Ein Dorf geerbt – Deal gerät ins Wanken

Antikorruptionsbehörde DNA: Verdacht auf Fälschung und Betrug

Ein seit Jahren als „unwiderruflich“ verkündetes Gerichtsurteil ist jetzt ins Wanken geraten. Die Antikorruptionsbehörde DNA ermittelt nämlich in einem Betrugsfall, in dem es um die Erbschaft einer Familie geht, der praktisch ein ganzes Dorf rückerstattet wurde. 8700 Hektar Wald, Acker- und Weideland hatte das Gericht einer Familie im Dorf Nadăş (Gemeinde Tauţ) im Verwaltungskreis Arad per Restitutionsgesetz zugesprochen. Um 101 topografische Eintragungen soll es sich dabei handeln. Bürger im Ort nannten sich nach der Urteilsverkündung „Leibeigene im eigenen Dorf“.

Erbschaft wurde veräußert, nicht enteignet

Die begüterte Familie Colţeu belegte jedoch mit Dokumenten, dass sie die Erbschaft einer Frau angetreten habe, die als Nachfahrin des ehemaligen Grafen gilt, dem der Großteil die Ländereien im Weichbild von Nadăş gehörten. All diese Aspekte widerlegen nun die Ermittler der DNA. Grafologische Auswertungen beweisen, dass das Eigentumsrecht infolge gefälschter Papiere verkündet worden ist, nachdem zuvor angeblich sogar Gehöfte auf der Liste der Gerichtsvollzieher gestanden hatten. Die Familie Colţeu hatte einige Jahre lang die betagte Ecaterina Mairovitz betreut, die als Erbin der Güter bei Nadăş galt. Diese hatte, bevor sie 93-jährig verstarb, ihre im Prozess befindlichen Rechte an die Familie Colţeu übertragen. Ecaterina Mairovitz habe jedoch nichts mehr zu erben gehabt, denn der Vorbesitzer habe die in Frage kommenden Ländereien bereits im Jahr 1939 veräußert, sagt Stelian Lupu, Anwalt der Bürger von Nadăş, die den Rechtsstreit mit den angeblichen Erben aufgenommen haben. In jenem Jahr hat es eine öffentliche Ausschreibung gegeben, wonach die Grundstücke verkauft wurden, sagt der Anwalt Stelian Lupu. Demnach wäre eine Enteignung durch den kommunistischen Staat nicht möglich gewesen. Er setzt fort, dass es spezifische Belege dazu gibt und der Besitzerwechsel sei auch im Grundbuch vermerkt. Man müsse sich fragen, „warum die Richter diesen Papieren nicht Rechnung getragen haben, genauso wie Präfektur und Arader Forstamt diese Dokumente nicht in Betracht zogen, obwohl sie doch theoretisch das Interesse des Staates vertraten“, sagt Stelian Lupu Mediafax gegenüber. Zunächst hatte die Familie Colţeu ein Haus geerbt, das ihr die verstorbene Ecaterina Mairovitz hinterlassen hatte. Zum Testament gab es jedoch einen Anhang, der Colţeu als Erben von genau 8762 Hektar Land einsetzt.

DNA: Papiere sind gefälscht

Nun haben Ermittler der Antikorruptionsbehörde grafologische Gutachten vorliegen, die beweisen, dass die Restitution aufgrund von Fälschungen erfolgte. Gerade der Anhang basiere auf Fälschungen, so die DNA. So hat die Regionalbehörde der DNA mit Sitz in Temeswar/Timişoara, eine Strafakte gegen mehrere Privat- und Rechtspersonen verfasst, wobei es um Amtsmissbrauch, Fälschung und Anstiftung zu Fälschungen geht. Der Anwalt Stelian Lupu sagt, er habe eigentlich erwartet, dass die Staatsanwälte der DNA letztendlich diese Fälschungen erkennen würden. Bereits Ende Februar hat die DNA Hausdurchsuchungen in zwei Notariaten in Arad sowie im privaten Forstunternehmen der Familie Colţeu vorgenommen. Es besteht der Verdacht, dass sich mehrere Personen der Korruption schuldig machen, die insgesamt einen Schaden von etwa 21 Millionen Euro ergibt. Namentlich genannt wird das Notariat des Araders Adrian Vlai. Der Familie Colţeu wurde durch Gerichtsbeschluss untersagt, weiterhin Holz in dem Wald zu schlagen, den sie derzeit ihr Eigen nennt.

Die Bürger stellten nicht nur die Eintragung der landwirtschaftlichen Nutzflächen im Weichbild ihrer Gemeinde in Frage, sondern auch die Art, wie die als freie Nutzflächen angegebenen Grundstücke zum Eigentum der Familie werden konnten, da auf manchen sogar Wirtschaften von Ortsbewohnern standen. Aus dem Kreis der Familie hieß es bereits 2012, dass das Eigentumsrecht auf alle in Frage kommenden Flächen eine Erbschaftsangelegenheit sei, ein Erbrecht, das letzten Untersuchungen nach scheinbar nicht gegeben ist. Nicht zuletzt war nach dem Verkauf der Ländereien von 1939 eine Enteignung durch den kommunistischen Staat und somit auch eine Rückgabe nicht mehr möglich. Durch einen Gerichtsbeschluss von 2006 des Gerichtes in der Kleinstadt Ineu wurde auf den Namen der Familie Colţeu praktisch die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche der Ortschaft Nadăş ins Grundbuch eingetragen, ein Dorf mit 1200 Einwohnern.