Historische Rekonstruktionen und das Spiel mit dem Feuer

Zu Besuch bei den „Rittern der Burzenländer Burgen“

Die Gruppe „Hypnosis” ausnahmsweise bei Tageslicht, vorgestellt von Bogdan Bălăşcău (rechts im Bild)

Bogdan Bălăşcău kurz vor seinem Auftritt mit dem Feuerzauber von „Hypnosis” auf dem Kronstädter Marktplatz
Fotos: Hans Butmaloiu

Seit nunmehr fünf Jahren gibt es sie wieder, zuerst in dem Innenhof der Burg am Schlossberg, die Ritter in Kronstadt/Braşov. Anfangs war es eine kleine Gruppe von Jugendlichen, die in selbst hergestellten Rüstungen, Kettenpanzern und weißen Mänteln eine Nachbildung des Burglebens bot. Ihre Auftritte mehrten sich, es wurde das „Turnier der Burgen“ veranstaltet, welches nun in Kronstadt, Marienburg/Feldioara, Rosenau/Râşnov und Fogarasch/Făgăraş stattfindet. Nach und nach gewann der Verein der Freizeitritter eine feste Fangemeinde. Auf die Frage, was genau dieser Verein darstellen will, gab es jedoch wenig Antworten in den Medien. Die eigene Internetseite lieferte auch keine ausreichende Aufklärung darüber.

Da es im Burzenland nur ein einziges Mal und – geschichtlich gesehen – nur für sehr kurze Zeit Ritter gab, führte ADZ-Redakteur Hans Butmaloiu ein Gespräch mit Bogdan Bălăşcău, Geschäftsführer des Vereins und Mitglied der Gruppe „Hypnosis“.

Das Publikum der von Ihrem Verein veranstalteten Burgfeste und Turniere hat Sie in Rüstung und mit Degen kennengelernt. Wer steckt jedoch im Alltag dahinter?

Nun ich bin der Geschäftsführer des Vereins „Ritter der Burgen des Burzenlandes“ und einer der beiden Verwalter der Gruppe „Hypnosis“. Im Berufsleben habe ich erst vor Kurzem den Entschluss gefasst, selbstständig zu werden. Beruflich war ich vorher in mehreren Bereichen tätig, ich habe als IT-Ingenieur im Servicebereich, als Vertreiber von IT-Produkten gearbeitet und den Standort der IT-Firma in Kronstadt geleitet. Damals war ich 24 Jahre alt.

Zeitgleich mit dem Reduzieren der Tätigkeit im IT-Bereich habe ich begonnen, das, was man „geschichtliches Remake“ nennt, also die historische Nachbildung, ernster zu nehmen, ebenso das Jonglieren mit dem Feuer. Im wörtlichen Sinne. Von der Ausbildung her bin ich jedoch Verkaufsingenieur.

Und warum haben Sie diesen Weg der historischen Rekonstruktionen eingeschlagen? Gab es dafür einen bestimmten Auslöser oder ist Geschichte ein Hobby von Ihnen?

Ich bin in Zărneşti geboren. Als ich fünf war, sind wir mit meinen Eltern nach Rosenau umgezogen, in eine Wohnung, von der aus ich jeden Morgen durch das Fenster meines Zimmers die Fluchtburg auf dem Berg über der Stadt sah.

Damals war die Burg in sehr schlechtem Zustand – verfallen, ungepflegt, beschädigt. Diese Burgruine wurde zu einem allgegenwärtigen Hintergrund meiner Kindheit. Ich habe begonnen, mir Fragen zu stellen, darüber was sich dort oben einmal abgespielt hat, wer ihre Bewohner waren.

Als ich heranwuchs, habe ich begonnen, mich für die Geschichte der Burg zu interessieren. Als Jugendlicher bin ich 2008 Mitglied des Vereins geworden. Das wäre es in der Kurzfassung. Alle anderen Erfahrungen und mein jetziges Wissen habe ich dann im Austausch mit anderen Vereinen derselben Art und von Fachleuten erworben.

Wie ist eigentlich der genaue Status des Vereins zurzeit?

Es ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Status als Rechtsperson. Der vollständige Namen lautet „Verein der Ritter der Burgen des Burzenlandes“, er beschäftigt sich mit geschichtlichen Nachbildungen.

Das ist ein Bereich, mit dem nicht viele etwas anfangen können: historische Rekonstruktionen. Er scheint auf den ersten Blick ziemlich allumfassend zu sein ...

Ja und nein, denn das Gebiet, besser gesagt das Zeitfenster der Nachbildungen, unserer Nachbildungen, ist der Anfang des dreizehnten Jahrhunderts. Genauer: die Zeit, in welcher der Deutsche Ritterorden im Burzenland gegenwärtig war.

