Geschichte der Banater Schwaben im Zweiten Weltkrieg aus Sicht eines Journalisten

Autor Duşan Baiski überlässt dem Leser die Interpretation

Duşan Baiski: „Război în Banat. Studii monografice“, Artpress-Verlag Temeswar, I

„Război în Banat. Studii monografice” (auf Deutsch: Krieg im Banat. Monografische Studien) heißt das Buch des Banater Schriftstellers und Publizisten Duşan Baiski, das im Dezember 2017 im Artpress-Verlag Temeswar erschienen ist. Der 344 Seiten umfassende Band, herausgegeben mit finanzieller Unterstützung des Kommunalrats und des Bürgermeisteramtes Tschanad/Cenad, präsentiert die Situation der deutschen Minderheit im Banat während des Zweiten Weltkriegs anhand von Dokumenten, die in der Temescher Filiale der Nationalarchive Rumäniens aufbewahrt werden. Es handelt sich zumeist um Berichte des Generalinspektorats der Gendarmerie, der Temeswarer Gendarmerie, von verschiedenen Gendarmenposten jener Zeit, der Temeswarer Polizei und des Rekrutierungsbezirks Temesch-Torontal. Außer dem „deutschen Problem”, wie Duşan Baiski sein Buch ursprünglich nennen wollte, bietet dieses auch ein Fresko der Kriegszeit im Banat.

„Geschichte aus der Sicht eines Journalisten, keineswegs eines Historikers”, betont der Autor im Vorwort. Im Falle dieses Buches könnte es sogar ein Pluspunkt sein. Dies, weil der Journalist, auch wenn er mancherorts den Archivdokumenten kleine Erklärungen hinzufügt, nichts auf subjektive Art interpretiert, sondern den Lese-rinnen und Lesern eine „lineare Geschichte” vor Augen bringt. Mit anderen Worten: Er stellt uns – manchmal auszugsweise, manchmal vollständig – den Inhalt der offiziellen Dokumente zur Verfügung (mit kleinen grammatikalischen Korrekturen, für ein besseres Verständnis des Inhaltes), damit der Leser selbst die Schlüsse ziehen kann.

Die Objektivität ist andererseits umso willkommener, da das angegangene Thema ein schweres ist. Das Archiv der Deutschen Volksgruppe, die nationalsozialistische Organisation der Deutschen in Rumänien, ist nach dem Krieg verloren gegangen. Es gibt zwar einige Veröffentlichungen über die Deutsche Volksgruppe (zu erwähnen wäre der Historiker Johann Böhm), aber ein exhaustives Werk wurde bislang nicht veröffentlicht. Auf jeden Fall: Das Buch Duşan Baiskis ist sehr willkommen, zumal es sich auf einzigartige Originaldokumente stützt, die es verdient haben, veröffentlicht zu werden. Dennoch wäre es interessant und relevant herauszufinden, welches die Auswahlkriterien des Autors gewesen sind. Ein weiteres Fragezeichen steht hinter der Methode Baiskis: Immerhin hat der Autor beschlossen, bei einigen Dokumenten nur Auszüge zu veröffentlichen, während er die fehlenden Stellen kurz zusammenfasst. Der Platzmangel könnte eine mögliche Erklärung dafür sein.

„Krieg im Banat” umfasst, neben dem Vorwort und der Erklärung der Abkürzungen, 15 Kapitel. In jedem dieser Kapitel stellt der Autor die Dokumente in chronologischer Reihenfolge vor. „Die Stimmung”, „Die Spekulation in trüben Zeiten”, „Die Sexualität in der Nazi-Propaganda”, „Die Einstellung zur Kirche” und „Interethnische Probleme” sind nur einige davon. Du{an Baiski hat für jedes der behandelten Themen relevante Papiere ausgesucht. Gewiss: Die Dokumente wurden von verschiedenen Beamten verfasst und eine gewisse Zurückhaltung bezüglich der Authentizität der Informationen ist schon gesund. In einigen Fällen jedoch, wie es zum Beispiel bei den Papieren der Gendarmenlegion Temesch-Torontal der Fall ist, wird das in den Berichten Erwähnte auch von verschiedenen Gendarmenposten gemeldet.

