Große Nachfrage bereitet zusätzliche Probleme

Öffentliche Debatte in Kronstadt zum Thema „Die Zukunft der deutschen Schule in Rumänien“

Der Forumsabgeordnete Ganţ, Schulinspektoren und -leiter, Deutschlehrer waren zur Debatte eingeladen worden, um ihre Standpunkte vorzustellen.

Das Honterus-Denkmal auf dem Veranstaltungs-Flyer.

Eltern der Schüler die einen deutschsprachigen Unterricht besuchen, bildeten die Mehrheit der Audienz bei der Debatte zur Zukunft der deutschen Schule hierzulande. Veranstalter dieser Gesprächsrunde die im Aro-Palace-Hotel abgehalten wurde, war das Landesforum; als Moderator trat Forums-Stadtrat Christian Macedonschi auf. Dazu eingeladen waren der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganţ, die Kronstädter Generalschulinspektorin Ariana Bucur, die für den deutschen Unterricht zuständige Fachinspektorin Gabriela Adam, der Direktor des Honteruslyzeums, Helmut Wagner, Lehrstuhlinhaberin Dr. Carmen Elisabeth Puchianu von der Philologie-Fakultät der Transilvania-Uni, Delia Wusinczky, Direktorin der Allgemeinschule Nr. 12, Vertreter der neuen Privatschule „Jules Verne“, die auch eine deutsche erste Klasse führt.

Dass es laut Veranstalter, die „erste öffentliche Debatte“ zu diesem sehr umfassenden Thema sei, ist überraschend und lässt darauf schließen, bisher habe es kaum einen Anlass gegeben, sich Gedanken oder sogar Sorgen über die Zukunft der deutschen Schule in Rumänien zu machen.

Die Debatte fand im Rahmen eines Treffens mit Forumssympathisanten statt, kurz vor den Parlamentswahlen. Auch das ist ein Hinweis auf die Tatsache, dass deutsche Schulen schon lange nicht mehr einen Bereich darstellen, der strikt die geschrumpfte deutsche Minderheit und das DFDR als ihr Interessenvertreter angeht. Der absolute Großteil derjenigen die in diesen Schulen lernen, sind Kinder die nicht deutsche Eltern haben, für die also Deutsch nicht die Muttersprache ist. Nicht in so großem Maße, aber trotzdem überwiegend, müsste auch der Anteil der Lehrer sein, die nicht als deutsche Muttersprachler bezeichnet werden können.

Auf der Debatte wurden Probleme angesprochen, die allen wohlbekannt sind und die als unumstritten gelten. Das wären, unter anderen, der Mangel an qualifizierten deutschsprachigen Grundschul- und Fachlehrern, wobei die schwache Entlohnung der Hauptgrund bleibt; ein überfülltes und nicht immer heutigen Anforderungen angepassten Lehrprogramm; die etwas überstürzte Einführung der Vorbereitungsklasse. Hinzu kommen fehlende Lehrbücher in deutscher Sprache, Pannen in der Organisierung oder Förderung der Lehrerausbildung, wo das Lehrerfortbildungszentrum in Mediasch glücklicherweise die positive Ausnahme darstellt.

Ovidiu Ganţ, der als ehemaliger Mathe-Lehrer und Lyzeumsdirektor eine reiche Erfahrung  bezüglich des rumänischen Unterrichtswesens vorweisen kann, sprach klare Worte: der rumänische Staat kommt seinen Pflichten nicht nach. Vor allem der Staat sei gefragt, für entsprechende Bedingungen zu sorgen in denen auch der deutschsprachige Unterricht gesichert wird, und nicht Eltern der Schüler, Spender aus der Wirtschaft, Landesforum oder ausländische Hilfsaktionen.

Andererseits sei es selbstverständlich, dass deutschsprachige Lehrkräfte in staatlichen Schulen nicht eine Sonderentlohnung genießen können. Wenn der Staat in staatlichen oder akkreditierten privaten Kindergärten Plätze für deutsche Kindergartengruppen anbietet oder zulässt, so verpflichte er sich, auch genügend Schulplätze für diese Unterrichtsform zu sichern. Das ist leider nicht der Fall und bringt Probleme mit sich. Ganţ wies bereits einleitend auf die Sondersituation der deutschen Sprache im rumänischen Unterrichtswesen hin.