Gerufen wurde der Deutsche Ritterorden, dessen vollständiger Name im Lateinischen „Ordo fratrum domus Sanctae Mariae Teutonicorum Ierosolimitanorum“ lautet, vom ungarischen König Andreas II. im Jahre 1211. Es war eine Bitte um Hilfe gegen das einfallende turkmenische Volk der Kiptschak, allgemein bekannt als Kumanen. Unser Verein stellt zur Hälfte Ritter des Deutschen Ordens und zur anderen Hälfte Kumanen dar, mit Kleidung und Waffen. Unsere geschichtlichen Rekonstruktionen vor dem Publikum stellen demnach einen Bruchteil, aber einen sehr wichtigen Bruchteil der Geschichte des Burzenlandes dar.

Das ist unser Bereich und darauf beschränken wir uns. Die Bedeutung dieser kurzen historischen Episode im Burzenland ist groß, viel größer als andere geschichtliche Abläufe. Der Orden legte, wenn ich das so sagen kann, den „Grundstein“ sehr vieler Burgen und auch Siedlungen in unserer Region. Der Einfluss der Ritter im dreizehnten Jahrhundert – unter der Leitung von Hermann von Salza – war so groß, dass sich der ungarische König gezwungen sah, den Orden nach nur vierzehn Jahren aus dem Land zu jagen. Gut, die Ritter des Ordens, zahlenmäßig nicht sehr stark vertreten, sind vertrieben worden, doch der Keim ihrer Saat ging auf: Die gegründeten Siedlungen wuchsen und es begann eine neue geschichtliche Etappe.

Sie haben viele Einzelheiten und historische Daten erwähnt, demnach ergibt sich die nächste Frage fast von selbst: Woher nehmen Sie die Informationen für Ihre Auftritte, da es ja für diesen Teil der Geschichte Siebenbürgens, also des Burzenlandes, relativ wenig zuverlässige Quellen gibt?

Das ist eine Frage, welche uns oft gestellt wurde und wird! Viele haben die mittelalterlichen Rekonstruktionen hier im Land kritisiert. Es wurde beanstandet, dass der Lauf der Geschichte nicht genau nachvollzogen wird, dass die archäologischen und geschichtlichen Quellen nicht immer herangezogen werden. Ja, es stimmt, dass es über das Burzenland im dreizehnten Jahrhundert wenig Quellen gibt, sehr wenige.

Wir wissen über die Anwesenheit des Deutschen Ritterordens, es gibt Schriften in Archiven, die Einzelheiten enthalten, vor allem die Briefwechsel sind wertvoll und auswertbar. Der Verein hat enge Verbindungen zu Forscherkreisen und über diese informieren wir uns genauestens. Wir haben einen regen Meinungs- und Erfahrungsaustausch. Es sind auch Dokumentationsreisen vorgesehen, zu Stätten, an welchen wir uns erhoffen, noch Ergänzungen zu diesem Puzzle zu finden, das das Burzenland des dreizehnten Jahrhunderts darstellt.

Unsere Auftritte rekonstruieren nicht einen ganz bestimmten Tag, nein, wir bieten den Zuschauern einen kleinen Einblick in eine Zeit von großer Bedeutung. Persönlich bin ich der Auffassung, dass Siebenbürgen unter einem übertriebenen „Dracula“-Mythos leidet. Ein Mythos, der auf einer Erfindung beruht und sich weit entfernt von der Realität bewegt, wobei ein so wichtiger Abschnitt wie die Anwesenheit des Deutschen Ritterordens kaum bekannt ist. Dracula ist ein finanzieller Gewinn, er zieht Touristen an, doch selbst diejenigen, die daraus Gewinn ziehen, wissen genau, dass es um eine Legende, einen Mythos ohne Halt geht.

Unsere Darstellung umfasst die Zeitspanne von der Ankunft des Deutschen Ritterordens, also 1210, bis zur Christianisierung der Kumanen durch den Sohn von König Andreas, König Bela I., also 1235. Es handelt sich um ein Szenario, welches eine Reihe von Konfrontationen zwischen den beiden Lagern umfasst. Selbstverständlich sind unsere Auftritte schon durch die Anzahl unserer Mitglieder auf kleine Dimensionen beschränkt. Wir sind ja bei Weitem nicht so zahlreich, um eine Schlacht mit Tausenden von Statisten nachzustellen. Also: Wir kämpfen fünf gegen fünf, eine symbolische Nachbildung.

Symbolisch in welchem Sinne?

Da gibt es einen ganz bestimmten Punkt, den ich meine: Ritter bewegten sich und kämpften zu Pferde, daher auch ihr Name! Dieses wesentliche Element fehlt uns, da es auch viel zu schwer wäre, einen Kampf beritten auszutragen ...

Dann wären Sie Stuntmen und würden anderswo auftreten ...

