„Ein Schlüssel zu unserer Erbschaft“

Festlichkeit anlässlich des Erscheinens des wissenschaftlichen Bestandskatalogs „Liturgische Gewänder in der Schwarzen Kirche zu Kronstadt“

Drei der liturgischen Gewänder aus dem Textilienschatz wurden im Chorraum der Schwarzen Kirche ausgestellt.

In der Sakristei, wo die Paramente gelagert sind, gab Dr. Evelin Wetter Erklärungen über das ausgestellte Gewand.

Dr. Agnes Ziegler, Leiterin des Denkmalressorts des Stadtpfarramtes, referierte ausführlich über die Geschichte der Schwarzen Kirche.

Botschafter Jean-Hubert Lebet (links) im Gespräch mit Stadtpfarrer Christian Plajer.

Konsulin Judith Urban sprach ihre Anerkennung für den Abschluss des Projektes aus.
Fotos: Dieter Drotleff

Im Rahmen der Festveranstaltung anlässlich des Erscheinens des Bestandskatalogs „Liturgische Gewänder in der Schwarzen Kirche zu Kronstadt in Siebenbürgen“ die am Samstagabend in dem großen Saal des Kulturzentrums Redoute stattgefunden hat, bezeichnete Stadtpfarrer Christian Plajer das Ergebnis dieses Forschungsprojektes als einen Meilenstein für unsere Kirche. „Der Katalog ist ein Schlüssel zu unsere Erbschaft“ betonte er. Dadurch sind die liturgischen Gewänder aus dem Bestand der Schwarzen Kirche  wieder ans Licht gekommen, beginnen zu sprechen.

Das Projekt ist eines der umfassendsten Vorhaben der Honterusgemeinde der letzten Jahrzehnte und konnte in diesem Jahr abgeschlossen werden. Das auch in Anbetracht des 500-jährigen Jubiläums seit Durchführung der Reformation, das 2017 begangen wird. Heuer steht das Thema „Bild-Bibel“ im Vordergrund.

Aufs Herzlichste begrüßte Stadtpfarrer Plajer  die zahlreichen in- und ausländischen Gäste, den Botschafter der Schweiz in Bukarest, Jean-Hubert Lebet, die Konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, Judith Urban; dankte diesen zugleich für die Unterstützung die dieses Projekt erfahren hat. Botschafter Lebet betonte, dass die Forscherinnen von der schweizerischen Abegg-Stiftung eine hervorragende Leistung  in Zusammenarbeit mit der Kronstädter Kunsthistorikerin Dr. Agnes Ziegler geleistet haben. Konsulin Judith Urban betonte, froh zu sein, dieses wunderbare Projekt durch das diese Textilien zum Leben, zum Reden gebracht wurden, unterstützt zu haben. Das Grußwort des Bischofs der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, Reinhart Guib, der darin seinen Dank  der Kronstädter Kirchengemeinde, dem Denkmalressort, der Abegg-Stiftung aussprach, verlas der Kirchenkurator des Kronstädter Kirchenbezirkes, Ortwin Hellmann.  Dr. Agnes Ziegler betonte, dass diese liturgischen Gewänder  viele Jahre in einem Wandschrank verschlossen geblieben waren, um nicht eventuell in den Jahren des totalitären Regimes beschlagnahmt zu werden. Sie würdigte Era Nussbächer (1913 – 2003) die 25 Jahre als Restauratorin gearbeitet hat, die Gewänder wieder ans Licht gebracht und fachliche Eingriffe an ihnen vorgenommen hat. Sie war es, die die Kunde von diesen wertvollen liturgischen Gewändern  in die Welt hinausgetragen hat, betonte Dr. Regula Schorta, Direktor der Abegg-Stiftung in Riggisberg in der Schweiz die seit 50 Jahren besteht.     

Prof. emer. Dr. Ernö Marosi aus Budapest, Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, hielt den viel beachteten Festvortrag „Stichwörter: Kronstadt, Erbgemeinschaft“, in dem er auf die zahlreichen Kulturinterferenzen im Laufe der Jahrhunderte zwischen Kronstadt und anderen Städten Siebenbürgens und in Europa einging. Musikalisch untermalt mit Barock-Musik wurde der Abend von den Darbietungen des „Quartetto Brassovia“.

Die Festlichkeiten fanden ihre Eröffnung am Samstag Vormittag, dem 6. Juni, in der Schwarzen Kirche, wobei die anwesenden Gäste in Gruppen den Ausführungen von Dr. Evelin Wetter in der Sakristei folgen und ein weiteres Parament betrachten konnten, außer den drei Gewändern, die im Chorraum ausgestellt waren. Diese Sammlung der liturgischen Gewänder ist da in einem Sonderschrank untergebracht, der von der Orgelwerkstatt in Honigberg speziell dafür angefertigt wurde. Auch sind in der Sakristei die erforderlichen klimatischen Voraussetzungen geschaffen, Konservierungsmaßnahmen wurden getroffen. Wie Dr. Wetter betonte, hat Stadtpfarrer Christian Plajer 2002 zum ersten Mal  Zugang zu den Paramenten geboten, die im Pfarramt aufbewahrt waren.  Ein Grundinventar wurde aufgestellt, auf Grund dessen auch der Schrank bestellt wurde, der sich seit 2006 in der Sakristei befindet. Der Bestand an liturgischen Gewändern in der Schwarzen Kirche gehört zu den fünf wichtigsten derartigen Sammlungen in Europa und hat künstlerische, konfessionelle, wirtschaftliche Dimensionen.

