Eine Demokratie-Lektion

Staatsbürgerliche Bildung auf attraktive Art und Weise erwerben

„Wir haben viele Rechte (schade, dass wir sie nicht kennen) und nur zwei große Verantwortungen: unser Land zu verteidigen und an den öffentlichen Ausgaben teilzunehmen (durch Steuern und Gebühren). Davor jedoch ist jeder verpflichtet, die Gesetze des Landes einzuhalten“, steht auf der neuen Internetseite educatiecivica.ro

Eine Grafik zeigt die Gewaltenteilung im Staat.
Fotos: educatiecivica.ro

Wie funktioniert der Staat? Wofür sind die einzelnen Institutionen zuständig und wie funktionieren sie? Welche Rechte haben die Bürger, welche Verpflichtungen kommen ihnen zu? Und wie kann man bürgerlich aktiv werden? Ab September findet man auf all diese Fragen eine schnelle und übersichtliche Antwort, und zwar auf der Internetseite educatiecivica.ro. Die neue Seite versteht sich als Leitfaden, der dem Einzelnen helfen soll, „schnell, effizient, verantwortungsbewusst und kreativ in der Gesellschaft“ voranzukommen.
 

Zunächst für den Schulunterricht erdacht, als Hilfsmaterial für Lehrer, die den Schülern staatsbürgerliche Bildung auf attraktive Art und Weise beibringen möchten, hat sich das Projekt „Getting Civically Fit“ (zivilgesellschaftlich fit werden) als hilfreich und interessant auch für ein breites Publikum erwiesen (junge Leute, Eltern, Lehrer, für jeden Bürger), sagt Alina Calistru, Projektmanager. Ausgehend von der Verfassung, stellt das Projekt Grundbegriffe des Rechtsstaates klipp und klar und auf eine eindringliche Weise vor und ist sehr umfangreich gestaltet. Auf der Online-Plattform educatiecivica.ro befindet sich ein KIT zur staatsbürgerlichen Bildung, den man herunterladen und zur persönlichen Information oder im Unterricht benutzen könnte, sowie eine „Funky Verfassung“ (Tolle Verfassung), welche die wichtigsten rumänischen Gesetze in wenigen Worten und für jedermann verständlich erklärt. Zudem werden, zurzeit nur für Schüler und Lehrer, geleitete Führungen in öffentlichen Institutionen angeboten, die einen Einblick in deren Funktionsweise ermöglichen. Diesen Herbst werden die ersten Führungen beim Verfassungshof, dem Parlament und beim Gerichtshof stattfinden. Weiter sind auch Lager, Arbeit mit Lehrern und Schülern sowie ausgedruckte Informationen vorgesehen. Mehrere Schulen in Bukarest benutzen schon die Internetplattform.
 

Was tun?

Wie oft hört man um sich herum Menschen, die sich beklagen! Über das lange Warten auf den Bus, über den Hundekot in den Parks oder auf den Gehsteigen, über die Angestellten staatlicher Institutionen, die unfreundlich sind, über die hohen Kosten von Strom, Gas, Sprit, Lebensmitteln, über die korrupten Politiker, über die unmotivierten Lehrkräfte, über die vielen Zusatzstoffe in den Lebensmitteln, über die Krise im Gesundheitssystem… Man kann sich über alles beklagen. Man hat das Recht dazu. Man hat aber auch das Recht, aktiv zu werden und Stellung zu nehmen zu allen Unannehmlichkeiten, die für solchen Ärger sorgen. Manch einer reicht eine Beschwerde oder eine Klage ein. Andere (oder dieselben?!) gehen auf die Straße und protestieren. In den letzten Jahren scheint die rumänische Zivilgesellschaft aktiv geworden zu sein und weist auf Ungerechtigkeit, Korruption, auf schlechtes Funktionieren des Staates hin.

