Ein Wahlversprechen, das nun Probleme bereitet

Kronstädter Lokalpolitiker über Gratisfahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln

In den meisten RATBv-Bussen finden die Fahrgäste einen akzeptablen Fahrkomfort vor.
Foto: Ralf Sudrigian

Eines der Wahlversprechen der USL bezog sich auf die kostenlose Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel im Falle der Rentner. Zurzeit erfreuen sie sich in Kronstadt/Braşov einer 50-prozentigen Ermäßigung, sodass für sie eine Fahrt 1 Leu kostet. Vor einigen Jahren gab es bereits Gratisfahrten für Rentner, aber nur in einem bestimmten Zeitabschnitt des Tages. Später wurden die Gratisfahrten auf zehn Fahrten im Monat reduziert, für Rentner mit einer Rente unter 800 Lei.
Nun ist dieses Thema wieder aktuell geworden, wahrscheinlich weil wieder Wahlen anstehen. Der Vorsitzende des Kreisrates Kronstadt, Aristotel Căncescu, gleichzeitig auch Chef des Kreisverbands der Nationalliberalen Partei, forderte in einem Brief an Premier Victor Ponta 10 Millionen Euro für den Kreishaushalt dieses Jahres, um den Kronstädter Rentnern kostenlose Fahrten mit den städtischen Bussen zu ermöglichen. Das sei eine „sozialdemokratische Maßnahme“, gerechtfertigt durch die kleinen Renten und die große Zahl der Rentner, fast 50 Prozent der Bevölkerung des Kreises Kronstadt, so Căncescu. Der liberaldemokratische Bürgermeister von Kronstadt, George Scripcaru, der lange Zeit mit Căncescu bitter verfeindet war, unterstützt nun ausdrücklich diese Forderung.

Im Stadtrat gab es in dieser Sache bisher zwei Vorschläge: Der eine kommt von den Sozialdemokraten. Sie wollen die kostenlose Fahrtmöglichkeit für alle Kronstädter Rentner zwischen 8.30 und 14.00 Uhr durchsetzen. Die Nationalliberalen gingen weiter und ergänzen diesen Vorschlag: Nicht nur die Rentner, sondern all jene, die ein Bruttoeinkommen unter 1500 Lei im Monat haben, sollen gratis mit den RATBv-Bussen fahren. Denn es gebe genügend Nichtrentner, die weniger verdienen, als andere als Rente beziehen. Damit einverstanden erklärten sich auch zwei PDL-Stadtratsmitglieder sowie der PC-Stadtrat Mircea Boriceanu. Mit neun Stadtrat-Unterschriften sollte nun dieser Vorschlag die notwendigen Schritte tun, um auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung zu gelangen. Mehr noch: Auf den Kleinbussen, die zwischen dem Angerplatz, der Postwiese und dem Theater verkehren, also in der Inneren Stadt, sollen alle, sowohl Kronstädter als auch Touristen, kostenlos fahren, schlägt die PNL vor.
Auf ADZ-Anfrage erläuterte Forums-Stadtrat Christian Macedonschi seine Vorschläge zu diesem Thema: Ja für kostenlosen Personentransport, aber nur für jene Rentner, deren Rente unter 500 Lei liegt. Die Gratisfahrten sollen zwischen 9 und 12 Uhr sowie zwischen 16 und 18 Uhr gelten. Auf diese Weise wären die Kosten für den sowieso begrenzten Stadthaushalt tragbar. Was die kostenlose Nutzung der Kleinbusse im historischen Stadtzentrum betrifft, so schlägt Macedonschi vor, diese den Hotelgästen und zukünftigen Parkhausbenutzer anzubieten, um so den Verkehr zu entlasten. Also soll der Parkschein auch als Fahrkarte gültig sein und die Hotelbuchung als Zusatzservice auch die kostenlose Nutzung der Kleinbusse der Verkehrsregie in der Inneren Stadt enthalten.

Die Nationalliberalen kommen auch mit Finanzierungsvorschlägen für ihre Initiative: Die vom Stadtrat getragenen Abteilungen des Sportvereins Corona, die sportlich enttäuscht haben, sollen nicht weiter mit öffentlichen Geldern subventioniert werden. Das betrifft vor allem die Fußballmannschaft Corona – mit Abstand Schlusslicht in der A-Liga und von vielen als „die Schande Kronstadts“ bezeichnet. Eine Mannschaft, die mit 30 Millionen Lei bezuschusst wurde. Geld soll auch beim Management der Verkehrsregie eingespart werden. Diese ist dem Stadtrat untergeordnet, sie könnte aber weiter „abgestuft“ werden und der Direktion für soziale Dienstleistungen des Bürgermeisteramtes angegliedert werden. Eine dritte Quelle wäre eine Gesetzesinitiative, um ein Prozent aus der Sondersteuer für Benzin und Dieselöl für die Subventionierung des öffentlichen Verkehrs in den Großstädten umzuwidmen. Der Kronstädter PNL-Abgeordnete Petre Roman sollte die notwendigen Schritte in dieser Hinsicht tun, wobei er sich auf Unterstützung aller Kronstädter Parlamentarier verlassen soll, forderte PNL-Stadtrat Ciprian Bucur.

Bei der Stadtratssitzung vom 30. April bestanden aber nur noch die sechs PSD-Ratsmitglieder auf ihrem ursprünglichen Vorschlag. Bürgermeister Scripcaru akzeptierte diese Debatte nicht auf der Tagesordnung der Sitzung, weil keine Finanzierungsquelle angegeben sei. Aus Protest verließen die PSD-Räte den Sitzungssaal, was aber die anderen Sitzungsteilnehmer anschließend nicht hinderte, andere Beschlüsse betreffend Verkehrsmöglichkeiten der Rentner zu fassen. So wurde von den 20 verbliebenen Stadträten einstimmig beschlossen, dass alle Rentner mit einer Rente bis 1000 Lei nun 15 monatliche Gratisfahrten in Kronstadt erhalten. Neu dabei ist, dass diese Maßnahme für alle Rentner im Kreis Kronstadt gilt und nicht, wie bisher, nur für die Rentner mit Wohnsitz im Kreisvorort.

Inzwischen können die Kronstädter eine andere Neuheit im städtischen öffentlichen Verkehr wahrnehmen. Der erste Elektro-Bus ist bis gestern auf Testfahrten auf mehreren Verkehrslinien im Einsatz gewesen. Es handelt sich um einen Bus des Modells K 9 des chinesischen Batterieherstellers BYD, der auch in Automotive investiert. Das Fahrzeug kann eine Autonomie von bis zu 180 Kilometern aufweisen, bis die Batterie fünf Stunden lang neu aufgeladen werden muss. Ein Aufladen dürfte also für den Energiekonsum eines Tages auf Kronstadts Straßen ausreichen. Ob dieser umweltfreundliche Bus den Kronstädter Anforderungen entspricht, soll nachträglich untersucht werden, wenn Effizienz und Einsparungen mit den relativ hohen Servicekosten verglichen werden. Wenn alles stimmt, könnten mehrere solche Busse ab 2016 in Kronstadt eingesetzt werden, heißt es seitens der Stadtverwaltung. Vergessen wird dabei, dass man bei RATBv noch über Trolleybusse verfügt und auf diese wohl zu leicht verzichten möchte.