Geschichte und Perspektiven

25-jähriges Jubiläum der Evangelischen Akademie Siebenbürgen

Medaillenübergabe an Prof. Dr. Andreas Möckel (Mitte) durch den Vorsitzenden der Evangelischen Akademie Siebenbürgen, Bezirksdechant Dietrich Galter (l.). Rechts im Bild Bischofsvikar Daniel Zikeli.
Foto: die Veranstalter

Der Vorsitzende der Evangelischen Akademie Siebenbürgen, Pfarrer Dietrich Galter, bei der Feier des 25-jährigen Bestehens der Institution

Als Grußwort hielt Bischof Reinhart Guib eine freie Rede. Die Vorträge wurden von Pfarrer Dietrich Galter moderiert (l.)
Fotos: Eveline Cioflec

Die Evangelische Akademie Siebenbürgen (EAS) hat jüngst im Hans-Bernd-von-Haeften-Tagungs- und Konferenzzentrum in Neppendorf/Turnişor 25 Jahre ihres Bestehens gefeiert. Prof. Dr. Andreas Möckel wurde die Ehrenmedaille der Institution verliehen. Zum feierlichen Anlass gab es am Samstag, dem 16. September, eine Reihe von Vorträgen, in denen die Geschichte der Siebenbürgischen Akademie, aber auch die Leistungen und Erfolge sowie die Perspektiven angesprochen wurden.

Bischof Reinhart Guib betonte in seinem Grußwort zum Jubiläum die fruchtbare Zusammenarbeit der Akademie mit der Evangelischen Kirche: „Es ist tatsächlich ein Fest unserer ganzen Kirche. (…). Nach der Wende sind gesegnete Strukturen und Organisationen von unserer deutschen Minderheit gegründet worden: das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien, die Evangelische Akademie Siebenbürgen, das Diakonische Werk und viele andere. Die Akademie ist von ihren Aufgaben und dem Bereich, den sie abdeckt, in all diesen 25 Jahren der Kirche sicher ganz nah gewesen. Auch wenn die Kirche (…) damals so manche kritische Töne von sich gegeben hat und auch kritisch diese Gründung begleitet hat (…), sind wir heute ganz dankbar, dass die Evangelische Akademie das Sprachrohr unserer Kirche, der Gesellschaft, der Ökumene, der zivilen Gesellschaft und be-sonders auch zwischen unseren Kirchen, aber auch zwischen Partnern und Freunden geworden ist. Ihr Beitrag ist eine große Bereicherung.“

Bischof Guib äußerte den Wunsch, dass auch für die kommenden 25 Jahre die Partnerschaft der Akademie mit der Kirche fortgeführt wird, mit positiven aber auch kritischen Auseinandersetzungen, und äußerte die Hoffnung, dass die Akademie „für unsere Kirche immer wieder ein neuer Ansporn ist, weiterzudenken, ökumenisch zu denken, demokratisch zu denken, aber auch Partnerschaften zu knüpfen. Durch die Akademie hat unsere Kirche auch viele Freunde gefunden in Deutschland, Österreich und darüber hinaus, auch dafür sind wir dankbar.“

Von Seiten des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, in dessen Räumen nicht nur die ersten Veranstaltungen der Evangelischen Akademie durchgeführt wurden, sondern auch die Gründungssitzung stattfand, richtete Ehrenvorsitzender Prof. Dr. Paul Philippi ein Grußwort aus und betonte, es sei auch weiterhin „gar nicht falsch“, wenn ein Vertreter des Forums „als solcher“ im Vorstand der Akademie sei. Derzeit sind im Vorstand der Akademie zwei Mitglieder des Forums, ohne dieses ausgesprochen zu vertreten. Auch der Evangelische Freundeskreis Siebenbürgen war vertreten, und Pfarrer Galter hob hervor, dass ohne dessen Unterstützung „dieses Haus wahrscheinlich nicht geworden wäre“. Pfarrer Dr. Egbert Schlarb ging hauptsächlich auf die Perspektiven der Zusammenarbeit ein und ermunterte dazu, den Ausblick darauf zu halten, dass die Kommunikation zwischen Freundeskreis und Akademie wieder gebessert wird. Der Österreichische Konsul Andreas Huber gratulierte zum Jubiläum und richtete einen Gruß des Österreichischen Botschafters in Bukarest, Mag. Gerhard Reiweger, aus. Von Seiten Österreichs kam auch ein briefliches Grußwort vom Amt der Kärntner Landesregierung, Mag. Udo Puschnig, das Pfarrer Dietrich Galter verlas. Mag. Puschnig lobte die vielversprechende Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt Kärnten und der Akademie Siebenbürgens, wies auf die gemeinsame evangelische alt-österreichische Geschichte hin und sprach seine Hoffnung auf weitere positive Kooperation aus.

Die am Freitagnachmittag und Samstagvormittag gehaltenen Vorträge boten einen aufschlussreichen Überblick zur gesellschaftlichen Relevanz und der Einbindung der Evangelischen Akademie in Siebenbürgen. In seinem Vortrag „Von der Idee zur Gegenwart. 25 Jahre Evangelische Akademie Siebenbürgen“ stellte Pfarrer Dietrich Galter die Entstehungsgeschichte der Akademie dar, die keine geradlinige Entwicklungen aufweist, sondern eher Höhen und Tiefen und auch „drastische Einschnitte“ erlebt hat. Pfarrer Galter ging aber auch auf die gegenwärtige Lage ein, insbesondere mit Blick auf die Sichtbarkeit der Veranstaltungen in der Akademie. „Die EAS hat es in den zurückliegenden Jahren gewiss nicht leicht gehabt, ihre zivilgesellschaftlichen Veranstaltungen angesichts der vielfältigen Angebote, die es inzwischen in Hermannstadt gibt, so zu gestalten, dass sie auch entsprechend wahrgenommen werden. Es wird auch in Zukunft eine Herausforderung bleiben, die EAS so zu positionieren, dass sie ihrer Satzung gemäß in die Zivilgesellschaft hineinwirken kann.“

