Die russische Sicht der Dinge

RT-Deutsch und Sputnik zu rumänischen Themen

„Wer kann hier in Deutschland Transnistrien von Transsilvanien unterscheiden? Wahrscheinlich nur wenige. Und diejenigen, die sich auskennen, wissen, dass Transnistrien in Moldawien, also der Republik Moldau, liegt und dass Moldawien keine Teilregion von Rumänien ist.“ So beginnt ein Beitrag der auf der deutschsprachigen Webseite von RT einzusehen ist. RT steht für „Russia Today“ ein Fernsehsender der, wie auch der Radiosender und das Webportal „Sputnik“, von der russischen Regierung finanziert wird. Um vor allem in den USA leichter vom breiten Publikum akzeptiert zu werden, wurde 2009, vier Jahre nach der Gründung, die abgekürzte Form RT als Logo und neuer Name verwendet. Denn „Russia“ wird im Westen, wie auch in den meisten ehemaligen Ostblockstaaten, mit Misstrauen begegnet, als latente Bedrohung wahrgenommen.

Um dagegen anzukämpfen, um die eigene Politik im Gegensatz zu anderen Stellungnahmen besser und medienwirksam zu positionieren, hat man in Moskau in solche Sender investiert, die in mehreren Sprachen weltweit zu empfangen sind (RT wird z.B. weltweit über 20 Satelliten ausgestrahlt). Es macht neugierig, zu sehen, wie Rumänien und die rumänische Politik dabei abschneiden, wobei von vornherein in Kauf genommen werden muss, dass da, neben allgemeiner Information und effizienter moderner Digitaltechnik, auch Propaganda und Manipulation mitspielen. Denn „Informieren heißt beeinflussen.“ Beide russischen Sender haben auch rumänische Programme, die selbstverständlich ausführlicher und gezielter auf hiesige Themen eingehen, wobei sie auch rumänische Mitarbeiter als Gastkommentatoren oder Experten zu Wort kommen lassen.
In „RT Deutsch“ und in der deutschen Sputnik-Abteilung wird Rumänien als Mitglied der EU und als Nato-Land in der Berichterstattung dargestellt und somit als Teil eines Militärbündnisses, das, nach russischer Meinung, ungerechtfertigt zur „Sicherung und Stärkung der östlichen NATO-Flanke“ zurückgreift.

Der amerikanische Militär-Transport, der in Konstanza unlängst ankam im Rahmen der „Atlantic Resolve“-Übungen, sei laut Nato-Quellen „als Abschreckung gegen eine mögliche russische Aggression“ gedacht. In ähnlichen Berichterstattungen wird auf die Präsenz US-amerikanischer Truppen in Rumänien hingewiesen, auf Übungs-Manöver, die da abgehalten werden, auf das Nato-Raketenabwehrsystem bei Deveselu, auf die Vorschläge betreffend eine gemeinsame Schwarzmeerflotte der Nato. Solche Berichte werden in der Regel von Besuchern dieser Webseiten kommentiert, wo dann direkter (und plumper) das Feindbild Nato dargestellt wird. Da wird von „Kriegsspielen“ in Rumänien gesprochen, vom Schwarzen Meer als „Nato-Meer“, von massiver Bedrohung für den Weltfrieden, die von amerikanischer Seite kommt, so dass man meinen könnte, der dritte Weltkrieg lässt nicht mehr lange auf sich warten.

Selbstverständlich waren auch die massiven Straßenproteste aus Bukarest und anderen Städten gegen die Grindeanu-Regierung auf diesen Webseiten vertreten. Es gab sogar eine ausführliche und sehenswerte Fotostrecke dazu. Die Gründe, die zu diesen Massendemos geführt haben, werden korrekt angeführt: „Das Parlament ist gespalten, die Regierung gelähmt und die Bevölkerung aufgebracht. Die Sozialdemokratische Partei Rumäniens, die die Parlamentswahl in Dezember 2016 gewonnen hat, verspielte ihr Vertrauen mit einem von ihr initiierten Regierungsbeschluss, der Korruptionsmissbrauch relativiert. Nun steht das Kabinett zur Disposition. Das Ende der politischen Krise in Bukarest ist bis jetzt nicht in Sicht.“ Es fällt auf, dass die Gegendemonstration vor dem Cotroceni-Palast, die die Absetzung von Johannis verlangt, nicht erwähnt wird. Wieder sind es die Kommentare unter Pseudonymen, die andeuten, worauf noch gezielt wird. So z.B. vermerkt und bedauert ein Leser, dass in Deutschland solche Massendemos nicht möglich seien.

Andere (z.B. „Bauernfaenger“) kommen mit Anschuldigungen gegen Johannis (dessen Namen auf RT und Sputnik in dieser Schreibweise und nicht in der offiziellen rumänischen, Iohannis, wiedergegeben wird), die man hier bereits kennt, zum Beispiel „Holz-Klaus“ - in Anspielung an angebliche Verbindungen des Staatsoberhauptes zur Holz-Mafia. Es werden auch Links angegeben zu jenen Bukarester Fernsehsender, die Soros und die multinationalen Konzerne als Geldgeber und Anstifter der Proteste sehen. Johannis selber wird an anderen Stellen in Kommentaren zum Beispiel als „das deutsche Ziehkind aus Rumänien“ bezeichnet – er würde also das machen, was ihm aus Brüssel befohlen wird. Rumänien sei in der Hand von ausländischen „Oligarchen“; das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) sei nichts anderes als ein „Freihandelsimperium“, eine „Wirtschafts-NATO“ selbstverständlich gegen den Rest der Welt und Russland ausgerichtet.
Ein anderes Thema, das mit Rumänien zu tun hat, ist Moldawien. RT Deutsch vermerkt stolz, dass der neue pro-russische Präsident Moldawiens, Igor Dodon, diesem Sender das erste Interview in seiner neuen Eigenschaft als moldawisches Staatsoberhaupt gewährte. Dodons Stellung wird wie folgt beschrieben: „In Russland sieht er vor allem einen Verbündeten, der die moldawische Staatlichkeit und Neutralität nicht nur nicht in Frage stellt, sondern sie gegen aus seiner Sicht gefährliche Ansprüche vonseiten der NATO, der EU und Rumänien unterstützt. RT erlebte einen - im wahrsten Sinne des Wortes - prorussischen Politiker, der sein Prorussisch-Sein grundsätzlich in Promoldawisch-Sein umdeutet.“

Die deutschen Abteilungen von RT und Sputnik verrichten ihren Auftrag und berufen sich dabei auf die Informationsfreiheit. Sie wollen als Alternative zur westlichen Mainstream-Presse erscheinen und den russischen Standpunkt darbringen und glaubhaft argumentieren. Laut den Zahlen von Facebook-Gefällt-mir-Angaben haben sie auch ihr Publikum (RT -rund 250.000 Likes; Sputnik 182.000 Likes) – wahrscheinlich viel weniger, als erwartet. Sie sind Teil der globalen Medienwelt, eine Stimme, die russische Interessen vertritt. Kritisch muss man gegenüber den russischen Staatsmedien fürs Ausland durchaus sein, weil nicht alles als bare Münze akzeptiert werden kann. Deswegen aber alles als „feindliche Propaganda“ darzustellen, entspricht einem undifferenzierten Schwarzweiß-Bild, das nichts Positives bringen kann. Dass Manipulation aus russischen Quellen im Internet auch auf anderen mehr oder weniger bekannten Kanälen erfolgt, ist eine andere Diskussion, die leider nicht an Aktualität verliert.