Diktator Daddys Megateleorman

Heute müssten wir erfahren, welches das überlang hinausgezögerte Urteil ist, das im Prozess gegen den PSD- und Abgeordnetenkammerchef fällt. Nach all dem (medialen, psychologischen, politischen) Druck und bei den Risiken, denen die (überbezahlten) Richter [1] ausgesetzt sind – einschließlich den öffentlichen Drohungen des Angeklagten Dragnea, der zunehmend zum Diktator mutiert – sollte man davon ausgehen, dass er, trotz offensichtlichem Amtsmissbrauch, freigesprochen wird. Anders könnte es kaum sein, denn bei einer noch laufenden Verurteilung auf Bewährung wäre eine neuerliche Verurteilung fatal: Er müsste beide Strafen im Gefängnis absitzen. Welcher Richter tut ihm das an?

Im teleormanischen Staat, dessen Aufbau wir seit anderthalb Jahren erleben, wurde der „Parallelstaat” das, was für Stalin „die Trotzkisten” waren und für Hitler „die Juden” (verallgemeinernde Feindbilder, in welche alles passt, was den Machtinhabern nicht passt). In diesem Staat, wo zudem die Strafgesetzgebung vorbeugend so verharmlost wurde, dass ihre Abschreckungskomponente verschwand, hier kann sich Diktator Daddy Dragnea vor einer Verurteilung sicher fühlen. Die „rote Pest“ hat die Demokratie und den Rechtsstaat besiegt.

Auf einem seiner TV-Haussender konnte Dragnea wiederholt ankündigen, was er eh schon immer beabsichtigt zu haben scheint: Er werde „das Land von Ratten säubern“. Die „Ratten“, das sind die Angehörigen der bürgerlichen Gesellschaft, Staatsanwälte, die seine Clique und ihn filzen wollen, Richter, die ihn möglicherweise zu verurteilen gedenken (die das längst getan haben müssten...), die NGOs („Wir werden mal genauer hinsehen, woher deren Geld kommt!”), kritische Journalisten, Präsident Johannis. Was Dragnea nicht zu wissen scheint: Ratten sind hochintelligente Tiere...

Auffällig ist die Zahl der „Zufälle“ der vergangenen Monate: die Entscheidung des PSD-nahen Verfassungsgerichts, die den Präsidenten unter Zugzwang setzt, die Zuspitzung der politisch-medialen Kampagne zu Themen wie „Missbräuche der Justiz“ und „Protokolle der Justiz mit dem Inlandsgeheimdienst“, die Verwässerung des Strafgesetzbuchs zugunsten der Gesetzesbrecher – all das zeigt Kalkül und wohlberechnete Schritte in Richtung Maßschneiderung von Gesetzesartikeln auf hochgestellte Gesetzesbrecher, die in der Lage sind, vor einem eventuellen Strafvollzug, im Eigeninteresse, sich die Gesetze so zurechtzubiegen, dass sie für sie harmlos werden. Die Bedrohung des Rechtsstaats, die Dragnea und seine Clique sich in der Öffentlichkeit leisten, gegen die Vertreter der Justiz, gegen den Präsidenten, sind beispiellos. Sie bestätigen unbezweifelbar: Diese Leute haben keine Angst mehr vor einer Abstrafung ihrer öffentlichen Drohauftritte. Sie haben ihr Ziel erreicht: Der Staat ist voll und ganz in ihrer Hand, mit allen seinen Instrumenten. Hier kann ihnen nichts mehr passieren. Wir erleben die Diktatur der straffälligen Saubermänner, die sich auf eine ignorante und manipulierbare Masse stützen.

Präsident Johannis steht unter Zugzwang. Erster Schachzug: die Nominierung eines Kandidaten aus den Reihen der PSD, der nicht dem Intimi-Kreis Dragneas angehört. Aber dem Druck zur Gegenattacke seitens des Präsidenten, den die PSD herausgefordert hat, ist damit noch nicht Genüge getan. Nur: Der Spielraum, über den Johannis verfügt, ist minimal. Ob der Präsident über jene cleveren Berater verfügt, die für ihn diesen schmalen Handlungsgrat abstecken?

Wie dem auch sei: Er muss tun, was er, nach seinem bisherigen Agieren zu urteilen, überhaupt nicht mag. Er muss direkt in den politischen Kampf einsteigen. Dass er das weiß, zeigen seine jüngsten Auftritte: Johannis ist viel entschiedener, viel bissiger. Ob das auch die Ignorierung des Entscheids des Verfassungsgerichts impliziert?

Es wird wohl zum Muss, mit allen Risiken – bis hin zu einen Enthebungsreferendum.

[1] Die höchste Rente in Rumänien bezieht ein Ex-Richter, mit rund 56.000 Lei. Er selber hat für eine Rente von 3200 Lei Beiträge gezahlt. Den Rest schenkt ihm monatlich der Staat – von unseren Steuern... Man darf erraten, was ein Richter tut, wenn ihm vor der Rente der Ausschluss aus dem Stand droht.