Für sehr wenige (Kinder aus deutschen oder zum Teil deutschen Familien) bleibt Deutsch die Muttersprache; für die große Mehrheit ist es eine Weltsprache, die ihnen, vor allem im Wirtschaftsbereich, zusätzliche berufliche Zukunftsperspektiven in Rumänien und im Ausland sichert. Es sei eine Win-Win-Situation in der beide Seiten (genannt wurde sogar eine dritte Kategorie: die Kinder aus Familien der deutschen/österreichischen/Schweizer Unternehmer, Facharbeiter, Experten die sich zeitweilig in Rumänien aufhalten) zu gewinnen haben.

Leider kann dieser Vorteil nicht entsprechend genutzt werden. Selbst die bekanntesten deutschen Schulen z.B. jene in Kronstadt, Temeswar müssen sich um ihren guten Ruf und einen qualitätsvollen Unterricht bemühen und sind nicht immer in der Lage, einen massiven „Ansturm“ neuer Schüler standzuhalten, vor allem wenn es sich um Kinder handelt, deren Eltern glauben, dass da die deutsche Sprache von Grund auf erlernt wird.

Auf einen Sprachtest (oder Interview) für die Einschreibung in die erste Klasse wird seit diesem Jahr  bekanntlich infolge eines Regierungsbeschlusses verzichtet. Um so mehr sei eine Anpassung zwischen der Zahl der deutschen Kindergartenkinder und den Einschulungsmöglichkeiten in einer deutschen ersten Klasse dringend notwendig.

Angesprochen wurden auch Alternativen zum Deutsch-als-Muttersprache-Unterricht (DaM). Das wären Schulen mit Klassen wo intensiver Unterricht von Deutsch als Fremdsprache (DaF) angeboten wird oder eben Privatschulen.

Widersprüchliche Meinungen gab es in Bezug auf die Unterrichtsqualität. In diesem Fall ging es ums Honteruslyzeum. Direktor Wagner wies auf die guten Ergebnisse bei Prüfungen hin (Bakk, Sprachdiplom, Abschlussprüfung VIII. Klasse). Von Eltern war zu hören, dass viele Schüler nicht in der Lage seien, sich in einem guten Deutsch frei auszudrücken. Dr. Puchianu wies darauf hin, dass die deutsche Sprachkompetenz, auch einiger Honterusabsolventen, unterdurchschnittlich sei.

Allerdings, fügte sie hinzu, nützen die besten Schüler das Honteruslyzeum als „Trampolin“ für ein Hochschulstudium im Ausland. Betreffend deutsche Lehrbücher am Honteruslyzeum müsste differenzierter berichtet werden. Seitens Schulleitung und Schulamt hieß es auf der üblichen Pressekonferenz vor Schulanfang (einschließlich auf KR-Anfrage), es gäbe keine Probleme mit fehlenden Schulbüchern.

Das erwies sich nun nicht gerade so; eine Tatsache von der nun auch Generschulinspektor Bucur während der Debatte erstmals erfuhr. Lehrbücher gibt es, aber viele sind seit Jahren von einer Schülergeneration an die andere weitergereicht worden und sind in einem schlechten Zustand, obwohl sie ja theoretisch weiterhin als gültig erklärt werden können. Neue Lehrbücher in deutscher Sprache, insofern sie überhaupt gedruckt wurden, sind eher die Ausnahme.

Der Forumsabgeordnete unterstrich seine erfolgreichen Bemühungen, die Auflösung deutscher Klassengänge oder Kindergartengruppen in verschiedenen zumeist kleineren Ortschaften zu verhindern. Auch wurden auf sein Drängen einige der Schulbücher neu aufgelegt oder erstmals gedruckt.
Es sind Einzelfälle, so wie auch verschiedene Schulen mit Hilfe der Elternbeiräte manchmal für sich punktuelle Lösungen finden können.

Die großen Fragen konnten bei dieser Debatte angesprochen aber nicht beantwortet werden. Dass dabei Inspektoren und Schulleiter (nicht zu vergessen – sie sind Angestellte des Unterrichtsministeriums in leitender Funktion auf Lokalebene) nicht immer einer Meinung mit den kritischen Bemerkungen des  Abgeordneten Ganţ sein konnten, ist auch zum Ausdruck gekommen. Aber, wie unterstrichen wurde, alle befinden sie sich auf derselben Seite der Barrikade und versuchen dem deutschen Schulwesen in Rumänien zu einer gesicherten Zukunft zu verhelfen.