Faktische Gratis-Übernahme eines historischen Hotels

DIICOT-Ermittlungen in Herkulesbad

Der Rudolfshof, in kommunistischer Zeit „Hotel Traian“ getauft, wo man vor der Wende noch das „Original-Kaiserzimmer“ besuchen konnte, in dem angeblich Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth („Sissi“) beim Besuch von Herkulesbad untergebracht waren, heute eine traurige Ruine inmitten des historischen Zentrums des Badekurorts, ist von einem gewissen Alexandru Gavrilescu gratis in seinen Besitz gebracht worden, nach dem in Herkulesbad bei vielen Transaktionen mit historischen Hotels geübten System der Zwangsversteigerung wegen konstruierter Schulden und von „Kompensationen“ – behauptet die Staatsanwaltschaft Karasch-Severin der Direktion zur Untersuchung des Organisierten Verbrechens und des Terrorismus (DIICOT).

Die Strafakte bezüglich der „Privatisierung“ von Herkulesbad ist inzwischen schier unübersichtlich geworden. Wenn der Teil über die Machenschaften des Ex-PSD-Abgeordneten Iosif Armaş und seiner politischen Stützen (erwähnt werden Ex-Innenminister Doru Ioan Tărăcilă, Sebastian Sandu, Ex-Polizei-Oberchef oder Marian Ureche, Ex-Chef von SIPA, Serviciul Independent pentru Protecţie şi Anticorupţie, eine vom Ex-Justizminister Mircea Ionescu-Quintus geschaffene Departementstruktur der Generaldirektion der Gefängnisse) ziemlich gut geklärt ist, so gibt es zahlreiche weitere Verzweigungen, die noch ihrer Aufklärung durch die Staatsanwaltschaft harren, schreiben die rumänischen Medien. Alle haben ihre Wurzeln weit vor der Zeit, als der gesamte historische Teil des Kurorts Herkulesbad während der PSD-Regierung (2000-2004) des Adrian Năstase unter Tourismusminister Dan Matei Agathon „privatisiert“ wurde.

Über Alexandru Gavrilescu heißt es, er habe nicht über die Beziehungen mit PSD-Spitzen des Formats verfügt, die Iosif Armaş aktivieren konnte. Deshalb sei er, als Rivale von Armaş, nach einem „Plan B“ vorgegangen. Grundlage dafür war seine damalige Firma Gerom Librimir, die mit dem seinerzeitigen Leiter des staatlichen Kurorts, Ilie Cristescu, einen Verwertungsvertrag für den Hotelkomplex „Minerva“ im in den 1970er Jahren gebauten „neuen“ Kurortteil mit Hoteltürmen zweifelhaften architektonischen Geschmacks abschloss.

Im Vorfeld der Privatisierungsphase von Herkulesbad hatte Alexandru Gavrilescu vier Verträge der SC Gerom Librimir SRL abschließen lassen, und zwar mit Firmen, die auf den Namen seines Vaters, seiner Mutter und seiner Frau eingetragen waren. Die ersten beiden Verträge waren identisch: Es ging um die Vermietung von 78 Klimageräten über eine Zeitspanne von drei Jahren. Die Verträge sind am selben Tag und unter derselben Registriernummer abgeschlossen, verzeichnet die DIICOT-Staatsanwaltschaft, und beziehen sich auch auf die Anmietung für fünf Jahre von Hotelzimmern im Minerva-Hotel – zu genau demselben Preis wie für die vermieteten Klimageräte. Damit schuf er eine Zahlschuld der Gerom Librimir gegenüber den Firmen, die ebenfalls er kontrollierte, ohne auch nur einen Leu zu bewegen. Die Schuld, die er so schuf, und die Schuldenverzinsung (von fiktiven Schulden) war im Weiteren die Grundlage für die Zwangsversteigerung eines Hotels der ehemals staatlichen SC Hercules SA. Die Zimmer, die er im Minerva-Hotel auf lange Zeit angemietet hatte, benutzte er. Gratis übrigens.

Dieselbe Gerom Librimir mietet durch weitere zwei Verträge über 130.800 bzw. 94.661 Dollar verschiedene Ausstattungen für das Großhotel. Neuerlich von einer weiteren Firma, die Gavrilescu gehört. Letztere konnte, bei Nichtzahlung, Strafzinsen von bis zu 50 Prozent einfordern. So der Mietvertrag. Letztendlich sind alle Schulden, die Gavrilescu so aufbaute, auf der SC Hercules SA haftengeblieben. Dies die Feststellung der DIICOT Karasch-Severin. Obwohl, so die Staatsanwaltschaft, die Verträge, direkt, überhaupt nichts mit der SC Hercules SA zu tun hatten. Denn jede Neuinvestition ins Hotel Minerva, das bloß zur Nutzung übernommen war und weiterhin der SC Hercules SA gehörte, hätte der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung des Besitzers bedurft – die nicht existiert. Faktisch waren also die Verträge, bei denen neuerlich kein Geld die Konten gewechselt hat, wertlos. Und doch verwickelte Gavrilescu die SC Hercules SA in ein Schuldengeflecht.

Gavrilescu wartete streng die Ablauffristen seiner Verträge und die Zahltage ab und berechnete eifrig Schulden und Schuldenverzinsungen. Die Gerom Librimir zahlte an die Firmen seiner Familie keine Mieten oder Pachtbeträge und im November 2004 fordert Gavrilescu die Pleiteerklärung seiner eigenen Firma – im Namen der anderen Firmen, wo er Mehrheitseigner ist. Das SC Grand Hotel Minerva 2002 SRL (wie das Hotel neuerdings hieß) war inzwischen durch dieselbe Schuldenspirale Eigentum der SC Gerom Librimir geworden. Eigentlich für 78 angemietete Klimageräte. 2005 geht er gegen die SC Hercules SA vors Gericht und die Instanz spricht ihm 4,1 Millionen Lei zu, zusätzlich 3,4 Millionen Lei Schuldenverzinsung. Worauf die Zwangsversteigerung der SC Hercules SA erfolgt, die zu jenem Zeitpunkt, dank Armaş, über keinerlei Liquiditäten mehr verfügte.

In diesem Augenblick treten der Insolvenzverwalter Vasile Dumitru und der Bukarester Anwalt Istrate Rusu auf. Sie ermöglichen, dass Gavrilescu 3,46 Millionen Lei in Form des Hotels Traian/Rudolfshof zugesprochen werden. Der Gläubiger Alexandru Gavrilescu überschreibt das Hotel auf eine der Firmen seiner Familie, zum Wert von 1,45 Millionen Lei – schließlich ist es eine Ruine. Der Preis sollte in vier Raten bis 9. August 2010 ausgezahlt werden. Es wurden keinerlei Raten bezahlt. Gavrilescu kam zwischendurch zu einem Einvernehmen mit Iosif Arma{ und das Hotel kommt in seinen Besitz durch die „Methode“ der „Kompensierung der Schulden“, die Armaş immer dann anwandte, wenn er um eine Zahlung nicht umhinkam. Die Schlussfolgerung der DIICOT-Staatsanwälte von Karasch-Severin ist eindeutig: „Auf diese Weise kam es zum Paradoxon, dass für das Hotel Traian praktisch nichts bezahlt wurde, indem man sich auf eine vorgebliche Kompensation von Schulden berief.“