Ein Leben im Dienst der Musikklänge

Erinnerungen des Kronstädter Orgelbauers Karl Einschenk im Schiller-Verlag erschienen

Die Herausgeberin Ursula Philippi bei der Buchvorstellung in der Musikwerkstatt.
Foto: die Verfasserin

„Ich will versuchen, meine Erlebnisse, angefangen von meiner frühesten Jugend, niederzuschreiben. Vielleicht wird eines von meinen Kindern oder Enkeln daran ein Interesse oder Neugierde befriedigen, wenn sie lesen, was ein Mensch durchmachen muss, wenn er von seiner frühesten Jugend mehr oder weniger selbst auf sich angwiesen ist“.

Zahlreiche Orgeln, die bis heute gespielt werden, und eine Musikinstrumentenwerkstatt, die seit 120 Jahren besteht, zeugen vom Tatendrang des Kronstädter Orgelbauers Karl Einschenk (1867-1951). Er war bis ins hohe Alter in seinem Unternehmen tätig,  sah sich aber gleichzeitig mit schmerzvollen Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges konfrontiert.

Im Jahr 1942 begann er mit der Niederschrift seiner Jugenderinnerungen. 75 Jahre später erscheinen diese im Buch „Dass die höchsten und tiefsten Accorde schön harmonieren. Erinnerungen des siebenbürgischen Orgelbauers Karl Einschenk“ (Schiller-Verlag Hermannstadt), herausgegeben von Ursula Philippi und Christine Chririac. 

Am Montag, dem 4. Dezember, wurde das Buch im Rahmen einer Veranstaltung in der Schwarzgasse Nr. 50 vorgestellt.

Ein wichtiges Zeitdokument

Die beiden Herausgeberinnen haben die Aufzeichnungen des Orgelbauers mit Erinnerungen seiner Angehörigen ergänzt. Die Idee zum Buch hatte Ursula Philippi, Christine Chiriac half bei der Recherche und hat versucht, so viele Menschen wie möglich zu finden, die sich an Karl Einschenk erinnern.

Bei der Buchvorstellung las Ursula Philippi aus den Erinnerungen des Orgelbauers vor. Dabei wurde den Anwesenden klar, dass es hier nicht nur um das Leben eines Menschen geht, der bis ins hohe Alter rastlos tätig war und sich seiner Leidenschaft gewidmet hat, sondern auch um ein wichtiges Zeitdokument.

Karl Einschenk war gerade sechs Jahre alt, als 1873 in Kronstadt die erste Eisenbahn eingeführt wurde. „Es war eine ganze Völkerwanderung zum Bahnhof. Dieser war sehr weit fort von der Stadt. Ich ging mit meinem Vater auch hinaus, Wunder schauen. Viel habe ich nicht mehr im Sinn. Es waren sehr viele Leute. Nach einer Weile kam etwas Großes, Schwarzes. Es gab viel Blumen und Fahnen, aber schrecklich viel Rauch, recht stinkiger, und dann ein langes Pfeifen, recht laut, dass sich die Leute die Ohren zuhielten, dann viel Geschrei und einer redete etwas. Für wen, wusste ich nicht. Wieder viel Geschrei, Hurra und Vivat, dann gingen wir mit Vater und vielen Leuten heimwärts. Alles brummte und schimpfte, warum, konnte ich nicht begreifen!“

Eine Tradition, die seit 120 Jahren besteht

Einschenk war erst 14 Jahre alt, als er als Lehrling in die Werkstatt des Kronstädter Orgelbauers Joszef Nagy kam. Er lernte auf einer fast zehnjährigen Wanderschaft Werkstätten in Budapest, Wien, Regensburg und Luzern kennen. Danach kehrte er nach Kronstadt zurück und gründete seinen eigenen Betrieb. Die von ihm gegründete Kronstädter Werkstatt in der Schwarzgasse Nr. 50 befindet sich seit über 120 Jahren im Familienbesitz. Auf dem Haus, das eine wichtige Adresse für alle Musikbegeisterte ist, steht geschrieben: „Musikinstrumente Einschenk, gegründet 1896“. Das Unternehmen wird heute von Arnulf Einschenk, dem Enkel des Gründers, betrieben.

Und auch die Urenkel von Karl Einschenk führen die musikalische Tradition der Familie fort. Sigrid, Martin und Jonathan Arvay gestalteten mit Adventsliedern den musikalischen Rahmen des Abends. Anschließend hatte das Publikum die Gelegenheit, durch die Räumlichkeiten über der Werkstatt zu gehen und die sogenannte „Klavierkiste“ zu besichtigen. In den Zimmern, die den Charme und Zauber der früheren Zeit behalten haben, stehen noch Möbel, die Karl Einschenk selbst gezimmert hat. „Ich hätte ihn gern kennengelernt“ meint die Herausgeberin Ursula Philippi. Durch sein Werk, das er seinen Nachfolgern überlassen hat, wird Karl Einschenk nie vergessen sein.

Ein Gespräch mit den Herausgeberinnen Ursula Philippi und Christine Chiriac folgt in einer nächsten Ausgabe der Karpatenrundschau.