Gleiche Kämpfe bei erweiterten Fronten

Das Verwirrspiel um links-rechts und schließlich ein gemeinsames Ziel

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Das war ein heißer Sommer! Mit (agrartechnisch) schlechten Ernten und (politisch) intern und extern schwer zu verdauenden und einzuschätzenden Folgen. Im ersten Fall können wir auf ein besseres nächstes Jahr hoffen, im zweiten... Der Alltag lässt uns noch keine Zeichen der Genesung erkennen.

Das Referendum ist inzwischen Geschichte, nicht auch der Trubel rund um das „Geschehen“, genauso wenig der Inhalt des schon wieder und/oder immer noch brodelnden (Wahl)Kampfes. Etwas verändert  erscheinen die Fronten: Auf der einen Seite haben wir die Sozialliberale Union, gebildet aus der Mitte-Rechts-Allianz der Nationalliberalen und der Konservativen Partei und, im Pendant, der diskret ins Leben gerufenen Mitte-Links-Allianz (PSD plus UNPR). Auf der noch schlanken Spiegelseite (in den Meinungsumfragen führt die USL trotz fast zehnprozentigen Verlusten weiterhin komfortabel) befindet sich nun eine erweiterte PDL-Variante.

Sie heißt  România Dreaptă – in Übersetzung das (Ge)Rechte Rumänien – und ist ein Wahlbündnis, zu dem nebst den Liberaldemokraten auch ältere oder jüngere Miniformationen gehören wie die Christlich-demokratische Bauernpartei (PNŢCD) des Aurelian Pavelescu, die unlängst gegründeten Forţa Civică des ehemaligen Ministerpräsidenten und Chefs des rumänischen Auslandsnachrichtendienstes Mihai Răzvan Ungureanu, die Noua Republică (Neue Republik) des Mihail Neamţu und die Christlich-Demokratische Stiftung von u. a. Teodor Baconschi und Adrian Papahagi.

Im Hinblick auf die nahenden Parlamentswahlen Anfang Dezember hätte diese bipolare Links-rechts-Einteilung der innenpolitischen Bühne das Leben von Spielern und Bürgern vereinfachen müssen: zwei konzentrierte Blocks, zwei Ideologien, zwei Programme, zwei Teams... Konkret bedeuten diese neuen Strukturen leider aber noch nicht viel mehr als die Bereicherung des Dauerkriegs mit neuen konfliktspendenden Themen. Die (medien)politische Agenda unseres Alltags an der Dâmboviţa beinhaltet schon länger bekannte Schwerpunkte: Traian Băsescu: Erzfeind oder Retter des Volkes, der „kleine” Mann im blauen T-Shirt aus der Garage oder der „starke” Freund des Westens, der Kanzleien und Presse weltweit mit links beeinflussen kann. Siebeneinhalb Millionen „sich artikulierende“ Bürger versus der „stille“ Rest. Sechs gegen drei oder, umgekehrt, drei gegen sechs Richter des Verfassungsgerichts (wer wurde von wem vorgeschlagen und warum, wer ist wem was schuldig, wer hat wann das eine oder das andere getan etc.). 

Die korrekte oder die untergeordnete Antikorruptionsbehörde und die eindeutigen oder erfundenen Fälschungen der Zahlen des gültigen oder ungültigen Volksentscheids über die Absetzung des Staatspräsidenten Traian Băsescu (laut DNA-Chef Daniel Morar deuten laufende Untersuchungen in mehreren Landeskreisen auf wichtige Fälschungen hin; Vertreter der USL minimieren aber sämtliche Anschuldigungen, reduzieren sie auf einen Racheakt der Opposition, denn Liviu Dragnea and Co. wollten ja nichts anderes als Leute – einschließlich fiktive und tote, das alles kennen wir ja schon seit sehr vielen Jahren – zur Stellungnahme bewegen). Natürlich gibt es auch eine außenpolitische Komponente des öffentlichen Diskurses, darunter die mit der Europäischen Union. Will sie uns jetzt in eine Kolonie umwandeln oder nicht? Dazu ein einziger Kommentar: Gott sei Dank, dass es die EU gibt.

Nun bereichern die beiden mehr oder weniger neu geformten Blocks die Öffentlichkeit mit frischen, zur Abwechslung mal internen Stories. Im linken Block beginnt der Vulkan zu rauchen: Wer trägt die Schuld an dem misslungenen Amtsenthebungsverfahrens des Präsidenten Traian Băsescu? Wer hat das ganze Ding überhaupt eingeleitet? Die PNL und Crin Antonescu, der über Nacht Senatsvorsitzender und Interimspräsident wurde, meinen einige – meist Klausenburger – Sozialdemokraten. Die Sozis, wie lange wollen wir noch für sie büßen, antworten manche Liberalen, darunter Ludovic Orban. Wer weiß, vielleicht bringt das neue Jahr auch die Erkenntnis, dass der Bukarester Oberbürgermeister Sorin Oprescu (laut einer CCSB-Umfrage führt er im Vertrauensrating der Persönlichkeiten mit 49 Prozent) doch ein besseres Staatsoberhaupt abgäbe. Und was ist mit den einst verbündeten, danach verräterischen und wieder verbündeten UNPR-Leuten? Für Nominierungen in 40 Wahlkreisen (aus dem ausgehandelten Portfolio der PSD) sollen sie die Suspendierung Băsescus unterstützt haben.

Auf der rechten Seite sieht es gar nicht besser aus. Wenige Tage ist das konservative Bündnis erst alt und schon werden Unzufriedenheiten und Attacken laut. Als „neuer Anfang, neuer Geist in der rumänischen Politik“ beschreibt Mihai Răvan Ungureanu seine Forţa Civică, Teil des „Rechten Rumänien“. Toller Reformversuch, erwidert Bündnispartner Mihail Neamţu von der „Neuen Republik“, mit recycelten Mitgliedern wie Ion Bazac und Marian Săniuţă von der PSD, Ştefan Pirpiliu und Dănuţ Liga von der PDL oder Adrian Semcu von der PNL (apropos klarer Mannschaften in den beiden Blocks). Weise und erfahrene Liberaldemokraten übernehmen Schiedsrichterfunktion und versuchen, die Auseinandersetzung zu schlichten. Einfach Trubel der Geburt, meinen sie allwissend und versöhnlich, sämtliche Parlamentskandidaturen kommen sowieso vor Monica Macoveis Ethikkommission der Allianz.

Egal ob links oder rechts, unseren Politikern geht es, mit wenigen Ausnahmen, fast ausschließlich um die Sicherung der Sitze im Parlament. Laut Umfragen ist es vielen Bürgern irgendwie klar – eher emotional, nehme ich an –, wen sie wählen wollen. Unentschiedene, die in zwölfter Stunde noch auf ideologische oder programmatische Klärungen hoffen, sind für solche naiven Erwartungen selbst schuld. Für uns, die Angehörigen der Minderheiten hierzulande, gibt es zum Glück die Alternative der eigenen Vertreter in der Abgeordnetenkammer.