Fokus auf die Zukunft der deutschen Minderheit gerichtet

Podiumsdiskussion in der Residenz des deutschen Botschafters

(v.l.) Botschafter Cord Meier-Klodt, Ursula Fernolend, MdB Hartmut Koschyk, Moderatorin Christel Ungar-Țopescu, Staatssekretär George Ciamba, und Dr. Paul-Jürgen Porr, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien.
Foto: die Verfasserin

Letzte Woche fand die 20. Sitzung der Deutsch–Rumänischen Regierungskommission für die Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Rumänien statt. Im Rahmen dieser Tagung und vor dem Hintergrund des 25-jährigen Jubiläums des deutsch-rumänischen Freundschaftsvertrages wurde am Dienstag in der Residenz des deutschen Botschafters eine Podiumsdiskussion über Gegenwart und Zukunft der deutschen Minderheit in Rumänien organisiert. Auf dem Podium haben sich der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk, MdB, der Staatssekretär im Außenministerium und Leiter der rumänischen Delegation, George Ciamba, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Dr. Paul-Jürgen Porr, und Ursula Fernolend, Angehörige der deutschen Minderheit, über das Thema „Situation der Deutschen Minderheit - Gegenwart und Zukunft“ ausgetauscht. Christel Ungar-Țopescu hat die Diskussion moderiert.

Eine offene Identität pflegen

Zwei Kurzfilme, Produktionen des Goethe-Instituts über die „Enkelgeneration“ der Minderheit, eröffneten die Diskussionsrunde und richteten die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Zukunft der deutschen Minderheit. Der Botschafter Cord Meier-Klodt hat die Unterstützung seitens Deutschlands für die in Rumänien Verbliebenen, die Sprache, Ausbildung, soziale Leistung aber auch das Kulturerbe zugesagt. Er erinnerte an die Überwindungsphase vom Eisernen Vorhang: „Die deutsche Minderheit stand damals im Zentrum des Vertrags und steht auch heute noch im Zentrum unserer Bemühung. In der Zwischenzeit hat sich die Brückenfunktion der Minderheit in ein dichtes Geflecht von Beziehungen entwickelt.“ Nachdem die Gäste kurz vorgestellt wurden, hat Christel Ungar-Ţopescu Hartmut Koschyk gefragt, was sich in der letzten Zeit geändert hat. Koschyk erklärte, dass die deutsche Minderheit eine wichtige Rolle spiele und ein lebendiger Faktor der rumänischen Politik, der rumänischen Zivilgesellschaft sei. „Das ist das Ziel unserer Politik für deutsche Minderheiten, überall in Europa und darüber hinaus. Wir wollen, dass diese deutschen Minderheiten integraler Bestandteil der Zivilgesellschaft sind, dass sie loyale Bürger der Staaten sind, in denen sie leben, dass sie frei, ungehindert ihre Sprache, Kultur, Tradition, ihre offene Identität pflegen können.“

Zusammen für eine gemeinsame europäische Zukunft

Staatssekretär George Ciamba betonte, dass es Länder gibt, die nach der Revolution eine europäische Identität gefunden haben und nicht eine nationale Identität: „Das hilft uns sehr, besonders in der Beziehung mit den Minderheiten. Wir wurden europäischer als Europäer“. Hervorgehoben hat er die Vertretung der Minderheiten im Parlament. Die Art und Weise, wie der rumänische Staat die nationalen Minderheiten unterstützt hat, sei einzigartig in Europa. Erwähnt wurde auch die duale Berufsausbildung – als Bildungssystem, das den Bedürfnissen der rumänischen Wirtschaft entspricht. „Es ist wichtig, dass wir dieses Modell umsetzen und sehen, wie es uns helfen kann, Rumänien zu entwickeln. Die Modernisierung der Gesellschaft ist das Hauptprojekt des rumänischen Staates.“

Der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Dr. Paul-Jürgen Porr, sprach anschließend das Thema der Verleumdungen gegenüber der deutschen Minderheit an, die sowohl dieses Jahr als auch während des Präsidentschaftswahlkampfs 2014 in der Presse erschienen sind. Er erklärte, dass die erste offizielle Stellungnahme erst während der Sitzung der Deutsch–Rumänischen Regierungskommission abgegeben wurde. Porr erinnerte im Laufe der Diskussion auch an eine Frage, mit der deutsche Schulen konfrontiert werden. Da 90 Prozent der Schüler nicht Deutsche sind, ist das große Problem nicht der Schülermangel, sondern der Lehrermangel.  Zu Wort kam auch Ursula Fernolend, Angehörige der deutschen Minderheit und Vertreterin der jungen Generation. Sie hat in Klausenburg studiert, ist nach Deutschland ausgewandert und zurückgekommen. „Ich fühle nicht, dass ich jemals ausgewandert bin“, sagte sie. Sie erzählte ihre Geschichte, damit das Publikum mehr von ihrem Leben zwischen Deutschland und Rumänien erfahren konnte: „Als Siebenbürger Sächsin, die definitiv nach Europa gehört, bin ich sehr froh, dass ich alle diese verschiedenen Aspekte in meinem Leben vereinen darf. Ich fühle mich fest verwurzelt in Siebenbürgen, in Weißkirch, in Bukarest, aber mit sehr breiten Fühlern nach Deutschland, nach Europa“.

Fazit der Podiumsdiskussion

„Heute haben wir jeglichen boshaften Diskurs verachtet. Wir werden zusammenleben, wir werden eine europäische Zukunft haben. Ein Wertesystem, nicht ein Kontinent – das ist Europa“, schlussfolgerte Staatssekretär Ciamba. Die Botschaft seitens Ursula Fernolend lautete, dass man Multikulturalität so viel wie möglich erleben soll und Hartmut Koschyk ließ den Abend mit einer Frage ausklingen: „Ich glaube, dass die deutsche Minderheit in Rumänien eine Zukunft hat. Wie können wir uns weiter öffnen, um in die rumänische Gesellschaft immer besser hineinzuwirken?“