Einblick in die Welt junger Deutscher in Rumänien

Debatte und eine Projektion zum Thema „Schaufenster Enkelgeneration“

Leni Binder in Hermannstadt

Die Hochzeit von Ursula Radu-Fernolend in Weißkirch

Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) organisierte in Bukarest in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Bukarest eine Filmvorführung und eine Debatte mit dem Titel „Schaufenster Enkelgeneration“ über Sprache und Identität junger deutscher Menschen in Rumänien. An der Podiumsdiskussion nach der Projektion haben auch die Hauptgestalten der Filmporträts, Magdalena Binder (Hermannstadt/Sibiu), Ursula Radu-Fernolend (Deutsch-Weißkirch/Viscri), Irene Pîrvu (Temeswar/Timişoara) und Alfred Ludovic Fellner (Oberwischau/Vişeul de Sus), teilgenommen. Christa Ganterer, Leiterin der Sprachabteilung des Goethe-Instituts Bukarest, Dr. Gabriela Ghindea, Projektkoordinatorin beim Goethe-Institut, Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des DFDR, und Benjamin Józsa, Geschäftsführer des DFDR, haben die Partnerinstitutionen vertreten. Die Diskussion moderierte Robert Schwartz von der Deutschen Welle. Anwesend war auch der deutsche Botschafter Cord Meier-Klodt, der die Gäste begrüßte und an die Jubiläen erinnerte, die dieses Jahr gefeiert werden, darunter das 25-jährige Jubiläum des Deutsch-Rumänischen Freundschaftsvertrags und das 10-jährige Jubiläum des Beitritts Rumäniens in die EU.

Dr. Paul Jürgen Porr erinnerte an die Gründung des DFDR 1990: „Die Hälfte der Menschen saß auf gepackten Koffern. Da hat man sich gefragt – für wen und mit wem? Es sind inzwischen 27 Jahre vergangen, das Forum gedeiht“. Ausgestrahlt wurden vier Kurzfilme. „Schaufenster Enkelgeneration“ ist ein internationales Filmprojekt des Goethe-Instituts, bei dem junge Leute aus der deutschen Minderheit porträtiert werden. Im Mittelpunkt stehen vier junge Menschen aus Regionen Rumäniens, wo es eine historische deutsche Minderheit gibt. Durch die visuellen Porträts wird ein kurzer Einblick in die Gefühlswelt ihrer Generation (25-33 Jahre) unter der Fragestellung geboten, welche identitätsstiftende Rolle die deutsche Sprache für sie heute noch besitzt und inwieweit die eigene Mehrsprachigkeit als wertvolles und nutzbringendes Gut in einem immer komplexer werdenden Europa wahrgenommen wird. „Die erste Sprache, die ich gelernt habe, war Siebenbürgisch-Sächsisch. Das ist auch die geläufige Sprache, es ist sozusagen die Sprache, in der wir uns austauschen, in der wir denken, in der wir uns streiten, in der wir uns lieb haben“, meint Ursula Radu-Fernolend, eine junge Frau aus Deutsch-Weißkirch im Kurzfilm, der einem zahlreichen Publikum im Gebäude des Kulturzentrums Arcub präsentiert wurde.

Über Oberwischau sagt Alfred Ludovic Fellner, ein 27-jähriger Mann, in der folgenden Produktion: „Mittlerweile sind viele ausgewandert. Natürlich gibt es aber auch viele hier. Wenn man auf der Straße spazieren geht, dann ist bestimmt jede zweite, dritte Person ein Zipser, mit dem man spontan Zipserisch spricht“. „Ich sehe mich als die neue Generation, die versucht, sowohl die Wurzeln des Geburtslandes als auch die neue Bildung, die man aus dem Ausland hat, jetzt hier in Rumänien wieder miteinzubeziehen und etwas Neues zu gestalten. Für mich bedeutet Sprache eine Brücke zwischen den Menschen und genau so möchte ich sie weitergeben“, erläutert die in Temeswar lebende Übersetzerin Irene Pîrvu. „Wenn man mich nach meiner Zugehörigkeit fragt, denke ich schon, dass ich mich als Siebenbürger Sächsin fühle und mich auf jeden Fall zu unserer Kultur zugehörig fühle. Allerdings ist es ein Bild, was sich eher wandelt, was nicht statisch festgenagelt werden kann“, meint die gebürtige Hermannstädterin Magdalena Binder.

Die Protagonisten haben sich entschieden, nach Aufenthalten in Deutschland in ihre Heimatorte zurückzukommen, um hier eine Karriere aufzubauen. Der Grund? Sie wollen einen Beitrag zum Aufbau ihres Landes leisten. Die Hauptfiguren haben sich mit Vertretern des DFDR und des Goethe-Instituts zum Thema Interkulturalität, Vergangenheit und Herausforderungen der Zukunft ausgetauscht. Sie konnten auf diese Weise über ihre Verbindung zur Heimat und zu Europa sprechen. Christa Ganterer, Leiterin der Sprachabteilung des Goethe-Instituts Bukarest, war für das Projekt „Schaufenster Enkelgeneration“ in mehreren europäischen Ländern zuständig und konnte deshalb die Situation in verschiedenen Ländern vergleichen: „Die Minderheit hier spricht fließend Deutsch, es gibt dieses deutsche Schulsystem, davon ist Polen zum Beispiel weit entfernt. Hier ist es lebendig“, erläuterte sie. Die Veranstaltung fand im Zeichen des 25-jährigen Jubiläums des Deutsch-Rumänischen Freundschaftsvertrags statt und wurde von Arcub unterstützt. Das Projekt „Schaufenster Enkelgeneration“ wurde finanziert aus Mitteln des Auswärtigen Amtes zur kulturellen und bildungspolitischen Förderung deutscher Minderheiten in Mittel-Osteuropa sowie Osteuropa/ Zentralasien.