Eine neu angesetzte Geschichtsschreibung

Ripensia könnte sich zum 90. Elitefußball schenken

Ripensia hatte sich in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg bis auf die hohe internationale Bühne gespielt. Im Archivfoto von 1938: Vor dem Spiel auf dem „Meatza Giusepy“ – wie es in der Presse jener Zeit hieß.
Foto: Zoltán Pázmány

Weder den Klassenerhalt sichern, noch das oft gepriesene „gute Figur abgeben“ seien die Saisonziele. "Wir wollen Leistung erbringen", sagt Radu Ienovan, Vereinspräsident der FC Ripensia Temeswar. Der Aufsteiger in die Zweite Rumänische Fußballliga will genauso wie in den Jahren zuvor für Furore sorgen: "Gegen einen Aufstieg in die Erstklassigkeit hätte man eigentlich nichts einzuwenden", heißt es gelegentlich beim Verein, der seine Heimspiele im kleinen Stadion im Temeswarer Stadtviertel Rote Tscharda austrägt. Dabei hat der Verein  einen der niedrigsten Haushalte der Liga. Trotzdem: "Wir können von einem finanziellen Sicherungsnetz sprechen", sagt der Vereinsleiter Ienovan. Feste Verträge bzw. feste Versprechen lassen ihn einräumen, dass eine Beteiligung an den Meisterschaftsspielen bis zum Saisonschluss gesichert ist. Sollte die Leistung auf dem Platz auch für weitere Sponsoren attraktiv werden, könnte das Saisonziel je weiter nach oben korrigiert werden. 

Einen Großinvestor, der mit seinem Geld auch die Regeln im Verein macht, den will man bei Ripensia nicht. "Wenn ein solcher  wegbricht, dann hast du ein richtiges Problem, das wohl kaum aufzufangen ist", sagt Radu Ienovan. 

Nur fünf Jahre alt ist der Verein seit seiner Neugründung und knüpft fast siebzig Jahre nach seiner Auflösung an alte fußballerische Zeiten an. Fast im Durchmarsch ist Ripensia aus der 6. bis in die 2. Liga aufgestiegen. Nur einmal, im Sommer 2016, musste sie ASU Poli Temeswar den Vortritt lassen und ihren Aufstieg in die Zweitklassigkeit um ein Jahr verschieben.

Der Name und die Geschichte verpflichten, heißt es im Verein, der als rechtlicher Nachfolger des legendären FC Ripensia dasteht. 1928 wurde Ripensia als erster Profiverein Rumäniens ins Leben gerufen. Innerhalb von 20 Jahren, bis 1948, schrieb "Ripi" Fußballgeschichte. Vier Meistertitel und zwei Pokale holte sie bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Die finanzielle Schieflage danach brachte das Ende einer Fußballära. 

Radu Ienovan und eine handvoll Fußballverliebter gründeten 2012 erneut diesen Verein von ganz unten, ohne Fusionen. Bereits 1-2 Jahre später machten die Fußballer auf sich aufmerksam, als sie aus den unteren Spielklassen kommend, in höhere Sphären des Rumänienpokals aufstiegen und Mannschaften wie UTA Arad oder Uni Klausenburg bezwangen. 

"Praktisch beginnen wir wieder bei Null", sagt Radu Ienovan vor der neuen Saison. Er weiß, dass nun, trotz Euphorie, neue Zeiten anbrechen. Der Unterschied zwischen Erfolg und Scheitern sei sehr gering, meint der Vereinsleiter. Ab nun können die Spieler nicht mehr auch anderen Tätigkeiten nachgehen, wird doch Trainer Remus Steop seine Trainingseinheiten häufiger als bisher, aber auch intensiver gestalten. Ienovan greift die alte Fußballweisheit auf "nicht das Geld läuft auf dem Platz herum und schießt die Tore" und trotzdem muss das finanzielle Polster erheblich dicker sein, als bisher. Lange Ausfahrten werden das Budget sicher gehörig in Anspruch nehmen. Es sei bestimmt nicht einfach, etwa 24 Mann zu Auswärtsspielen in entfernte Landesteile zu schicken und günstige Unterkünfte zu finden. Trotz vorsichtigem Entlohnungssystem mit moderatem Gehalt und leistungsbezogenen Erfolgsprämien ist ab der zweiten Liga erheblich mehr Geld notwendig. Vor allem weil der Verein zwei - drei Neuzugänge braucht "die uns sofort weiterbringen", so Ienovan. Über 250.000 Euro verfügt Ripensia für die neue Saison. Schätzungsweise 30.000 soll der Verkauf von Eintrittstickets ergeben. Bereits ab der untersten (6. Liga) bestand der Verein auf einer Eintrittsgebühr zu den Heimspielen. „Fußball ist ein unwiederholbares Ereignis und diese Arbeit muss belohnt werden“, sagt Radu Ienovan.

Um trotz dieses geringen Budgets gut über die Runden zu kommen, sei man auch auf Freiwilligenarbeit angewiesen, sagt der Vereinspräsident. „Jede freiwillige Arbeit kann auch in Geld gemessen werden“.  In der vergangenen Saison hatte der Zweitligist Juventus Bukarest und spätere Aufsteiger in die Erstklassigkeit auf die TV-Rechte verzichtet. Radu Ienovan glaubt nicht, dass die Übertragung eines Spiels im Fernsehen die Zahl der Zuschauer erheblich drosseln könnte. Nicht zuletzt „profitieren auch unsere Sponsoren, zum Beispiel der Trikotsponsor, von den TV-Übertragungen“. Die Zuschauerzahl aus der vergangenen Saison, von 150 – 550 pro Heimspiel, auch in diesem Jahr halten oder gar überschreiten zu können, ist Radu Ienovan überzeugt. Dass er sich Ripensia verschrieben hat, ist weniger seiner Zeit als Jungfußballer im Temeswarer Sportlyzeum zuzuschreiben, aber umso mehr dem Stolz, aus der gleichen Ortschaft, Valcani, zu stammen, wie der legendäre Sepi II, der einst in der noch legendäreren Ripensia spielte.

Radu Ienovan. Seine drei Kinder besuchen die Lenau-Schule bzw. den Lenau-Kindergarten in Temeswar. Zur Mannschaft: „Wir bauen auch in Zukunft vorwiegend auf das Team, das den Aufstieg geschafft hat.“