Die zahlreichen Anwesenden konnten auch einen Blick werfen in den Bestandskatalog „Liturgische Gewänder in der Schwarzen Kirche zu Kronstadt in Siebenbürgen“, der dieses Jahr unter besten drucktechnischen Voraussetzungen in der Schweiz herausgebracht wurde. Es gab auch die Möglichkeit, diesen Band zu kaufen. Der Katalog umfasst sechs wissenschaftliche Abhandlungen, deren Autorinnen Dr. Evelin Wetter, Dr. Agnes Ziegler und Corinna Kienzler sind und die darin Bezug auf die Geschichte Kronstadts, der Schwarzen Kirche, deren Textilienschatz nehmen. Die zahlreichen Illustrationen bieten Einblick in die Details dieser Gewebe. Der Band ist das Ergebnis einer intensiven fünfjährigen Forschungsarbeit, die 2009 eingeleitet worden ist.

„Die Kirchengemeinde steht nun in der Verantwortung, weiterhin im Sinne dieses beispielhaften Einsatzes zu handeln und den konfessionellen Bekenntnischarakter dieses Schatzes für ihren Verkündigungsauftrag in der heutigen Zeit in Anspruch zu nehmen“, betont Stadtpfarrer Christian Plajer im „Geleit“ zum Band. Der Bestandskatalog über die Kronstädter Paramente ist die dritte derartige Veröffentlichung der Stiftung. Im Vorwort des Katalogs betont Dominik Keller, Präsident des Rates der Abegg-Stiftung: „Es ist uns eine große Genugtuung, dass die Abegg-Stiftung nach den Büchern über die Paramenteschätze in Brandenburg und Stralsund jetzt auch einen Band über den Schatz der Schwarzen Kirche in Kronstadt vorlegen kann“. Die größten Sammlungen liturgischer Gewänder bestehen in Halberstadt, Danzig, Stralsund, dem Brandenburger Dom. Der aufliegende Katalog der in deutscher Sprache verfasst ist, umfasst noch einen Band mit Zusammenfassungen in rumänischer, ungarischer und englischer Sprache.

Nach der Mittagspause fand man sich im Chorraum der Schwarzen Kirche ein, wo die Autorinnen der wissenschaftlichen Referate weitere Details über ihre Forschungsarbeit boten, auf die Bedeutung dieser Textilienschätze hinwiesen. Eingeleitet wurde die Begegnung mit einer kurzen Andacht. Steffen Schlandt bot zwischendurch an der restaurierten Repser Orgel Musikeinlagen aus vergangenen Jahrhunderten; Pfarrer Walter Gottfried Seidner las Originalzitate aus mittelalterlichen Chroniken als Ergänzung zum von Dr. Agnes Ziegler gehaltenen Referat vor, und ging auf das Schaffen des Schriftstellers und Theologen Damasus Dürr (1535 – 1585) ein. Dr. Evelin Wetter gab weitere Details über einige der schönsten Messgewänder in der „schönsten Kirche im Sachsenland“, wie sie betonte. Sehr ausführlich ging dann Dr. Agnes Ziegler ein auf die Geschichte der Schwarzen Kirche ab Baubeginn, auf die Zeit der Einführung der Reformation, dem großen Brand, auf die Sammlung der Textilschätze, wobei sie auch ein Detail bot, und zwar, dass in einem dieser Gewänder ein 1736 datierter Zettel  mit dem Namen des Schneiders gefunden wurde.

Corinna Kienzler von der Abegg-Stiftung nahm Bezug auf die Vorarbeit, die hier von der Textilienrestauratorin Era Nussbächer vorgenommen wurde. In der auf Initiative von Dr. Ottmar Richter 1973 eröffneten Restaurierungswerkstatt der Hontersgemeinde im Pfarrhaus der Obervorstädter Kirche, hatten Era Nussbächer und ihre Mitarbeiter in ihrer 25-jährigen Tätigkeit  300 anatolische Teppiche aus dem Bestand der Schwarzem Kirche und ganz Siebenbürgens, Messgewänder  restauriert und konserviert. Dafür besuchte sie eine Ausbildung im Museum für Angewandte Kunst in Wien, konnte ihre Kenntnisse auch in Deutschland und der Schweiz erweitern. Als Anerkennung ihrer Tätigkeit wurde ihr im Jahr 2000 der Apollonia-Hirscher-Preis verliehen.
Ein weiteres Projekt der übergreifenden Zusammenarbeit konnte somit mit Erfolg abgeschlossen werden, wobei Anerkennung und Dank dem Denkmalressort des Stadtpfarramtes, der Abegg-Stiftung, dem Presbyterium der Honterusgemeinde ausgesprochen werden muss.