Gläubige heißen Bischof Josef willkommen

Historisches Großereignis: Bischofskonsekration im Hohen Dom zu Temeswar

Erzbischof-Metropolit Ioan Robu, Bischof Josef-Csaba Pál und Altbischof Martin Roos (v. l.) in der Sankt-Georgs-Kathedrale zu Temeswar.

Zum Zeichen seiner Hingabe wirft sich der zum Bischof Erwählte zu Boden, das Gesicht mit den Händen verdeckt.
Fotos: Zoltán Pázmány

Vor der Sankt-Georgs-Kathedrale in Temeswar/Timișoara sitzen Dutzende Gläubige auf den Stühlen, die die Mitarbeiter des Bistums für diejenigen, die keinen Platz mehr in der Kirche gefunden haben, aufgestellt haben. Ein großer Bildschirm rechterseits des Hohen Doms soll die gesamte Zeremonie in Echtzeit übertragen. Die Kirche ist schon eine Viertelstunde vor Beginn des Großereignisses voll. Politiker, Bischöfe, Geistliche, Amtsträger aus Wirtschaft, Kultur und dem Sozialbereich sind gekommen, um der Veranstaltung des Jahres in der Stadt an der Bega beizuwohnen: Die Katholiken aus dem Banat heißen am Montag, dem 6. August 2018, ihren neuen Bischof willkommen. Josef-Csaba Pál (62) übernimmt das Amt von Martin Roos (75), der 19 Jahre lang als Oberhirte in diesem Landesteil Rumäniens tätig gewesen ist.
Die Zeremonie beginnt mit einer Prozession vom bischöflichen Ordinariat in der Augustin-Pacha-Straße bis zum Hohen Dom. Ministranten, Bischöfe, Domherren, Ordensangehörige und Geistliche verschiedener Konfessionen begleiten den zum Bischof Erwählten bis zur Domkirche. Josef-Csaba Pál flankieren Generalvikar Johann Dirschl und KelemenPortik-Hegyi, ein Kollege aus dem Erzbistum Karlsburg/Alba Iulia. Mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht begrüßt Josef-Csaba Pál die Gläubigen, die vor der Kirche auf ihn warten. Regenschirme haben die Senioren mitgebracht. Sie sollen aber nicht vor dem Regen schützen, denn kein einziges Wölkchen trübt den Himmel über Temeswar. Die pralle Augustsonne macht den älteren Semestern zu schaffen – dafür sind heute die Schirme da. Viele derjenigen, die auf den Stühlen vor der Kirche sitzen, sind aus Reschitza/Reșița gekommen – da, wo Josef-Csaba Pál 31 Jahre lang als Seelsorger gedient und sich bei der dortigen Gemeinde besonders beliebt gemacht hat. Trachtenpaare aus der Banater Heide und Hecke wie auch aus dem Banater Bergland heißen den Zug der Geistlichen, der sich in den Dom begibt, willkommen. Ein leichter Geruch von Weihrauch schwebt in der Luft. Am Fuße des alten Marienaltars der Domkirche warten auf die Prozession die protestantischen Bischöfe Siebenbürgens: Aus Hermannstadt/Sibiu kam Reinhart Guib, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, und aus Klausenburg/Cluj Béla Kató von der Reformierten Kirche Siebenbürgens.

Die feierliche Zeremonie wird auf der Facebook-Seite von Radio Temeswar sowie im ungarischen Fernsehen Duna World live übertragen. Zahlreiche Medienvertreter drängeln sich, um die besten Aufnahmen und Fotos zu ergattern. Dass heute ein besonderes Ereignis angesetzt ist, das lässt auch die Anwesenheit zahlreicher Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland im Temeswarer Dom erahnen: Der Vorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber, der Abgeordnete der deutschen Minderheit im Parlament Rumäniens, Ovidiu Gan], der deutsche Botschafter in Rumänien, Cord Meier-Klodt, die Temescher Präfektin Eva Georgeta Andreaș, der Kreisratsvorsitzende C²lin Dobra, Vizebürgermeister Dan Diaconu und andere Amtsträger aus Politik und Diplomatie besetzen heute die Bänke der Domkirche. Die Menschen im Publikum sind aller Konfessionen. Mehr als 35 Bischöfe und Erzbischöfe aus Ungarn, Deutschland, Kroatien, Serbien, der Ukraine, der Repu-blik Moldau und Rumänien sowie über 200 Priester sind dabei. Den musikalischen Rahmen gestalten der Domchor und die Domkapelle. An der Orgel: der in München lebende und aus dem Banat stammende Organist und Musikwissenschaftler Dr. Franz Metz. Die Gesamtkoordination haben Domorganist Robert Bajkai-Fabian und Domkapellmeister Dr. Walter Kindl inne. Auf dem Programm steht die Spatzenmesse von Wolfgang Amadeus Mozart.