Genau! Es ist ja so, dass diese Auftritte für uns ein angenehmer, konstruktiver Zeitvertreib sind. Ein Weg, um den Zuschauern kleine Augenblicke der Geschichte näher zu bringen, aber es ist nicht unser Beruf. Wäre es ein Beruf, so müssten wir uns diesem ganzzeitig widmen und dann hätten wir mit Sicherheit auch Pferde.

Also zu Fuß, mit den Waffen der Ritter (Schwert, Streitaxt, Schild) und in Rüstung wird von Ihnen ein Kampf nachgestellt. Wie ist es eigentlich mit der Regie dieses Kampfes, wie machen Sie das?

Bis jetzt wurden alle Kämpfe nach einer genauen Regie ausgetragen, das heißt, jeder Hieb, jeder Sprung, jede Bewegung wurde eingeübt und so dem Publikum vorgeführt, denn, das muss gesagt werden, das Publikum spricht sehr gut auf diese nachgestellten Kämpfe an. Sie machen ihm Spaß. Jetzt beginnt sich langsam eine Wandlung abzuzeichnen in Richtung eines, von uns sogenannten „freien“ Kampfes, nämlich eines echten und nicht eingeübten Schwertkampfes.

Natürlich ist das auch mit Gefahren verbunden, die Rüstung ist tatsächlich stark, ein Helm kann einem mit voller Wucht ausgeführten Axthieb standhalten. Diese Richtung wurde durch ein Projekt ausgelöst, denn zurzeit wird das rumänische Team für den sogenannten „Battle of the Nations“ zusammengestellt. Das ist ein Auftritt in großem Umfang, denn daran beteiligen sich Polen, Ungarn, Österreich, Deutschland, die Ukraine, die USA und Neuseeland. Dieses Projekt ist im wahrsten Sinne des Wortes eine „Schlacht der Nationen“ mit Regeln, mit einer genauen Nachstellung.

Sie sind gleichzeitig auch in der Gruppe „Hypnosis” tätig, mit der Sie eine besondere Art von Auftritt haben, als „Feuerkünstler“. Wie kam es dazu?

„Hypnosis” ist als Nebenprojekt des Vereins der Ritter der Burzenländer Burgen entstanden, hervorgegangen aus der Nachstellung einer Szene mit einer Hexe, welche gefasst und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird. Um diese Idee herum haben wir eine ganze Geschichte mit Feuerspielen aufgebaut, mit Fackeln, brennenden Schwertern und noch einigem anderen. 

Im Winter 2008 bildete sich dann die Gruppe in ihrer jetzigen Zusammensetzung. Seit 2009 wurden die Vorstellungen immer mehr erweitert, mit neuen Szenarios. Zurzeit haben wir drei Szenarios, die wir aufführen: Das sind die Verbrennung der Hexe, unser „Klassiker“ und eine Geschichte über einen König, welcher aus Übermut seine Tochter bei einer Wette verliert, verbunden mit einer Entführung und einem guten Ende, wie es allen Märchen eigen ist. Es folgt nun ein weiteres Szenario.

Die Idee haben wir einer französischen Wandmalerei aus dem fünfzehnten Jahrhundert entnommen. Die Auswirkungen der Pestepidemien im Mittelalter sind bekannt, sie haben die damalige Denkweise der Menschen äußerst stark und nachhaltig geprägt. Maler übernahmen die Darstellungen über Tod und Leid, die wir heute in verschiedenen Kirchenbauten des Abendlandes finden. Eine solche Vorlage haben wir auch als Ausgangspunkt für eine umfangreiche Vorstellung übernommen. Im Gemälde, das sich übrigens „Danse macabre“ nennt, wird die Gleichheit des Menschen vor dem Tod, der Pest, damals angesehen als eine Geißel Gottes, hervorgehoben. Dargestellt sind Adlige und Arme, Frauen und Greise, Männer und Kinder, Hand in Hand tanzend mit Skeletten, also dem Tod. Es ist sehr beeindruckend; nächstes Jahr werden wir damit auftreten.

Was haben Sie, sozusagen als „As im Ärmel“, für die Auftritte dieses Jahres?

Da haben wir schon etwas gefunden: Infolge der Beteiligung an der Fernsehsendung für Nachwuchskünstler „Rumänen haben Talent“ haben wir beschlossen, uns von der Geschichte und den Märchen des Mittelalters ein wenig zu distanzieren. Es soll ein Szenario mit „Industrie-Rock“ werden. Alles begann mit dem Stück „Du hast“ von Rammstein, das wir im Halbfinale vorgetragen haben. Davon ausgehend arbeiten wir an einer völlig neuen Vorstellung für dieses Jahr. Einige Ideen haben wir noch, an welchen wir feilen, also eine kleine Überraschung wollen wir schon bringen.

Vielen Dank für diese Ausführungen!