„Die Wurzeln bleiben in Siebenbürgen“

Gespräch mit dem SJD-Bundesjugendleiter Elmar Wolff

Elmar Wolff
Foto: Don Alfredo

„Unser Nachwuchs präsentiert sich” beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen 2012. Zu Gast: Jürgen aus Siebenbürgen von der Band Amazonas Express.
Foto: Udo Schneider

Segelfreizeit der SJD auf dem Ijsselmeer in Holland (2012)
Foto: Brian Tittes

Traditionen weiterführen, Identität pflegen und dabei Spaß haben – darin sieht die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD) ihre Aufgabe, wenn sie Volkstanzveranstaltungen, Jugendbälle, Freizeiten, Fortbildungen, kulturelle Seminare oder Reisen anbietet. Die Mitglieder der Jugendorganisation des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. sind schon mehr als 600 junge Menschen, „die aus Siebenbürgen stammen oder sich Siebenbürgen verbunden fühlen“, so die Homepage www.siebenbuerger.de/sjd. Bundesweit gehören rund 70 aktive Kinder-, Jugend- und Volkstanzgruppen der SJD an.

Das alles klingt nach viel Begeisterung – und viel Arbeit. Beides kann der SJD-Bundesjugendleiter Elmar Wolff (29) bestätigen, der sich seit vielen Jahren für die Organisation engagiert und 2010 an deren Spitze gewählt wurde. Er kommt aus Großschenk/Cincu und war erst sieben Jahre jung, als die Familie nach Deutschland auswanderte. Elmar hat Technologie- und managementorientierte Betriebswirtschaftslehre studiert und arbeitet in München als Projektmanager. Nicht nur dienstlich ist er viel unterwegs: Vorigen Sommer war er nach längerer Zeit wieder in Siebenbürgen, auch für dieses Jahr stehen die Reisepläne bereits fest – „denn man fühlt sich dort nach wie vor zu Hause“. Über sein Ehrenamt, die SJD und die siebenbürgisch-sächsische Identität bei der jungen Generation unterhielt sich Elmar Wolff in München mit ADZ-Redakteurin Christine Chiriac.

Elmar, wie kam es zu deinem Engagement in der SJD?

Zur Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland bin ich über einen „Umweg“ gekommen, als ich vor etwa zehn Jahren an dem Föderationsjugendlager in Kanada teilgenommen habe. Bis dahin hatte ich recht wenig mit der SJD zu tun, danach habe ich aber jahrelang auf Bundesebene den damaligen Vorsitzenden Rainer Lehni unterstützt und irgendwann hat er mich gefragt, ob ich es mir vorstellen könnte, mich selber für den Vorsitz zur Wahl zu stellen. So habe ich im Oktober 2010 kandidiert. Beim Jungsachsentag im Oktober dieses Jahres gibt es Neuwahlen, und dann sehen wir, wie es weiter geht.

Welches waren die Herausforderungen deines ersten Mandats?

Als Bundesjugendleiter ist es wichtig, den Überblick zu behalten. Im Hintergrund einer Veranstaltung muss an viel mehr gedacht werden, als manch einer meint. Deswegen ist es umso wichtiger, ein funktionierendes Team zu haben, das sich engagiert. Und wenn alle mithelfen, steht einer erfolgreichen Veranstaltung nichts mehr im Wege.

Wie ist die Organisation aufgebaut?

Neben der Bundesjugendleitung gibt es Landesjugendleitungen in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Landesjugendleiter und ihre Stellvertreter gehören automatisch auch zur Bundesjugendleitung. Wir haben zwei Sitzungen pro Jahr: eine im Frühjahr im Zeitraum Februar bis März und eine im Herbst in der ersten oder zweiten Septemberwoche. Das bedeutet, dass wir schon lange im Voraus planen – zwar gehören zum Beispiel für eine große Veranstaltung wie den jährlichen Volkstanzwettbewerb manche Details zur Routine, aber die Band und die Halle muss man rechtzeitig buchen. Selbst die Planung für das nächste Jahr haben wir bereits diskutiert.

Was steht konkret im Angebot der SJD?

Wenn Jugendliche zu uns kommen und sagen, sie hätten gerne dies und jenes Seminar oder eine gewisse Veranstaltung, dann überlegen wir uns, ob der Vorschlag umgesetzt werden kann, und versuchen das Projekt durchzuführen. Wir haben Kulturveranstaltungen wie zum Beispiel Volkstanzwettbewerbe, Tanz- oder Urzelseminare und Sportveranstaltungen wie Volleyball, Fußball, Bowling. Aber wir bieten im Prinzip alles an, was für die Mitglieder interessant ist – es gab sogar Weinseminare. Unsere Hauptschwerpunkte sind jährlich das Vorbereitungsseminar für den Heimattag in Dinkelsbühl und der Volkstanzwettbewerb – hinzu kommt natürlich der Heimattag selber, bei dem wir immer sehr gut vertreten sind und bei dem die Anzahl an Jugendlichen erfreulicherweise jedes Jahr steigt.

Wie lange im Voraus bereitet ihr den Heimattag vor?

