Die Stille der „Straffälligen“

Die bloß ab und an durch das Drohmurren Dragneas unterbrochene Stille der „Straffälligen“ nach der kategorischen Abweisung durch den Hohen Magistraturrat des Absetzungsantrags des Hampelmanns an der Spitze des Justizministeriums bezüglich der DNA-Chefin, sollte niemanden zum Einlullen verleiten. Im Grunde geht es ums Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten, nur nebenbei um die Absetzung der Laura Kövesi.

Entgegen allen Versicherungen des Duos der „Straffälligen“ an der Spitze des Abgeordnetenhauses und des Senats: Verweigert Johannis die Unterschrift unter das Absetzungspapier, steht ihnen erst mal das („Straffälligen“-freundliche) Verfassungsgericht zur Verfügung, um ihren Willen zu haben. Daraufhin noch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Johannis. Danach ist der Weg freigeschippt fürs einmonatige Interim von Senatschef Călin Popescu-Tăriceanu an der Staatsspitze. Damit hat der Senatschef implizite die Unterschrift für die Absetzung der DNA-Chefin. Nichts deutet auf ein mögliches Zögern Tăriceanus, seine zeitweilige Macht dafür zu nutzen. Dann wird wohl auch Generalstaatsanwalt Augustin Laz²r gefällt, der sich unverrückbar gradlinig hinter die DNA-Chefin gestellt hat. Niemand sollte sich von gegenteiligen Lippenbekenntnissen von vor Hinterlist strotzenden Individuen wie Dragnea und Tăriceanu täuschen lassen!

Inzwischen lassen sich auch die EU-Spitzen nicht mehr von den einlullenden Erklärungen offizieller rumänischer EU-Emissäre und -Kontaktpersonen täuschen. Das bewies der Timmermans-Besuch vergangene Woche, der einen verdatterten, weil sonst auf Widerspruch mit Dolchstößen reagierenden Dragnea zurückließ. Auch stopfte Timmermans dem pfauenhaften und karrieregeilen Justizminister das Maul.

Immerhin gibt es unter den „Straffälligen“ noch etwas Zurückhaltung, auch wegen der Erinnerung ans Amtsenthebungsverfahren Băsescus 2012. Eine Wiederholung würde Brüssel (Berlin, Paris ...) schwer im Magen liegen. In diesem Sinn ist die Lage Rumäniens erheblich unstabiler als jene Ungarns und Polens, die nicht unter Justiz-Dauermonitoring stehen – das Teil des EU-Beitrittsvertrags Rumäniens ist... Es droht der Vorwurf des flagranten Übertretens des Beitrittsvertrags, bestraft mit diplomatischen, wirtschaftlichen, politischen Sanktionen. International wäre die Ächtung im Jahr der Jahrhundertfeier des Landes und im Vorjahr der erstmaligen Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Rumänien mehr als peinlich. Das weiß Bukarest. Warum sonst hätte Premierministerin Vasilica Dăncilă in Brüssel gefordert, man möge sich „direkt bei der Regierung“ über Rumänien informieren? Die Informationsquelle, den Filter dafür will man unter Kontrolle haben. Implizite muss man mit Einheimischenerfahrung denken: Die haben etwas (vor euch) zu verbergen, die wollen Brüssel hinters Licht führen... Die Transparente mit „Wir sehen Euch!“ sagen nur das!

Handelt Johannis also nicht, wie vom tendenziösen und subjektiven Tudorel-Bericht gefordert, wird er zum „Komplizen“ des Übertretens von „Menschenrechten“ (Lesart Tudorel: Rechte der „Straffälligen“), suggerieren die Gegner im politisch-medialen Konglomerat. Es gibt mindestens zwei schlagende Pro-Argumente zur Johannis-Weigerung: die hohen Sympathiewerte der Kövesi in der Bevölkerung (siehe die Sympathiekundgebungen für sie), was in der europäischen Öffentlichkeit enorme Achtungs- und Aufmerksamkeitswerte eintrug; und der jämmerliche und auch von Laien demontierbare Anklagebericht des Justizministers, vorgestellt als Höchstausdruck juristischer Kenntnisse eines probaten Wissenschaftlers. Der bloß die ohnehin Überzeugten überzeugte. Enttäuschend war in diesem Zusammenhang die Aussage der Schriftstellerin, Soziologin und Politologin Alina Mungiu-Pippidi: „Es ist ein guter Bericht“.

Hat die Berufsoppositionelle die Seiten gewechselt?