Dennoch wissen viele Menschen nicht, was sie tun sollen, wenn sie Amtsmissbrauch oder Gesetzesüberschreitungen antreffen, auf Mängel oder Fehlfunktionen der Institutionen stoßen. Auf der Internetseite educatiecivica.ro finden sie dazu genaue Hinweise sowie die Ermutigung, aktiv zu werden. Die passive Haltung – keine Stellung nehmen, weil man alleine sowieso keine Änderung bewirke – wird auf der Internetseite abgebaut mit dem Argument, dass jeder Einzelne zählt. Wenn niemand etwas tut, wird sich nichts ändern. „Du bist kein ‘Niemand’“ heißt es auf der Seite.
 

Die Änderung bringt der Einzelne

Eine bunte Grafik zeigt, wie man in vier Schritten zum „Muster-Bürger“ werden kann und somit nicht nur ein einfacher Stadtbewohner bleibt, sondern ein aktiver Bürger, der etwas bewirken kann. „Zahle deine Gebühren rechtzeitig, beteilige dich an den Problemen der Gemeinde, räume den Schnee vor deinem Haus“, ist die goldene Regel. Dazu die vier Schritte. Schritt Nummer eins: Sich korrekt informieren und „erziehen“ und in Dialog (Audienz) mit den Behörden treten. Schritt Nummer zwei: Wenn das Problem ungelöst bleibt, eine Petition erstellen. Außerdem soll jede Illegalität, von häuslicher Gewalt bis zur Bestechung, gemeldet werden. Schritt Nummer drei: An öffentlichen Sitzungen, etwa bei Ministerien oder Vollversammlungen, teilnehmen; ein Projekt entwickeln – sicher werden es auch andere unterstützen. Schritt Nummer vier: Eine Idee, ein Argument unterstützen und sich dafür einsetzen, sei es durch Volontariat, Güter oder Spenden. Und wenn die Situation wirklich schlimm ist: gewaltlos protestieren.
 

Alles auf einem Blick

Eigentlich geht es auf der Internetseite educatiecivica.ro darum, dass „Groß und Klein“, wie seine Gründer schreiben, sich Grundbegriffe über den Rechtsstaat auf anziehende Weise aneignen. Das ermöglicht es dem Bürger, sich richtig zu informieren und somit schwerer manipuliert werden zu können. Das sichere eine verantwortungsbewusstere, transparentere Demokratie, an der der Einzelne aktiv teilnimmt.

Sehr anschaulich, bunt, mit moderner Grafik und coolen Illustrationen stellt die neu erschaffene Internetseite der Nichtregierungsorganisation „Funky Citizens“ ein Instrument dar, das jedermann benutzen sollte. Ausgehend von der Verfassung sind die Prinzipien der Demokratie in einer leicht verständlichen Sprache erläutert, klare und nur durch wenige Mouse-Clicks erreichbare Informationen zu erhalten beispiels-weise über die Teilung der Gewalten im Staat, Rechte und Freiheiten, Republik versus Monarchie, Rolle des Ombudsmannes, des Verfassungsgerichtes, des Parlaments, des Präsidenten und alles über den Rechtsstaat.

Sogar die Verfassung, die man sich wohl als verstaubtes Buch vorstellt und wahrscheinlich nie im Leben in die Hand nimmt, wird sehr anschaulich dargestellt. In der illustrierten und erklärten „Funky Verfassung“ haben die Initiatoren die wichtigsten Gesetze der rumänischen Verfassung ausgewählt und verständlich gemacht. Bunte Seiten und moderne Grafiken verleiten richtig zum Lesen und machen das Grundgesetz des Landes fassbar. Dabei geht es „Funky Citizens“ darum, die Verfassung verständlich zu machen, damit sie angewendet wird.

Der Initiator des Projekts, die Nichtregierungsorganisation „Funky Citizens“, setzt sich für Bürgerrechte ein. Im Sommer dieses Jahres hat sie, zusammen mit „Documentaria“, eine Plattform für Dokumentarfotografie, den Band „Protest“, lanciert, der knapp 260 professionelle Fotografien und eine ausführliche soziologische Studie zu der Entwicklung der Straßenproteste in Rumänien seit dem Beitritt zur Europäischen Union zusammenfasst.