Hochklassige Kultur für alle

Das Multikulturelle Zentrum der Transilvania-Universität als Orientierungspunkt

Vernissage der „Eden”-Ausstellung von Alina Gherasim. Es spricht Adrian Lăcătuș.

„Subtle Songs” mit Sanem Kalfa und George Dumitriu
Fotos: MKZ

In Kronstadt tut sich was in der Kultur. In den letzten Jahren sind unterschiedliche Festivals, Künstler, Ereignisse in Bereichen wie audiovisuelle Kunst, Musik, Literatur, Theater, Film oder Tanz immer präsenter und nisten sich in das Allgemeinbewusstsein der Bewohner als Markenbild Kronstadts ein. Dennoch scheint die Stadt das steigende Kulturangebot nicht aufnehmen zu können, es mangelt an Ausstellungsräumen und an einer Infrastruktur der selbständigen Kulturen. Eine öffentliche Strategie ist nötig, die alle Kulturschaffenden, selbstständige wie öffentliche, unter einem Schirm zusammenfassen soll. Man improvisiert viel: Bars, Cafés oder Künstlerstudios werden zu Bühnen, Kinos oder Ausstellungsräumen. In diesem Rahmen bietet seit 2015 das Multikulturelle Zentrum der Transilvania-Universität in Kronstadt (MKZ) einen Raum, in dem regelmäßig abwechslungsreiche Kulturereignisse hoher Qualität veranstaltet werden. Norman Manea, Virgil Nemoianu, Dan Perjovschi, Lucian Ban, Mircea Tiberian oder Evan Parker waren schon hier zu Gast.

Reiches Angebot,
wenig Räume

Mit neuen Festivals wie „Amural“, dem ersten visuellen Festival Rumäniens, dem internationalen Kammermusikfestival „Vibrate! Festival”, dem internationalen Jazz- und Bluesfestival, dem Internationalen Horror- und Fantasy- Filmfestival „Dracula“ oder den Europäischen Poesie-Biennale- Events, die ausschließlich in Kronstadt stattfinden und sich eines großen Erfolges erfreuen, sprudelt in der Zinnenstadt seit einigen Jahren neue Energie in der Kultur. Viele Lokalausgaben nationaler Kulturevents wie die „Nacht der Museen“ und die „Lange Nacht der Galerien“ oder Film-Karawanen werden ebenfalls schon alljährlich von einem breiten Publikum erwartet. Gelegentliche, aber nicht weniger wertvolle kulturelle Angebote kommen hinzu, zahlreiche davon seitens unabhängiger Kulturvereine, die neue Horizonte ansprechen.

Für all diese reicht die kulturelle Infrastruktur der Stadt nicht aus. Die fünf großen Museen der Stadt, beziehungsweise das Kunst-, das Ethnographie-, das Geschichtsmuseum, das Casa-Mureșenilor-Museum, das Museum Städtischer Zivilisation und die kleine „Casa Baciu“ reichen nicht aus. Sie bieten meist Dauerausstellungen, haben zu wenig Platz, wenn überhaupt, zeitweilige Ausstellungen oder unabhängige Projekte zu präsentieren. Die Kunstgalerie des Verbands der Bildenden Künstler (UAP) ist mit ihren rund 30 Quadratmetern auch zu klein, und die wenigen unabhängigen, alternativen Räume, die Kronstadt in den vergangenen Jahren hatte, konnten den hohen Mieten nicht Stand halten. Unter diesen Umständen ist es besonders für die unabhängigen Kulturvereine und -anbieter sehr schwer, mit ihrem breit gefächerten Veranstaltungsangebot ans Publikum zu gelangen. Und umgekehrt.

Regelmäßigkeit
verleiht Sicherheit

Seit 2015 kommt das Multikulturelle Zentrum der Transilvania-Universität diesem Problem entgegen und bietet auf seinen rund 150 Quadratmetern nicht nur einen Ausstellungsraum für unabhängige Kulturanbieter, sondern auch ein dauerhaftes Konzept, das ein ehrgeiziges kulturelles Eigenprogramm vorsieht und eigene Inhalte schafft. Dabei geht es um ein Programm, das mehrere Künste vorstellt, wie Malereien oder Graphic Design, Literatur, Konzerte, Film, Dokumentarfilm oder Tanz. Das Multikulturelle Zentrum ist „ein Raum des Nachdenkens und der Debatte, ein Treffpunkt der Gemeinschaft mit der zeitgenössischen Kunst und Künstlern und bietet ein Programm an Ereignissen und Projekten, welche den künstlerischen Ausdruck und die Ideen unterschiedlicher Kulturen unserer Welt fördert“ erklärt ihr Leiter Adrian Lăcătuș Dekan der Philologie-Fakultät.

Eine wichtige Adresse
in der Kronstädter Kulturszene

Die Gründung des Multikulturellen Zentrums an der größten Universität der Zentralregion Rumäniens geschah aus dem Wunsch, die vielfältigen internationalen Kulturverhältnisse der Uni sowie die Offenheit gegenüber interner kultureller Vielfältigkeit zu vertreten. Besonders im aktuellen nationalen und internationalen Kontext, wo ein Stimmungswandel bezüglich des Radikalismus, des Nationalismus, der Xenophobie bemerkbar wird, sei es wichtig, diese multikulturelle Botschaft zu haben, es sei sogar Pflicht einer Universität, den Gleichheitsgeist und den Respekt für alle menschenwürdigen Ausdrucksformen zum Ausdruck zu bringen, so Lăcătuș.

