Herdentrieb, Denkverzicht

Zwei Ereignisse dominieren Rumäniens Innenpolitik am Jahresende: Der Tod des letzten Königs, Mihai I., und die (von den Zielpersonen an der Spitze von PSD/ALDE frech ignorierte, bzw. argumentationslos widersprochene) Deklaration des State Departement bezüglich der Illiberalität, auf die Rumänien, mit Duldung durch die Regierungs- und Parlamentsmehrheit, zurast.

Rumänien gerät Ende 2017 in ein Stadium des Rückschritts, dessen Finalstadium unmöglich voraussehbar ist. Alle Bemühungen der vergangenen 15 Jahre zur Modernisierung Rumäniens aus eigener Kraft (zu der Rumänien sich wegen seiner stupiden politischen Spitzen und einer im kommunistischen Verdummungsstadium verharrenden Wählerschaft als strukturell fast unfähig erwies) und durch Impulse aus der EU werden nun durch die „Novellierung“ der Justizgesetzgebung zertrampelt. Bis Jahresende dürften wir dort landen, von wo die Modernisierung einmal startete.

Schuld daran sind eindeutig das Ex-Mannequin (das Wort kommt ursprünglich aus dem Niederländischen und meinte „Männchen“, man denke ans Brüsseler „Manneken pis“) an der Senatsspitze, ALDE-Chef Călin Popescu-Tăriceanu, der sich im Alter außer durch Virilitätsbeweise (er hat, seit er Politik macht, mehrmals seine bessere Ehehälfte gewechselt) auch durch Nachkauen der tumben Lügen seiner PSD-Regierungspartner hervortut, und der „Baron vom toten Donauarm Belina“, Liviu Dragnea. Popescu-Tăriceanu schwebt in der Gefahr, in einem anstehenden Strafprozess verurteilt zu werden, Dragnea ist auf Bewährung frei und konnte in keinem Anfechtungsverfahren überzeugende Beweise für seine Unschuld vorlegen. Folglich haben wir als zweiten und dritten Mann im Staat zwei Personen, die bereit sind, alles zu bewegen, um die Gesetzgebung bzw. die Beeinflussungsmechanismen der Justizorgane so zu ändern, dass die Politik über Zugriffshebel verfügt, sich allzeit die Justiz untertan zu machen. Was gegenwärtig durch ein so kompetenz- und meinungsloses wie feiges Parlament passiert, von dem es keine einzige Erklärung gibt, dass es irgendwie beleidigt wäre, zwei mit dem Gesetz in Konflikt Geratene an seiner Spitze zu haben.

Im Furor haben die Straffälligen und strafrechtlich Verfolgten sowie ihre Parteigänger ihre Masken zwecks Komplettunterordnung der Justiz fallengelassen. Sie verzichten darauf, ihren im Grunde offenen Angriff auf den Rechtsstaat als etwas andres darzustellen, als er ist, ignorieren jede Vernunft, verachten und nutzen die Schwäche(n) der Zivilgesellschaft, agieren aus Eigennutz pur. Dazu hat sich ihr „soziales“ Regierungsprogramm beugsam erwiesen, solange es diejenigen bei der Stange hält, die sie gewählt haben. Jene, die es nach 1989 nicht schafften, die Wende im Kopf zu vollziehen und die mit der Sturheit der Unbelehrbaren für die postkommunistische PSD stimmen. Das dürften zwar nur etwa 17-18 Prozent der Bevölkerung sein, aber sie gehen wählen und schaffen Mehrheiten! Die Zukunft Rumäniens, die ihrer Kinder und Kindeskinder interessiert sie wenig, solange sie ab und an ein paar Prozent mehr Rente oder ein Säckchen Maismehl zugeschmissen kriegen. Parteichef Dragnea steht schlecht in den Umfragen, nicht aber seine Partei, die PSD, die zu jedem Zeitpunkt eine Mehrheit für sich finden würde. Mit denselben Leuten an der Spitze...

Die Regierungskoalition glaubt, die Freiheit zu besitzen, die Wirtschaft und Finanzen des Landes ins Chaos zu stürzen, (auch) indem sie ungedeckte Boni ausschüttet an die Bevölkerung, um sich deren duldsames Schweigen zu erkaufen. Führungsprinzipien sind Kompetenzlosigkeit und eitel Dummheit, im Parlament, an den Hebeln aller Ministerien. Einzige Bedingung: Oberhirt Dragnea aufs Wort zu folgen und das „Regierungsprogramm“, ohne drüber nachzudenken, umzusetzen.

Durch Herdentrieb und Verzicht aufs Denken. Oder Unfähigkeit?