Es gilt die ungeschriebene Regel: „Nach dem Heimattag ist vor dem Heimattag.“ Gleich nach dem Fest besprechen wir, was gut gelaufen ist, was besser oder anders gemacht werden könnte. Der „Heimattagausschuss“ tagt verteilt über das ganze Jahr und plant kontinuierlich – je nachdem wie aufwendig eine gewisse Aufgabe ist. Vor einigen Jahren haben wir zusätzlich die Organisation des Festzeltes übernommen, was schon viel Verantwortung bedeutet, aber auch kleinere Veranstaltungen wie Fußball- und Volleyballturniere oder Kinderveranstaltungen unter dem Motto „der Nachwuchs präsentiert sich“ werden im Rahmen des Heimattags sehr gut angenommen.

Gibt es mehrere Altersgruppen bei der SJD?

Ja. Wir versuchen, für jede Altersgruppe spezifische Veranstaltungen anzubieten – für die ganz Kleinen gibt es zum Beispiel bundesweit das Ostereierfärben oder das Plätzchenbacken kurz vor Weihnachten. Parallel versuchen wir, mit interessanten Seminaren mehrere Altersgruppen gleichzeitig anzusprechen.

Welches sind eure Pläne für das laufende Jahr?

Im März gibt es in Dinkelsbühl das Vorbereitungsseminar für den Heimattag mit dem SJD-Frühlingsball und dann, in mehreren Städten, das erwähnte Ostereierfärben. Im Juli organisieren wir das Föderationsjugendlager in Deutschland, im August sind wir beim Tag der Offenen Tür der Peter-Maffay-Stiftung in Radeln und im Oktober veranstalten wir den Jungsachsentag, den Volkstanzwettbewerb und den Herbstball in Wiehl.

Was motiviert die jungen Leute überhaupt, mitzumachen? Ist es die siebenbürgische Identität oder eher die Tatsache, dass es Spaß macht und dass viele Freunde dabei sind?

Es ist mit Sicherheit beides. Früher in Siebenbürgen hat uns unser Zusammengehörigkeitsgefühl ausgezeichnet, man hat dort die guten wie die schlechten Zeiten zusammen durchgestanden, und in den guten Zeiten hat man natürlich schön gefeiert. Auch in der SJD sind wir auf einer Wellenlänge und haben gemeinsam großen Spaß. Ein Zeichen dafür ist die Tatsache, dass in den Tanzgruppen nicht nur Mitglieder mit siebenbürgischen Wurzeln mitmachen. In der Siebenbürgischen Jugendtanzgruppe München tanzen beispielsweise auch ein einheimischer Münchner und eine Ukrainerin, sie treten in siebenbürgischer Tracht auf und sind regelmäßig bei Proben und Seminaren dabei. Es ist also auch nicht „nur“ die siebenbürgische Identität, die uns zusammenhält. Unter uns sind übrigens immer weniger Leute, die dort geboren sind. Die Jugendlichen, auf die wir uns jetzt vermehrt fokussieren, sind alle in Deutschland geboren.

Wie stark ist dann noch der Bezug zu Siebenbürgen? Waren die meisten SJD-Mitglieder schon einmal da?

Die meisten waren schon häufiger in Siebenbürgen. Es gibt viele, die jährlich oder alle zwei Jahre dahin fahren. Es kann schon sein, dass der eine oder der andere noch nicht da war, aber das kommt sehr selten vor. Wir hoffen, dass wir diejenigen dazu anregen können, einmal in unsere gemeinsame Heimat zu fahren.

Eine etwas persönlichere Frage: Wo fühlst du dich „zu Hause“? In Siebenbürgen oder in Deutschland?

Ich habe im vergangenen Sommer nach mehreren Jahren wieder meinen Heimatort in Siebenbürgen besucht, während auch meine Großeltern dort waren. Als ich das Haus betrat, war es, als wäre ich vor drei Wochen das letzte Mal dort gewesen. Selbstverständlich fühlt man sich in Deutschland dann doch etwas mehr „zu Hause“, weil man dort die meiste Zeit verbringt. Aber die Wurzeln waren in Siebenbürgen und werden immer hier bleiben.

Arbeitet die SJD mit den deutschen Jugendorganisationen in Siebenbürgen zusammen?

Wir haben vor, in der nächsten Zeit eine Veranstaltung in Siebenbürgen zu organisieren. Wir wollen das Wissen, das wir uns als Organisation in Deutschland aufgebaut haben, zur Verfügung stellen und von den jungen Menschen in Siebenbürgen erfahren, wie sie ihre eigene Tätigkeit gestalten. Es ist sehr wichtig, sich auszutauschen, Tipps und Ideen zu geben, Anregungen zu bekommen. Heutzutage sind Netzwerke und internationale Veranstaltungen ein großer Pluspunkt.

Sind Details über das bevorstehende Föderationsjugendlager in Deutsch-land bereits spruchreif?

Das Föderationsjugendlager findet vom 3. bis 17. Juli statt und ist unsere größte Herausforderung in diesem Jahr. Es wendet sich an Jugendliche von 16 bis 21 Jahren aus den Ländern der Föderation: Deutschland, Österreich, Rumänien, den USA und Kanada. Wir sind noch tief in der Planung, freuen uns aber schon riesig darauf. So schließt sich auch für mich der Kreis, denn dank eines Föderationsjugendlagers bin ich dazu gekommen, und jetzt möchte ich diese Erfahrung möglichst vielen jungen Siebenbürger Sachsen weitergeben. Den Kontakt, den man über Grenzen hinweg zu Gleichgesinnten aufbaut – den nimmt einem keiner.