Die Traumkarte der Fahrradwege ist fertig

Architekturstudentin stellt Netzwerkkarte kostenlos zur Verfügung

Roxana Şerbănoiu erhielt Note zehn für ihre gründlich recherchierte Dissertation. Foto: privat

Wenn Temeswar/Timişoara rund 500 Fahrradwege hätte, dann wären die Temeswarer Velo-Fahrer zufrieden. Das glaubt die Architekturabsolventin Roxana Şerbănoiu. Die 27-Jährige verfasste ihre Dissertation zum Thema Fahrradinfrastruktur in Temeswar und schuf eine umfangreiche Dokumentation, die sie bei Interesse den Vertretern des Bürgermeisteramtes kostenlos zur Verfügung stellen möchte.

In Temeswar gibt es rund hundert Kilometer Fahrradwege. Viele sind holprig und teilen meistens den Gehsteig in zwei für beide Seiten unzureichende Streifen für Fahrradfahrer und Fußgänger. Dabei sind die meisten Fahrradwege auch nicht miteinander verbunden und sind über das ganze Stadtgebiet verstreut. Die Architekturabsolventin Roxana [erb²noiu möchte das alles von grundauf ändern. Aus diesem Grund dachte sie sich einen Traumplan für eine ideale Nutzung der Fahrräder im Alltag aus. Aus ihrer Sicht kann Temeswar mit der (Selbst-)Bezeichnung „Klein-Wien“ auf keinem Fall mit der österreichischen Hauptstadt im Bereich des Fahrradfahrens verglichen werden. In der Bega-Stadt gibt es eigentlich knapp über 70 Kilometer Fahrradwege, während es sich in Wien um 1200 Kilometer handelt.

 

In ihrer Dissertation zum Thema Infrastruktur für Fahrräder in Temeswar geht es um konkrete Lösungen, die sie zur Erstellung eines künftigen Projekts benutzt hat. Auf insgesamt zehn Projekttafeln präsentiert sie die ideale Fahrradstadt Temeswar. Fahrradwege, die nicht mehr den Gehsteig in zwei Teile, die miteinander verbunden sind, trennen, keine hohen Bordseine mehr und eine touristische Fahrradroute durch die historische Altstadt. Die Dissertation schrieb sie unter der Koordination eines der bekanntesten Architekten der Stadt, Radu Radoslav, dem ehemaligen Stadtarchitekten von Temeswar. Roxana [erb²noiu erhielt die Höchstnote zehn und die Anerkennung des Architekten Radoslav mit ihrer Arbeit „Das Fahrrad, ein effizientes Verkehrsmittel“.

In ihrer Arbeit bietet Roxana nützliche Informationen, die künftig den Vertretern der Technischen Direktion innerhalb des Temeswarer Bürgermeisteramtes für die Erstellung einer Fahrrad-Infrastruktur hilfreich sein könnten. Die Informationen sammelte die junge Architektin in etwa sechs Monaten. Anfang des Jahres startete sie sogar eine Online-Umfrage mit dem Thema „Gewähre deinem Fahrrad drei Minuten“. Dabei halfen ihr auch zwei der Temeswarer Fördervereine für Fahrradfahren, „Grün für Fahrräder“ und „Temeswar Cycle Chic“. Fast 700 Temeswarer zwischen 14 und 56 Jahren, die das Zweirad im Alltag benutzen, machten bei der Umfrage mit. Sie analysierte die Kosten für eine Fahrt zur Arbeit mit dem Auto, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und sogar zu Fuß, und zeigte auf, wie günstig und umweltfreundlich eine Fahrt mit dem Fahrrad sein kann. Nach ihrer Umfrage konnte Roxana Şerbănoiu feststellen, dass die Temeswarer zwischen fünf und zehn Kilometer mit dem Rad täglich hinter sich legen. Dabei konnte sie auch die meist befahrenen Strecken der Stadt ausfindig machen und stellte eine besondere Streckenführung dafür zusammen. Für den Plan der idealen Radwege wurde sie durch die Pisten in München und Kopenhagen inspiriert. Sie versuchte, diese auch an Temeswar anzupassen, wo diese total planlos-chaotisch entstanden sind. „Das, was meine Studie ergibt, ist nicht meine eigene Vorstellung von einem effizienten Verkehrsnetz, sondern die Bedürfnisse und Wünsche von fast 700 Temeswarer Radlern“, sagt Roxana [erb²nescu.  In ihrem Projekt teilte die angehende Architektin ihr Netzwerk in drei Zonen auf. Es entstand ein Plan für verbundene Pisten in der Dienstleistungszone, in der Freizeitzone und für die Temeswarer Parks. „Meine Fahrradstrecken überlappen sich nur wenig mit den bereits existierenden“, sagt Roxana.

Die 27-jährige Architekturabsolventin kommt aus Karansebesch und absolvierte 2013 ein Masterstudium im Bereich Stadtentwicklung und Raumgestaltung. Seit zwei Jahren arbeitet sie bei einer Projektentwurfsfirma in Temeswar. Das Fahrrad benutzt die junge Architektin als Verkehrsmittel im Alltag – etwa zehn Kilometer legt sie täglich mit dem Velo zurück. Sie begann, es tatsächlich zu benutzen, als sie sich entschied, ihre Dissertation zum Thema „Fahrradinfrakstruktur“ zu schreiben. „Man kann eine gründliche Studie nicht zusammenstellen, wenn man nicht selber Fahrrad fährt und auf eigener Haut die Probleme und Lücken des Fahrradnetzes in der Stadt entdeckt und dabei die Bedürfnisse der Radler versteht“, sagt sie.

Das Thema schlug ihr der ehemalige Stadtarchitekt Radu Radoslav vor. „Warum ich nicht früher das Fahrrad als Verkehrsmittel benutzte? Das fragen mich die Leute ständig. Es ist einfach, ich konnte mich im Temeswarer Verkehr auf zwei Rädern gar nicht sicher fühlen, so musste ich auf das Radeln verzichten“, erklärt die Architektin. Laut ihrer Arbeit ist aber nicht nur der Mangel an Fahrradwegen in der Stadt ein Problem. Auch die Einrichtung von Fahrradständern ist ein Muss. „Die Institutionen sollen, meiner Meinung nach, verpflichtet werden, solche Ständer einzurichten“, schließt sie.