Gegenseitiger Boykott im Forstwesen

Forstunternehmen und Forstverwaltungen treiben sich gegenseitig in die Pleite

Symbolfoto: freeimages.com

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Seit Dezember 2015 hat die staatliche Forstverwaltung Karasch-Severin – seit der Raum der Bukowina durch Kahlschläge entblößt wurde, verwaltet sie das größte noch halbwegs kompakte Forstgebiet Rumäniens – dreimal versucht, 400.000 Kubikmeter stehenden Holzes an die Holzschlagunternehmen zu versteigern. Vergeblich. Die sonst nach erfolgreichen Versteigerungen üblichen pantagruelischen Fress- und Freudenmahle mit Wildbret und Zigeunermusik bis ins Morgengrauen sind ausgeblieben. Und auch für die nächste angekündigte Versteigerung – Ende Februar d. J. – stehen die Aussichten nicht besser. Sie wird boykottiert. Die Forstunternehmen klagen inzwischen öffentlichkeitswirksam, dass sie in die Pleite getrieben werden (allerdings sollte man gerade ihnen nicht vorschnell nachweinen), die staatliche Forstverwaltung spricht von drohender Pleite und der sie bedrohenden Unmöglichkeit, die allmonatlich fällige Summe von drei Millionen Lei für die anfallenden Löhne aufzubringen. Man verfüge über „keine Einkommen“. Von „düsteren Tagen“ sprechen beide Seiten, Forstverwaltung und Holzschlagunternehmen. Auch wenn kein Tag vergeht, wo man keinen prall beladenen Forsttransporter im Banater Bergland sieht.

Preisverdoppelung schreckt ab

Was ist los im Forstwesen des Banater Berglands? Einerseits hat man als Außenstehender, aber als aufmerksamer Beobachter der Szene, dem über die Jahre einiges an Wissen vermittelt wurde, den Eindruck, dass die staatliche Forstverwaltung Romsilva in einer Parallelwelt lebt. Auf Initiative des inzwischen im Rücktritt befindlichen obersten Chefs von Romsilva, Adam Crăciunescu (gegen ihn laufen Untersuchungen wegen von ihm genehmigten fingierten Rückerstattungen von Riesenwaldflächen und er hat seinen Rücktritt für „Ende März“ angekündigt), sind die Preise für Holz stehenden Fußes nahezu verdoppelt worden. 2015 betrug der Durchschnittspreis beim Start von Versteigerungen von Holz stehenden Fußes 88 Lei/Festmeter, Ende des vergangenen Jahres und in diesem Jahr ist er auf Vorschlag Crăciunescus per Regierungsbeschluss auf 143 Lei/Festmeter hochgeschraubt und festgeschrieben worden. Das erklärt Ştefan Stănescu, augenblicklich der Leiter der Forstdirektion Karasch-Severin, folgendermaßen: „Im Einklang mit Regierungsbeschluss 924, durch welchen auch das Regelwerk beim Verkauf von Holz stehenden Fußes geändert wird, hat der Nationale Regiebetrieb für Wälder (RNP) durch seinen Generaldirektor eine für uns bindende Verordnung erlassen bezüglich der Startpreise für Versteigerungen schlagreifer Holzschläge. Das sind die Richtpreise. Und sie liegen tatsächlich, je nach Qualität des Holzschlags, um 150 bis 200 Prozent über dem, was bisher üblich war. Unter diesen Umständen sind die Holzschlagunternehmen zur Schlussfolgerung gekommen, dass sie am besten die Versteigerungen von Holz stehenden Fußes boykottieren.“

Wer ist der lachende Dritte?

Die Replik von Mihai Onescu, Präsident des Verbands der Forstunternehmen Rumäniens (AFR), kam umgehend: „Die Forstunternehmen wollen an Versteigerungen von Holz stehenden Fußes nicht mehr teilnehmen, weil der Preis exzessiv gestiegen ist und nicht mehr gedeckt werden kann durch das Produkt. Zudem wird das Bruttovolumen bezahlt, also auch die Rinde, die kein von uns verwertbares Produkt ist. Der uns angebotene Vertrag ist ein Akt der Willkür, der vorher mit niemand abgesprochen wurde. Das stört uns und ist unakzeptabel“. Die jetzige Situation sei beispiellos. Und keines der rund 100 Holzschlagunternehmen, die sonst an Versteigerungen im Banater Bergland teilgenommen hätten, war diesmal zur Teilnahme bereit. Das sei ein Zeichen des Protestes. Die Lage ist eigentlich in ganz Rumänien die gleiche. Es läuft ein Durchhaltekampf zwischen Anbietern und Käufern, ausgelöst durch die Preissteigerungen. Diese wieder sind eine Folge von Deflation und global sinkender Holzpreise. Nicht zuletzt geht es um das Schicksal von geschätzt hunderttausend Arbeitnehmern, die direkt oder indirekt mit der Nutzung der Wälder Rumäniens im Zusammenhang stehen. Einzige Nutznießer der angespannten Lage dürften die Wälder sein – was auch nicht gerade die schlechteste Folge wäre.

Trickreich wird trotzdem Wald gefällt

Andererseits forcieren Romsilva und die Holzschlagunternehmen ihr Glück. Denn sie sind miteinander verbunden. Etwa bei Säuberungsschlägen. Solche, auch – oder vor allem – in Naturschutzgebieten, unterliegen anderen Genehmigungsregeln. Das dürfte die einleuchtendste Erklärung sein für die zahlreichen Unregelmäßgkeiten, die laufend von Medien und Umweltschutzorganisationen moniert werden: fehlende Managementpläne der geschützten Areale, deren Verabschiedung von den Forstverwaltungen seit gut einem Jahrzehnt hinausgezögert wird (wodurch es keine klaren Grenzen der geschützten Areale gibt und es also zur Interpretationssache wird, ob Holz- und Kahlschläge am Rand oder schon mitten in Naturschutzgebieten eröffnet werden – Beispiel das Reservat Bârzăviţa im Nationalpark Semenic-Massiv – Karasch-Schluchten, wo laut Umweltschützern alle uralten Buchen entfernt wurden), kleine Wind- und Schneebrüche, die zu Katastrophen aufgebauscht werden, um „Rettungsschläge“ zu genehmigen, mehr oder weniger fiktiver „massiver“ Schädlingskäferbefall (wie jüngst vom Forstamt Franzdorf/Văliug gemeldet, um Schläge zu rechtfertigen) usw.
Oder die von Romsilva insgeheim betriebene und von der zentralen Forstverwaltung geförderte gezielte „Säuberung“ der Wissenschaftlichen Beiräte der Naturschutzgebiete von etablierten und z. T. international anerkannten Fachleuten und Wissenschaftlern und deren Ersetzung durch systemkonforme Ingenieure von Romsilva – wie gegenwärtig im Naturschutzgebiet Semenik – Karasch-Schluchten im Gange.