Der apostolische Administrator Martin Roos nimmt als Gastgeber die Einführung vor. 19 Jahre lang hat sich Martin Roos um die Belange der Diözese Temeswar gekümmert und in hohem Maße zur Aufarbeitung der Geschichte dieser Diözese beigetragen. Altbischof Martin Roos, ein Banater Deutscher aus Knees/Satchinez im Kreis Temesch, reichte im Herbst 2017, im Alter von 75 Jahren, dem kanonischen Recht gemäß, seinen Rücktritt bei Papst Franziskus ein. Der Heilige Vater nahm ihn an, sodass im Mai d. J. der aus Șoimeni-Ciuc im Kreis Harghita, mitten im Szeklerland, gebürtige Josef-Csaba Pál zum Nachfolger von Bischof Martin ernannt wurde. „Möge Gott, der Herr, der Bischof unserer Seelen und das Haupt seiner Kirche, mit seinem Segen und seiner Gnade vollenden, was er heute hier in der Kathedrale zu Temeswar durch unseren schwachen Dienst beginnt“, so Bischof Roos in seiner Begrüßung.

Altbischof Dr. h.c. Martin Roos ist heute der Hauptkonsekrator. Ihm zur Seite stehen Dr. Ioan Robu, Erzbischof von Bukarest und Metropolit der lateinischen Kirchenprovinz, und Dr. György Jakubinyi, Erzbischof von Karlsburg/Alba Iulia. Nach einer Vorstellung des Bischofskandidaten Josef-Csaba Pál liest der apostolische Nuntius in Rumänien und der Republik Moldau, Miguel Maury Buendia, den Anfang der Ernennungsurkunde des neuen Bischofs in lateinischer Sprache vor – für die Übersetzung in deutscher und ungarischer Sprache ist Kanzleidirektor Nikola Lauš zuständig. „Gloria“ ertönt nach dem Vorlesen der Ernennungsbulle. Der Pontifikalgottesdienst nimmt seinen Lauf – die Gläubigen singen mit.

In seiner Predigt geht Bischof Martin Roos auf die Bedeutung des Bischofsamtes ein. „Der Bischof ist der erste und höchste Lehrer, Priester und Hirte seines Bistums und allein Christus und dem Nachfolger Petri, dem Heiligen Vater, Rechenschaft schuldig. Groß ist daher die Verantwortung und vielfältig sind die Aufgaben eines Bischofs. Allein kann er seinem Auftrag nicht gerecht werden, er braucht Mitarbeiter. Die Mitarbeit seiner Priester wie der Laien, das Wohlwollen und das Gebet aller seiner Gläubigen, des gesamten Volkes Gottes, für das er bestellt ist“, sagt Martin Roos, der gleichzeitig all jenen Menschen, die ihm in den 19 Jahren seiner Dienstzeit stets zur Seite gestanden sind, seinen besonderen Dank ausspricht.

Den Höhepunkt der Zeremonie bildet das Sakrament der Bischofsweihe. Davor muss Josef-Csaba Pál seine Bereitschaft erklären, das Amt des Bischofs zu übernehmen, indem er auf mehrere Fragen des Hauptkonsekrators antwortet. Die Hände zum Gebet gefaltet, mit sanftem, freundlichem Blick beantwortet Josef-Csaba Pál die Fragen mit „Ja“. Ein ergreifender Augenblick: Der zum Bischof Erwählte legt sich vor dem Altar auf den Boden im Zeichen seiner vollen Hingabe. Sein Gesicht hält er mit seinen Händen verdeckt. Vor ihm knien, den Blick zum Altar gerichtet, die drei Konsekratoren. Die Kirche erbittet von Gott für seinen künftigen Dienst Hilfe und Kraft – gesungen wird die Allerheiligenlitanei. „Wo viele Menschen sind, die beten, ist auch der Glaube stärker, die Herzen sind offen und wir können die Gnade Gottes aufnehmen“, hatte Josef-Csaba Pál in einem ADZ-Gespräch vor der Bischofsweihe gesagt. Alle Bischöfe legen nun dem künftigen Oberhirten die Hände schweigend auf den Kopf – zwei Diakone halten das Evangeliar geöffnet über dem Erwählten. Martin Roos salbt das Haupt des neuen Bischofs mit Chrisam und Josef-Csaba Pál bekommt das Evangeliar, anschließend auch die bischöflichen Insignien – den Ring und die Mitra – überreicht. Der emeritierte Diözesanbischof Martin Roos überreicht dem geweihten Bischof Josef-Csaba Pál den Hirtenstab. Alle anwesenden Oberhirten begrüßen den neuen Bischof mit dem Friedenskuss, als Zeichen, dass sie den Neugeweihten in das bischöfliche Kollegium aufnehmen. Der Chor singt das „Laudate Dominum“.