Pfarrer Dr. Jürgen Henkel, EAS-Akademieleiter von 2003 bis 2008, grüßte ganz besonders die „Vorkämpfer der Akademie“, Prof. Dr. Paul Philippi sowie Prof. Dr. Hermann Pitters, und sprach über „Kirche und Gesellschaft im Fokus der Evangelischen Akademie Siebenbürgen – Impulse aus der Arbeit für die Arbeit“. Dr. Henkel schlug unter anderem eine aussagekräftige Brücke zwischen der Schließung der Platonischen Akademie im Jahr 529, das, an dieses Ereignis geknüpft, als „Epochenjahr zwischen Antike und Mittelalter“ gelte, und der Gründung der Evangelischen Akademie Siebenbürgen. Evangelische Akademien berufen sich in ihrer Bezeichnung als Plattformen, Stätten des Gesprächs und Dialogs auf die Platonische Akademie und entstehen nicht als wissenschaftliche Forschungsanstalten oder Ausbildungsstätten. Als Epochenjahr, das die Gründung der Evangelischen Akademie ermöglichte, sieht Dr. Henkel das Jahr 1989, das Jahr der politischen Wende im Osten Europas.

Im Anschluss referierte Roger Pârvu, Programmleiter der EAS, zum Thema „Herausforderungen für die Evangelische Akademie Siebenbürgen auf dem Weg in die Zivilgesellschaft 2.0“ und benannte damit die Herausforderungen der Gesellschaft, die durch die neuen Medien, insbesondere durch das sogenannte ‚Web 2.0‘ mit seiner interaktiven und kollaborativen Nutzung des Internets, entstanden sind. Pfarrer Wolfgang Arvay, der Vorsitzende des Jugendwerks der Evangelischen Kirche in Rumänien, sprach über die „Zukunft der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien aus Perspektive der Jugendarbeit“. Ruth István, Referentin für Fachtourismus und Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung Kirchenburgen, griff das brisante Thema „Wir verkaufen unsere Kirchenburgen. Tourismusmarketing und Kulturguterhalt“ auf und stellte es somit zur Diskussion.

Im Rahmen des Festgottesdienstes in der Neppendorfer evangelischen Kirche wurde Prof. Dr. Andreas Möckels Einsatz für die Akademie gewürdigt. Prof. Möckel unterstützt die Akademie seit der Gründung durch seinen Bruder Gerhard Möckel und Dorothea Koch-Möckel. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte Andreas Möckel nach Deutschland, wo er studierte und später eine universitäre Karriere aufbaute. Ein Schwer-punkt der Forschung Prof. Andreas Möckels war zusätzlich zu seinem Hauptforschungsbereich der Sonderpädagogik stets auch die Geschichte der Siebenbürger Sachsen. Seit dem Tod Gerhard Möckels im Juli 2014, widmet Prof. Andreas Möckel sich verstärkt der Evangelischen Akademie Siebenbürgen. Für seine unterstützenden Tätigkeiten wurde ihm die Ehrenmedaille der Evangelischen Akademie Siebenbürgen als Ausdruck des Danks und Symbol für seinen Einsatz überreicht.

Gerhard Möckel geriet, wie auch sein Bruder, in den Wirren des Zweiten Weltkriegs nach Deutschland. Dort wurde er, im Dienste der Evangelischen Kirche von Westfalen, in den Nachkriegsjahren ins Auslandspfarramt nach Griechenland entsandt. Später übernahm er den Dienst als Studentenpfarrer in Berlin (West) und kam schließlich an die Evangelische Akademie in Berlin. Nach der Revolution war er einer der wenigen, die in ihre Heimat zurückkehrten. Das war 1991 und das Konzept einer Evangelischen Akademie brachte er mit.

Die Gründung der Akademie wurde am 16. Mai 1991 durch den Hermannstädter Gerichtshof bestätigt. Als Veranstalter von Tagungen, Seminaren und Versammlungen ist die Akademie eine Einrichtung des Dialogs, sowohl interethnisch als auch interdisziplinär. Kennzeichnend blieb auch die Ökumene: Vom Gedanken des Evangeliums her wirkt die Akademie in die rumänische Gesellschaft hinein und bietet Raum für Begegnungen, so EAS-Programmleiter Roger Pârvu. Für Rumänien war diese Gründung eine Neuigkeit. Es hatte vor 1989 viele Jahre an Redefreiheit gefehlt und die Kultur des Dialogs musste erst wiederentdeckt werden, und zwar nicht nur im politischen Raum, sondern eben auch in der Zivilgesellschaft. Für letztere bot die Akademie eine vom gängigen akademischen Medium, den Universitäten, unabhängige Plattform an. Tagungen, Seminare und Versammlungen wurden schon in den Anfangsjahren, ohne eigenes Tagungshaus, organisiert und alsbald stellte sich heraus, dass ein eigener Standort vonnöten war. 2001, nach vierjährigen Bauarbeiten, war es dann soweit: Das Hans-Bernd-von-Haeften-Tagungshaus wurde in Neppendorf eröffnet. Als Gastgeber für kirchliche, schulische und wirtschaftliche Interessenten unterstützt die Institution die Demokratisierungsprozesse innerhalb der Gesellschaft, das tolerante Mitei-nander der Menschen und Völkergruppen im Land.