mieter kann tun und lassen, was er mag. Keine Klausel verpflichtet den Mieter zu irgendetwas.

Das ist der Haken an der Geschichte. Torma ist in ständigem Kontakt mit der Firmenleitung (bis zum Hauptsitz in London hin) und möchte das Nutzungsrecht des Geländes an die Stadt zurückhaben. „Die Halle, die sie gebaut haben, können sie sich behalten! Damit können sie tun, was sie wollen, so lange der Vertrag gültig ist. Ich möchte aber die Immobilien der Stadt zur Nutzung zurückhaben, denn es gibt andere Anwärter darauf, die etwas damit zu tun gedenken. Wir sind im Gespräch. Es geht schließlich um Beschäftigung und um eine Einkommensquelle der Stadt.“

Dass Delphi sich auf eine Langzeitnutzung des vertraglich gesicherten Geländes einstellt, beweisen die laufend eintreffenden Anlagen, die hier eingemottet werden. Den Wegzug von Delphi Packard aus Neumoldowa sieht Bürgermeister Adrian Torma heute so: „Unangenehm ist die Situation auf alle Fälle. Andrerseits befindet sich Neumoldowa nun unter den kleinen und mittleren Ortschaften, die fern von Industrie- oder Universitätszentren liegen und Arbeitsplatzprobleme haben. Wir hatten die Chance, eine große Firma sich hier ansiedeln zu sehen, die sich dann aber entschieden hat, in Länder zu ziehen, wo das Lohnniveau niedriger ist. Aus meinen Diskussionen mit dem Management weiß ich, dass es aber auch eine gewisse Verärgerung über die Regierungspolitik gibt – und nicht nur bei Delphi Packard – eine Befremdung über die Art, wie dieses Land gegenwärtig regiert wird. Dass alle Abgaben den Unternehmern aufgeladen wurden, dass man in den Medien immer wieder die `Ausländer` und die `multinationalen Konzerne`, ohne Beweise zu liefern, angreift und ihnen für alles die Schuld in die Schuhe schiebt, was in diesem Land schlecht funktioniert – all das sind Argumente für die Konzerne, sich nicht mehr wohlzufühlen hier. Weiterzuziehen. Nun sucht Delphi Packard bereits einen Standort in der Türkei... Uns, den Kommunen, ist kein Spielraum gewährt, um attraktiver zu werden, also leiden wir unter den Folgen einer falschen Regierungshaltung, so lange die Zentraladministration sich jeder Öffnung verschließt.“