30 Seiten umfasst das Programmheft der Bischofsweihe, das die Anwesenden vor dem feierlichen Pontifikalamt überreicht bekommen haben. Darin sind alle Programmpunkte aufgelistet, Lieder, Lesungen und Gebete können die Gläubigen in der Broschüre nachlesen und mitsingen. Für die bewegende Zeremonie ist vorher mehrfach geprobt worden, schließlich sind derartige Ereignisse nahezu einmalig im Leben eines Gläubigen und sollten als würdevolle, besondere Momente in Erinnerung behalten werden. Zu Wort kommen, zum Schluss des Pontifikalamtes, Dr. Ioan Robu, Erzbischof von Bukarest, der die Bedeutung des Miteinanders, des Zusammenhaltes in der Diözese hervorhebt. Der orthodoxe Metropolit des Banats, Ioan Selejan, spricht über die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Vertretern verschiedener Konfessionen im Banat und überreicht dem neuen Bischof eine Ikone der Heiligen Gottesmutter Maria. Der Staatssekretär im Kultusministerium, Victor Opaschi, betont die Bedeutung von Kirche und Religion in den schwierigen Zeiten, die wir aktuell erleben, in denen der Menschenhass an Boden zu gewinnen scheint. Der ungarische Vizepremier Zsolt Semjén begrüßt den Neugeweihten im Namen seiner Regierung und unterstreicht, dass ohne Liebe und ohne Respekt die Banater Diversität ein Hindernis in der Gesellschaft bilden könnte, die Kirche sei aber die, die solches überschreiten kann und jeder Nation das Wort Gottes in seiner Muttersprache verkünden könne und solle. Anschließend erteilt Bischof Josef den Segen an alle, die sich heute in der Domkirche eingefunden haben. Ohne dabei jene Menschen zu vergessen, die die Zeremonie auf dem Bildschirm vor der Kathedrale verfolgt haben, begibt sich Bischof Josef nach draußen.
Josef-Csaba Pál ist der dritte Bischof der Diözese Temeswar nach ihrer Neugründung und der 93. in der fast tausendjährigen Geschichte dieses Bistums. „Liebe Schwestern und Brüder, herzlichen Dank! In erster Linie dem lieben Gott für seine Vorsehung und dafür, dass er uns alle unendlich liebt. Das haben wir oft erlebt – auch in der heutigen Liturgie“, sagt Bischof Josef zum Schluss der dreieinhalbstündigen Zeremonie. Mit lauter, sicherer Stimme spricht der neue Bischof die Dankesworte auf Ungarisch und Deutsch aus – besonderer Dank gelte dem Altbischof Martin Roos, sagt Josef-Csaba Pál. Applaus erschallt aus dem Dom. „Ein Wort aus dem hohepriesterlichen Gebet Jesu´, das ich auch als Bischofsmotto erwählt habe, steht mir lebendig vor Augen: Bewahre sie in Deinem Namen! Jesus betet zum Vater und denkt dabei nicht an sich selbst, sondern an jene, die zu ihm gehören. Er will sie nicht allein bewahren, sondern er vertraut das dem Vater an und erbittet für die Seinen das, was er für das Wichtigste hält. Die liebevolle Beziehung von Vater, Sohn und Heiligem Geist, diese Einheit ist das Abbild für die Einheit der Kirche, der Diözese und jeder einzelnen Gemeinde. Die Einheit in der Vielfalt“, sagt Bischof Josef-Csaba Pál. Ein Bischofsmotto, das ganz nach dem Sinn des multiethnischen und multikonfessionellen Banates ausgerichtet ist und das in diesem Teil Rumäniens seit Jahrhunderten gelebt wird.