Erhebet die Herzen

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Zwei Männer redeten miteinander über das Reich Gottes. Der eine sagte: „Ich freue mich darauf, denn dann wird alles anders.“ Der zweite war damit nicht einverstanden. Er sagte: „Ich freue mich auch, aber wer sagt denn, dass alles anders werden muss? Ich möchte, dass vieles so bleibt, wie es ist.“ Darüber entsetzte sich der erste: „Nein, um Himmels willen, es soll nicht so bleiben, wie es jetzt ist, denn dann ist meine Hoffnung vergebens. Nur das Reich Gottes kann eine Änderung bringen. Hunger und Krankheit, Unterdrückung und Krieg dürfen nicht ewig dauern.“ Da schwieg der zweite, denn er hatte ein großes Haus mit einem schönen Garten, ein fettes Konto auf der Bank, er liebte gutes Essen und Trinken, und war den Freuden des Lebens zugetan. Er sagte: „Wir meinen wohl nicht dasselbe!“

So ähnlich erging es dem reichen Jüngling im Evangelium. Er besaß viele Güter, hatte aber auch religiöse Interessen. Als Jesus ihm riet, er solle seine Habe den Armen geben und ihm nachfolgen, da hörte sein Verständnis auf. Seine Güter hingen wie Bleikugeln an seinen Füßen und hinderten ihn daran, Jesus nachzufolgen.

Im Sonntagsgottesdienst ruft der Priester in der Präfation: „Erhebet die Herzen!“ Das Volk antwortet: „Wir haben sie beim Herrn!“ Wie gut wäre es, wenn es wirklich so wäre. Dann würden wir geistig dem Hochspringer gleichen, der nur mit der Sporthose auf dem Leib mit Leichtigkeit die 2,30 Metermarke überwindet. Bindet er sich aber Goldbeutel an die Füße, kann er sich kaum vom Boden erheben.

Viele Menschen sehen im materiellen Reichtum das ersehnte Glück. Kommt es nur mit vollen Geldtaschen angerauscht? Im Gegenteil. Der heilige Franz von Assisi verzichtete auf das reiche Erbe und erklärte: „Der reichste Mensch auf Erden ist der Zufriedene, denn seine Wünsche sind schon alle erfüllt!“

Wir müssen umdenken. Ein Hirt hütete Gänse am Fluss, der unsere Welt von der „Welt von drüben“ scheidet. Eines Tages kam der Tod über den Fluss und sagte zu ihm: „Ich werde dich holen. Fürchtest du dich nicht?“ „Nein“, war die Antwort, „ich habe schon oft über den Fluss geschaut und dich gesehen.“ „Willst du etwas mitnehmen?“ fragte der Tod. „Nein“, sagte der Hirt, „ich brauche nichts, denn ich habe nur eine Hose, ein Hemd, ein Paar Winterschuhe und meine Flöte!“ Der Tod sagte: „Ich muss noch andere holen, aber auf meinem Rückweg nehme ich dich mit.“

Nach einiger Zeit kam der Tod wieder. Hinter ihm gingen viele, die über den Fluss mussten. Da war ein Reicher mit Geld, Feld und fünf Häusern. Er schrie: „Noch fünf Jahre hätte ich gebraucht und ich hätte noch fünf Häuser mehr gehabt!“ Da war ein Rennfahrer, der jahrelang trainiert hatte, um den großen Preis zu gewinnen. Er klagte: „Nur noch fünf Minuten hätte ich zum großen Sieg gebraucht!“ Noch viele andere waren im Gefolge des Todes, viele Reiche, die jetzt nichts mehr besaßen und noch mehr Arme, die jetzt auch nicht besaßen, was sie gerne hätten haben wollen. Als der Tod mit seiner Schar zum Fluss kam, ging der Hirt gerne mit, denn das Land jenseits des Flusses war ihm nicht fremd.

Was geschah mit den zurückgebliebenen Gänsen? Ein neuer Hirt kam. So geschieht es mit allen Gütern, wenn wir den Fluss zwischen den beiden Welten überschritten haben. In unserem Haus wohnen dann andere Leute, unseren Arbeitsplatz nehmen andere ein, unser Freundeskreis nimmt andere Menschen auf. Mit einem Wort: „Kein Hahn wird nach uns krähen!“ Hängen wir uns deshalb nicht an Dinge, die wir früher oder später verlassen müssen. Öffnen wir unser Herz dem Worte Christi: „Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, droben im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz!“ Deshalb: „Sursum corda! Erhebet die Herzen!“