Ein Besuch im Kuriositätenkabinett Piaţa Victoriei 1

An die Regierung Dăncilă sind keine Erwartungen zu knüpfen

Als Petre Daea, der, nach eigenen Aussagen, 1970, mit 21 Jahren, der Kommunistischen Partei aus Überzeugung beigetreten ist, im Januar 2017 zum Landwirtschaftsminister des Kabinetts Sorin Grindeanu ernannt worden ist, haben sich viele gefragt, was der tolpatschige ehemalige Parteiaktivist mit seinen wirren Ideen und seiner hilflosen Ausdrucksweise auf der Regierungsbank sucht. Sicher, mit kaum einem Minister der Grindeanu-Regierung war eine Hoffnung zu verknüpfen, doch Daea war von Anfang an einer, über den sich viele lustig machen konnten. Dann warf Dragnea seinen peinlichen Premierminister über Bord und die Sozialdemokratische Partei hatte schon ihr zweites Kabinett innerhalb von sechs Monaten. Mit Mihai Tudose an der Spitze, an den für bloß zwei Taten erinnert werden muss: für das unglaubliche Chaos, in das er und sein Finanzminister Ionu] Mi{a Rumäniens Steuerordnung und einen großen Teil der Wirtschaft gestürzt haben, und sein entnervter Rücktritt Mitte Januar. Seiner Regierung gehörte Petre Daea weiter an, unter den Ministern des Tudose-Kabinetts war der Oberfarmer des Landes einer der wenigen, der trotz allem etwas von seinem Fach zu verstehen schien.

Und nun? In der neuen rumänischen Regierung, die als erste nominell von einer Frau geführt wird, ist Landwirtschaftsminister Petre Daea eine wahre Lichtgestalt. Eine Hoffnung. Einem, dem das Volk vertrauen müsste. Zweifelsohne, für die große Masse der PSD-Anhänger, für alle, die irgendwann der RKP aus Überzeugung beigetreten sind und weiterhin glauben, dass nur die PSD das Land zu regieren hat, weil sonst die jüdisch-ungarische-amerikanische Weltverschwörung es zerstört, für all jene also, macht es Daea richtig.

Was sollen aber alle anderen glauben? Na ja, Alternativen gibt es kaum, alles ist relativ. Tatsächlich ist es so, dass es unter den Ministern der Regierung Vasilica Viorica Dăncilă welche gibt, die von Daea lernen müssten. Zumindest wie man ein paar halbwegs verständliche Sätze zustande bringen kann, ohne sie wie ein kreidebleicher, stotternder Drittklässler von einem Blatt ablesen zu müssen. Wie zum Beispiel Wirtschaftsminister Dănuţ Andruşcă, der bei der Anhörung im Parlament den Klassendümmsten abgegeben hat. Was Andruşcă von Rumäniens Wirtschaft versteht, kann keiner sagen, was er vorhat, auch nicht. Er selbst scheint es nicht zu wissen, obwohl er bereits ein Ministerium leitet, das unter anderem für die Reindustrialisierung des Landes zuständig sein soll. Eine andere Gestalt, auf die gebaut werden kann, ist der Verkehrsminister. Lucian [ova glaubt, seine Zeit ist zu kostbar, um sie mit langen Fahrten zu den Autobahnbaustellen zu vergeuden, das können andere tun. Hätte sein Ministerium in den vergangenen drei Jahrzehnten besser gewirtschaftet, müsste der Minister selbstverständlich keine so langen Fahrten in Kauf nehmen. Auf diesen Gedanken ist Lucian Şova nicht gekommen, aber das ist selbstverständlich Nebensache. Was er nicht gesagt hat, ist, was denn für ihn wichtig genug wäre, um seine so kostbare Zeit in Anspruch nehmen zu dürfen.

Das dritte PSD-ALDE-Kabinett ist auch mit anderen derartigen Figuren besetzt, aber weil auch die Zeit des Lesers kostbar ist, müsste man hier nur noch den Bildungsminister erwähnen. Valentin Popa heißt er, seit 2012 ist er Rektor der Universität von Suceava. Er löst Liviu Pop ab und beweist eindringlich, dass man nur über wenig Bildung verfügen muss, um das Bildungsministerium zu leiten. Valentin Popa scheitert bereits an der rumänischen Sprache, sie scheint für ihn eine schwer zu nehmende Hürde zu sein. Dass ihm so viele Rektoren zur Hilfe geeilt sind und einen öffentlichen Unterstützungsbrief aufgesetzt haben, beweist vor allem eins: Dass man dringend mindestens zwei Dutzend Staatsuniversitäten schließen muss, weil sie dem Land und den jungen Generationen schaden. Sie sind Horte der Unbildung und der Schlamperei, sie verkaufen den Studierenden Illusionen und beschäftigen Scharen von Professoren und Dozenten nach dem Ebenbild des Bildungsministers und seiner Befürworter.