„Der Ausgangsgedanke war, dass die Universität die nötige Stabilität, Kraft, Öffnung und den Auftrag hat, dem Kronstädter Publikum interessante, herausfordernde, originelle künstlerische  Ereignisse zu bieten, die zu einer Diskussion über die zeitgenössische Kunst beisteuern, sowohl für Studenten sowie für Lehrkräfte“, sagt der Leiter der Institution. Die volle Unterstützung seitens der Universität ist lobenswert und wirke wie eine Langzeitgarantie. Für die Qualitätsgarantie steht das kreative Board des Zentrums, das neben seinem Leiter und dem Rektor der Universität aus Künstlern und Kulturvertretern  verschiedener Bereiche besteht.

Nachdem es anfangs, im Jahr 2013, als Veranstaltungsort der Philologie-Fakultät ohne fortwährendes Programm diente, wurde das Multikulturelle Zentrum zwei Jahre später renoviert, modernisiert und an die komplexen Kulturereignisse angepasst, die hier regelmäßig stattfinden. Die einzige Institution landesweit, die einer staatlichen Universität untergeordnet ist, sich jedoch über große Unabhängigkeit freut, ist inzwischen zu einer wichtigen Adresse in der Kronstädter Kulturszene geworden.

Eines der Geheimrezepte des Erfolgs und jeder gründlichen dauerhaften Aktion ist Konstanz. Darauf wird auch hier hingearbeitet - man schafft ein dauerhaftes Programm, das sich regelmäßig wiederholt und ins Bewusstsein des Publikums eingeht. Bislang steht fest, dass hier jeden Monat eine Kunstausstellung und während des Universitätsjahres eine eigene Reihe Jazz-Kammerkonzerte stattfinden. Die Konzerte, Masterclasses oder Vorlesungen der berühmten Musiker aus dem In- und Ausland bieten eine hervorragende Gelegenheit zum Dialog zwischen Publikum und Künstler.

Der erzieherische Wert dieser Kommunikationsplattform ist der Grundgedanke aller Aktionen des Zentrums.

So auch des selbständigen Kunstraums RAFT, einem kleinen, aber feinen Ausstellungsraum auf vierzig Quadratmetern, betreut von den gebürtigen Kronstädter Künstlern George Roșu und Alina Andrei, der in der Bibliothek für zeitgenössische Kunst des Multikulturellen Zentrums besteht und Ausstellungen und Installationen zeitgenössischer Künstler präsentiert.

Erziehung
ist ein Universalrecht

Das Hauptinteresse des MKZ gilt den Studenten der Universität. Mehr als 20.000 junge Leute von den 18 Fakultäten werden angesprochen. Das Ziel der Uni ist nicht nur, den Studenten Wissen zu verschaffen, sondern ihnen auch eine Lebenseinstellung mitzugeben. So wie es auch der neue Slogan der Transilvania-Uni sagt: Lerne, im Zentrum zu sein!

Die Studenten werden, so Lăcătuș, „für einen maximalen Horizont“ vorbereitet und unterstützt, ihren Leidenschaften nachzugehen und fest daran zu glauben, alles erreichen zu können, was sie sich wünschen.  Sie sollen über die Grenzen hinaus denken, dynamisch sein, sich nicht nur an das Vorhandene anpassen. Diese Einstellung sucht das MKZ zu ergänzen und zu stärken. In diesem Sinne sind dessen Veranstaltungen kostenlos und kommen der Philosophie der Universität, dass Erziehung ein Universalrecht ist, entgegen.

Residenzprogramme
für Künstler

Auch bezüglich der Zukunftspläne hat L˛c˛tu{ ein klares Bild: Außer den zahlreichen Events wie Konferenzen, Debatten, Buchvorstellungen oder Konzerten, die weitergeführt werden sollen, plant der Leiter des Zentrums eine Reihe von Konferenzen und Vorlesungen über zeitgenössische Kunst und kreative Industrien, die über künstlerische, gerichtliche und rechtliche wie auch wirtschaftliche Aspekte aufklären soll. Gleich 2018 werden sie beginnen und regelmäßig stattfinden. Ebenfalls ab kommendem Jahr soll ein Residenzprogramm vergeben werden, das Künstler verschiedener Bereiche mehrmonatige Arbeitsaufenthalte in der Zinnenstadt anbietet.

In Zukunft soll das Multikulturelle Zentrum größer werden: Es wird geplant, auch im zweiten Flügel des Rektoratgebäudes einige Räume einzurichten.

Das imposante Haus befindet sich im Herzen der Stadt, mitten auf der Postwiese/Livada Poștei. Ein Veranstaltungssaal mit über 200 Plätzen soll auch Theater und Film auf höchstem Niveau anbieten. Auch  der Innenhof des Rektoratsgebäudes soll für Open-Air Events hergerichtet werden.
Ein Zentrum für Kulturmanagement, das dem Bürgermeisteramt unterstehen soll, und dessen Notwendigkeit vom „Corona“-Kulturkonsortium mehrmals angesprochen wurde, ist immer notwendiger geworden.

Eine einheitliche Kulturagenda staatlicher und unabhängiger Kulturangebote und eine zukunftsorientierte Strategie sind eben-falls wünschenswert. So könnte Kronstadt auch neue Veranstaltungsräume gewinnen.

Besprochen wurde die Sanierung ehemaliger Industrieräumlichkeiten oder neue Nutzung vorhandener, momentan stillgelegter Räume wie die Kinos „Popular“ oder „Astra“.

In einer Stadt, wo bedeutend weniger Geld in Kultur investiert wird als beispiels-weise in Klausenburg oder Hermannstadt, wo aber das Kulturangebot von Jahr zu Jahr vielfältiger und abwechslungsreicher wird, ist das Multikulturelle Zentrum eine Bereicherung. Dafür wurde die Institution vom Kulturknsortium „Corona“ zum Kulturverein des Jahres 2016 ernannt.