Das bedeutet, dass die Information anhand mehrerer Quellen überprüfbar ist. Hier nur ein Beispiel: In dem Kapitel „Die Sexualität in der Nazi-Propaganda” informiert ein Bericht, den die Gendarmenlegion Temesch-Torontal am 20. März 1942 an den Gendarmenposten Fratelia schickt, über die Vorschriften aus Deutschland für die (jungen) Schwäbinnen. Diese sollten so viele Kinder wie möglich zeugen, damit die Zahl der Deutschen steigt. Die Gendarmenlegion verordnet den unterordneten Gendarmenposten, zu überprüfen, wie die Propaganda in den Reihen der jungen Schwäbinnen verbreitet wird, und mehrere Berichte, darunter jene aus Winga oder Orzydorf, bekräftigen das, was der Bericht an den Gendarmenposten aus Fratelia bei Temeswar ausdrückt. Es ist offensichtlich: Das, was zuerst nur ein Gerücht war, kann schon zur Realität werden. Am 24. April 1942 berichtet der Chef der Gendarmerie Winga: „Was den Aufruf zur Unmoral angeht, so bekommt man diesen überall mit.

Bei allen Treffen ihrer Frauen-Organisationen wird das Zusammenleben verkündet, Sexualkontakt mit jedwedem, abgesehen von Anstand und Menschlichkeit. Allein die Geburtenrate ist wichtig”.

Ein weiterer, interessanter Aspekt, der aus den veröffentlichten Urkunden hervorgeht, ist die Einstellung der Deutschen Volksgruppe der Kirche gegenüber. Die verschiedensten Berichte der Gendarmenposten verdeutlichen die Propaganda der Volksgruppe gegen Kirche und Religion und stellen Situationen vor, in denen die Priester verspottet werden. Sie zeigen aber auch, dass sich die älteren Schwaben gegen diese Propaganda, die vor allem von den jungen Deutschen getragen wird, ausdrücken. Am Ende jedes Kapitels erwähnt der Autor die Bibliografie, und zwar die Katalognummer der Archivfonds, auf die er zurückgegriffen hat.

Auch wenn der Band recht konsistent ist, so ist dieser so strukturiert, dass er sich leicht lesen lässt. Zwischen den verschiedenen Berichten, die in Anführungszeichen gesetzt sind, befinden sich Freiräume, und das Datum der Veröffentlichung ist mit fetten Buchstaben markiert. In den Fußnoten werden die Quellen angegeben und einige Ausdrücke auf Deutsch oder in anderen Sprachen erklärt.

Das Buch Duşan Baiskis ist eine willkommene Publikation, zumal es sich um einzigartige Dokumente handelt – eine wahre „Goldgrube” für Forscher. Auch wenn es nicht um ein literarisches Buch geht, so könnte doch anhand einiger Geschichten, die in den offiziellen Berichten geschildert werden, ein spannender Spielfilm gedreht werden.

Das Vorhaben des Geschichtsliebhabers Duşan Baiski ist lobenswert. Der Autor hat im Laufe der vergangenen zehn Jahre mehr als 120.000 Fotokopien von Dokumenten aus dem Fundus der Nationalarchive gesammelt. Nicht selten war er – wie er selbst zugibt – der erste Forscher nach dem Archivar, der Einsicht in die betreffenden Dokumente erhielt. Für den in Großsanktnikolaus geborenen und in Tschanad aufgewachsenen Journalisten ist es nicht der erste Versuch, ein Buch mit geschichtlichem Inhalt zu verfassen. Seine Bände „Tschanad – monografische Studien” (Artpress-Verlag Temeswar, 2012 und 2015) und „Lugosch – monografische Studien” (Artpress-Verlag Temeswar, 2015) sind nur zwei seiner Beiträge zur Lokalgeschichte, neben den zahlreichen Artikeln auf seinem Online-Portal „Banaterra – Enzyklopädie des Banats” (www.banaterra.eu).