Man muss sich also fragen, wie diese Regierung gebildet wurde. Wie ist denn die Personenauswahl getroffen worden? Die Antwort ist einfach: Dragnea, der Parteivorsitzende, hat das Kabinett so zusammengebastelt, dass seine Freunde und Helfer in den Kreisverbänden, denen er große Aufmerksamkeit schenken muss, glücklich sind. So haben diese ihre Vasallen, ihre Kinder, ihre Freunde und Verwandten nach Bukarest geschickt, auf dass sie in der Hauptstadt für sie arbeiten und auf ihre Wünsche eingehen. So erklärt es sich zum Beispiel, warum Rektor Popa im Bildungsministerium gelandet ist, warum Andruşca dem Wirtschaftsministerium vorsteht oder warum die junge Abgeordnete Ioana Bran, Tochter eines Sathmarer Schnapsherstellers, das Ministerium für Jugend und Sport leitet.

Insofern kann man das vom Parlament angenommene Regierungsprogramm vergessen, es enthält sowieso nur leere Versprechen, an die kein vernünftiger Mensch glauben kann. Dass Dragnea das Programm und dessen Autor, den großen Fachmann der PSD, Darius Vâlcov, so eindringlich lobt, darüber kann nur noch gelacht werden. Denn auch wenn das Programm objektiv umsetzbar wäre, wer soll das machen? Andruşca, Popa und Şova? Lia Olguţa Vasilescu, die Arbeitsministerin? Mehr als 600.000 neue Arbeitsplätze verspricht die PSD, das Kabinett will wohl 600.000 Menschen überzeugen, nach Rumänien zu kommen. Ob Chinesen, Vietnamesen, Südamerikaner oder Afrikaner, das ist nicht so wichtig. Mit allen wäre es wahrscheinlich leichter als mit den Auslandsrumänen, denn die wird Lia Olguţa Vasilescu nur schwer überzeugen können, für 350 Euro im Monat in einer rumänischen Fabrik zu arbeiten.

Die Zusammensetzung der Regierung ist also interessanter als das Programm. Es spielt überhaupt keine Rolle mehr, dass einige Minister strafverfolgt werden, dass einige ohne jeden Zweifel überhaupt keine Fachkenntnisse besitzen und von ihrem Amt so gut wie gar nichts verstehen, dass sie von dubiosen Strippenziehern abhängig sind und höchst-wahrscheinlich Monate brauchen werden, bis sie halb-wegs begreifen, wie die ihnen unterstellte Verwaltung überhaupt funktioniert. Und das gilt auch für die friedliebende Premierministerin Dăncilă, die Hausfrau aus Videle, die neun Jahre lang im Europaparlament gesessen und nicht einmal richtig Englisch gelernt hat. Wichtig ist, dass die Dame und ihre Ministerinnen und Minister eng vereint um Liviu Dragnea für das Wohl des Landes arbeiten. Dafür reicht sicherlich, dass sie sich in Volkstrachten anziehen, ein Selfie schießen, es auf Facebook hochladen, mit dem Logo der Jahrhundertfeier versehen und darunter schreiben „cumpăraţi produse româneşti“. Mehr muss gar nicht getan werden, das Volk ist sicherlich zufrieden. Es bleibt nur zu hoffen, dass der ehemalige Finanzminister der Ponta-Regierung, Eugen Teodorovici, und Vizepremier Viorel [tefan das Chaos in der Steuerordnung bewältigen und für ein bisschen Ruhe sorgen. Mehr sollte man von dieser Regierung nicht erwarten.

Bei der Amtseinführung des Kabinetts hatte Präsident Klaus Johannis gewarnt, die Justiz sei die rote Linie, die man nicht überschreiten solle. Die Regierung solle sich mit ihren umstrittenen Reformplänen zurückhalten. Das wird die Regierung Dragnea – Tăriceanu (Grindeanu, Tudose, Dăncilă, was auch immer) nicht machen. Sie hat diese Linie längst überschritten, weil sie genau weiß, dass der Präsident zwar droht, aber kaum eine Drohung auch praktisch umsetzen kann. Gerade deshalb hat sie auch in zahlreichen anderen Bereichen bereits viel Übel angerichtet, ohne sich um die Europäische Kommission, den Präsidenten auf Schloss Cotroceni, die angebliche PNL-USR-Opposition oder den Menschen auf der Straße zu kümmern. Das Übel ist aber schön eingepackt, in Rot-Gelb-Blau und in Volkstracht. La blouse roumaine, wie es heißt. Das Land wird zu einem schönen, großen Landkreis. Er heißt Teleorman.