Homunculi auf tönernen Füßen

Die Meinungsforschungsagentur IMAS kreditiert eine mögliche Koalition der Opposition (vermutlich aus PNL, der USR und Dacian Cioloș´s Mișcarea România Împreună – RO+, die erst entsteht) unter allen Umfragen mit der höchsten Zustimmung bei der Sonntagsfrage: über 44,5 Prozent. Interessant. Einerseits, dass die PMP des Ex-Präsidenten Băsescu von fast keinem Umfrageinstitut als Opposition empfunden wird (Ausnahme: bei von der PMP bestellten Umfragen), andererseits, dass selbst bei Umfragen aufscheint, wie schwach und zersplittert die politische Opposition in Rumänien ist. Schon in der Formulierung der Frage war IMAS vorsichtig: RO+ wird als „möglicher” und/oder „vermutlicher” Koalitionspartner der Opposition genannt.

In derselben Umfrage bescheinigt das Institut der regierenden Koalition PSD/ALDE 38 Prozent der Stimmen. Im Grunde nicht viel weniger als einer möglichen Koalition der Oppositionsparteien. Denn zu was die mächtige Wahlmaschinerie der PSD, einmal mobilisiert, im Stande ist, zeigte sich bei fast allen Wahlen in diesem Land. Die 38 Prozent sind für sie ein Grund zum Wachrütteln, kein Klagegrund. Und der Ungarnverband ist immer regierungsbereit...

Hier soll aber vom Homunculus auf tönernen Füßen, der rumänischen Opposition, die Rede sein. Arithmetisch oder rein politisch: Die knapp mehr als 44,5 Prozent der drei Oppositionsparteien bei der Sonntagsfrage sind keine Triumphgarantie. Zumal andere Meinungsumfragen der Oppositionskoalition einen noch viel geringeren Vorsprung gegenüber der PSD/ALDE (wobei letztere kaum ins Gewicht fällt), bescheinigen, oder Gleichstand oder gar Unterlegenheit (bei Hinzunahme des Ungarnverbands). Noch einmal: Keine andere Partei Rumäniens verfügt über einen so mobilisierungsstarken Wahlmechanismus wie die PSD.

Es drängt sich die logische Frage auf, wieso praktisch dieselbe Opposition, die vor vier Jahren noch aus Klaus Johannis einen Präsidenten machte, nach zwei Jahren PSD/ALDE-Herrschaft mit all ihren Fehlern und Schwächen nicht stärker, sondern erheblich schwächer wurde. Es mag einerseits an der unvollendeten Fusion der PNL mit der PDL liegen, wobei viele der PDL-Größen in die Bedeutungslosigkeit stolperten und ihr Wissen um Wahlhandeln und Oppositionsausübung nicht mehr wirkt. Viel stärker ins Gewicht fällt aber die offensichtliche Abstumpfung der Opposition, deren Erosion, ihre Schlappheit. Ihr fehlen Spritzigkeit, Witz, Ideen, Initiativen und vor allem das Bewusstsein der Notwendigkeit einer Einheit, neben der Tatsache, dass ihr in der Welt der Bilder neue Gesichter guttäten (Beispiel USR).

Die Kommentatoren sprechen von einer „Anti-PSD-Front”. Aber gibt es die wirklich (siehe die Monotonie der Referendumsreden im Parlament)? Den PSD/ALDE/UDMR-Wall gibt es. Und der ist für oppositionelle Homunculi unüberwindlich. Die Zweifel, dass bei den Wahlen eine erdachte Oppositionskoalition gewählt wird, wo deren Gegner sehr konkret und greifbar sind, sind berechtigt. Zudem wird der laufende Identitätsbildungsprozess der Opposition von Streit, Fehden und sich Abgrenzen getrübt, was die Wähler verwirrt.

Der Opposition fehlt die Richtung. Und charismatische Persönlichkeiten. Charisma fehlt Johannis, Cioloș, L. Orban. Angst vor offener Konfrontation, Unentschlossenheit, schauen ihnen über die Schulter, wenn sie ein Mikrofon sehen. Die Opposition hat kein kohärentes Wahlprogramm. Sie müsste die Ziege mit dem Krautkopf aussöhnen: den Wählern das von der PSD zugesteckte Geld nicht streichen, das Bestechungsgeld an die Wählerschaft aber finanzierbar machen. Hat die Opposition jenen Ökonomen, der das schafft? Andererseits muss vor den Wahlen klargemacht werden, dass alle „Justizreformen” der PSD/ALDE zurückgenommen werden (können). Dass der Rechtsstaat wieder hergestellt wird. Dass Überprüfung und Ausgleich unumkehrbar werden. Kann sie das?