Entscheidung zum Neunzigsten

Rumänisches Königshaus bricht einseitig „historische und dynastische Beziehungen” zum Haus Hohenzollern-Sigmaringen ab

„Wir, Mihai I., angesichts unserer unbestrittenen Autorität als Chef des Königshauses Rumäniens und im Einklang mit der Entscheidung Unseres geliebten Großvaters, König Ferdinand I., der Dynastie Unseres Königshauses einen nationalen und unabhängigen Charakter zu verleihen, im Bewusstsein meiner Pflicht gegenüber der Geschichte sowie meinen Nachkommen und Thronfolgern gegenüber, im Einklang mit Art. 1(10), 15 und Anhang 1 der Grundnormen der Königsfamilie Rumäniens, angenommen am 30. Dezember 2007, in Ausübung meines freien Willens, geben bekannt: Art. 1 Den Bruch aller historischen und dynastischen Beziehungen mit dem Fürstenhaus der Hohenzollern“. So beginnt eine Mitteilung von König Mihai I. zu seinem 90. Geburtstag, die von seinem Pressebüro am Dienstag, dem 10. Mai, ausgesendet wurde.

Das Kommuniqué umfasst drei Artikel, deren Hauptaussage sich auf den Bruch jeglicher Beziehungen mit dem Stammhaus der rumänischen Königsfamilie, der Fürsten- und Prinzenfamilie der Hohenzollern-Sigmaringen, bezieht.

„Im Einklang mit den Wünschen meines gottseligen Großvaters, Seiner Majestät König Ferdinand I. und mit Seiner Entscheidung von 1921, trugen und tragen die Königsfamilie und deren Mitglieder den Namen ‘von Rumänien/Rumäniens’“, steht im Kommuniqué. Am 10. Mai 1921 hatte Ferdinand I. einen Eid als König von Großrumänien abgelegt und den Titel „von Rumänien“ angenommen, auch als historische Abgrenzung zum baden-württembergischen Stammhaus und als endgültiger Übergang des Hauses zu Rumänien, einschließlich religiös: Das Königshaus trat offiziell vom Katholizismus zur Orthodoxie über (König Karl I. hatte das zu seinen Lebzeiten auch schon gemacht, Königin Elisabeth war evangelisch geblieben). Seither gilt in Rumänien der 10. Mai als „Tag des Königs“ oder „Tag der Regalität“. 

Ab dem 10. Mai 2011, zum 90-jährigen Jubiläum der offiziellen Entscheidung Ferdinands I., „wird das Königshaus Rumäniens nicht mehr den Namen `von Hohenzollern-Sigmaringen` tragen und wird ab diesem Datum nicht mehr bekannt sein unter dem Namen `Haus von Hohenzollern-Sigmaringen`. Das rumänische Königshaus wird von jetzt an ausschließlich unter dem Namen ‘Königshaus Rumäniens/von Rumänien` auftreten.“ 

Gleichzeitig verzichtet das Königshaus Rumäniens ab sofort auf alle Titel, die seinen Mitgliedern vom Haus Hohenzollern verliehen worden sind: „Ab dem 10. Mai 2011 wird kein Mitglied des Königshauses von Rumänien mehr einen Titel tragen oder das Recht haben, einen Titel zu besitzen, der ihm – erblich oder ad personem – von irgendwelchem Kopf des Fürstenhauses Hohenzollern irgendwann verliehen wurde. Der Kopf des Königshauses Rumäniens bleibt die einzige Autorität für die Genehmigung oder Akzeptierung jedwelchen Titels oder einer Auszeichnung für Mitglieder des Königshauses“, heißt es in Art.2 des Dokuments. Die 2007 veröffentlichten Grundnormen des Königshauses Rumäniens werden durch das von Mihai I. in dieser Woche unterzeichnete Dokument so abgeändert, dass daraus alle Bezüge auf „von Hohenzollern“, „von Hohenzollern-Sigmaringen“ und „von Hohenzollern-Veringen“ gestrichen werden, wenn sie sich auf Mitglieder der rumänischen Königsfamilie beziehen.

„Das Haus der Hohenzollern gehört zu den bedeutendsten Dynastien in der Geschichte Europas“, vermerkt Mediafax, das das Kommuniqué von Mihai I. verbreitet hat. „Aus dem Hause Hohenzollern kamen deutsche Kaiser und Könige des Hauses Brandenburg-Preußen (1415-1918) und des kaiserlichen Deutschland (1871-1918).“ 

Das Stammschloß der Hohenzollern (früheste dokumentarische Erwähnungen unter „Zolorin“ oder „Zolre“) liegt im heutigen Baden-Württemberg, südlich von Tübingen. Als Urahn der Dynastie gilt Burchard I., Graf von Zollern, der im 11. Jahrhundert lebte. Ab der dritten/vierten Generation bilden sich zwei Erblinien, die der von Zollern-Hohenberg (die 1486 erlosch) und die der Grafen von Nürnberg, deren Erben bis heute existieren. Die Hohenzollern-Sigmaringen haben als Zweig der Hohenzollern Preußen und später das Deutsche Kaiserreich bis 1918 regiert.

In den Donaufürstentümern wird 1866 das Haus der Hohenzollern als Herrscherdynastie (mit Einverständnis Napoleons III. und Bismarcks) eingesetzt, wobei Ion Brãtianu als Haupttriebkraft des Vorgangs historisch verzeichnet ist. Erster Herrscher war Karl I. von Hohenzollern-Sigmaringen (1866-1881 als Fürst der Donaufürstentümer, 1881-1914 als König von Rumänien). Ihm folgten Ferdinand I. von Rumänien (1914-1927), Mihai I. von Rumänien (1927-1930 und 1940-1947) und Carol II. von Rumänien (1930-1940). 

Verfassungsmäßig ist der Status des 90-jährigen Königs Mihai I. in Rumänien bis heute nicht geklärt. Die Königsfamilie von Rumänien lebt (nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen ab 1990, Rumänien zu besuchen und sich wieder hier niederzulassen) heute hauptsächlich im Nordbanat, im Maroschtal auf dem ehemaligen königlichen Jagdschloss in Sãvârsin, zwischen Arad und Deva. 

Das 1947 verstaatlichte Vermögen der Königsfamilie ist ihr teilweise rückerstattet worden. Der Elisabeta-Palast in Bukarest wird staatlich verwaltet, dem Königshaus aber zur gelegentlichen Nutzung zu Repräsentationszwecken überlassen – wie eben auch am 10. Mai 2011 zur Feier des 90. Geburtstags von Mihai I. und zur Feier des 90. Tages der Regalität.

2007 hat Mihai I. von Rumänien seine Tochter, Prinzessin Margareta, zur Thronfolgerin erklärt.