„Ich selber besuche das Banater Bergland sehr gerne, aber manchmal fühle ich mich wie ein Tourist“

ADZ-Gespräch mit Günther Friedmann, dem Vorsitzenden des Heimatverbands der Banater Berglanddeutschen

Günther Friedmann, Vorsitzender des Heimatverbands Banater Berglanddeutscher aus Rumänien in Deutschland.

Einen eigenständigen Verein besitzen die Banater Berglanddeutschen, die in Deutschland leben, bereits seit 1982. Erstes Anliegen des in München gegründeten Verbands war es, die Banater Berglanddeutschen der Öffentlichkeit als eigenständige südosteuropäische Volksgruppe bekannt zu machen – dieses Ziel ist auch heute noch aktuell. Bereits seit 1981 finden alljährlich Heimattreffen der Berglanddeutschen statt. Das erste große derartige Treffen wurde zu Pfingsten 1981 im steirischen Bad Mittendorf, Österreich, organisiert – dazu reisten mehr als 1400 Banater Berglanddeutsche aus Österreich und Deutschland an. Seit 2015 hat Günther Friedmann (66) den Vorsitz des Heimatverbands der Banater Berglanddeutschen aus Rumänien in Deutschland inne (www.banater-berglanddeutsche.de). Günther Friedmann, der auch das digitale Archiv des Heimatverbandes betreut, stammt aus Königsgnad/Tirol im Kreis Karasch-Severin und wanderte 1973 nach Deutschland aus. In einem Interview mit ADZ-Redakteurin Raluca Nelepcu geht Günther Friedmann auf die wichtigsten Anliegen des Heimatverbandes ein und berichtet unter anderem auch über die Beziehungen der ausgewanderten Berglanddeutschen zu ihrer „alten Heimat“.

Herr Friedmann, als Bundesvorsitzender des Heimatverbands der Banater Berglanddeutschen vertreten Sie die in Deutschland lebenden Banater Berglanddeutschen. Wie viele Mitglieder zählt der Verband aktuell?


Unser Verband hat zurzeit knapp über 600 Mitglieder, davon sind ein paar wenige in Österreich beheimatet.

Welche sind die Hauptanliegen des Heimatverbands der Banater Berglanddeutschen?

Ein Hauptanliegen ist, das Banater Bergland bekannter zu machen. Zum Beispiel, es ist uns gelungen, zusammen mit dem Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm eine umfangreiche Ausstellung im November 2018 zu präsentieren, die man noch bis zum 28. April besuchen kann, danach wird die Wanderausstellung auch in anderen Orten präsentiert, darunter auch im Banat. Des Weiteren möchten wir unsere Familienbücher über den Verband hinaus bekannter machen. Am Herzen liegt uns, neue Mitglieder zu gewinnen, was leider in der heutigen, multimedialen Zeit sehr schwer ist.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den nicht ausgewanderten Berglanddeutschen, also mit denen, die noch in Rumänien leben, mit dem Demokratischen Forum der Banater Berglanddeutschen z. B.?

Wir pflegen die Zusammenarbeit mit dem Demokratischen Forum der Banater Berglanddeutschen, des Öfteren hat unser Heimatverband an den Literatur- und Kulturtagen im Banater Bergland teilgenommen. Unsere erschienenen Familienbücher lassen wir kostenlos der dortigen Bibliothek zukommen sowie unsere Verbandszeitung, die unentgeltlich verteilt wird. Eine gute Verbindung besteht auch zu den Priestern, die die Glaubensgemeinschaft betreuen, sowie zur Diözese Temeswar, dank deren Unterstützung wir bisher 23 Familienbücher von verschiedenen Orten des Banater Berglands erstellt haben.

Gute Beziehungen bestehen auch seitens der HOG Steierdorf/Anina sowie der HOG Königsgnad/Tirol zu den wenigen Verbliebenen im Banater Bergland. Zum Beispiel wurde am 29. September 2012 die 200. Jahrfeier des Dorfes Königsgnad/Tirol in Rumänien mit den Dorfbewohnern und unter Anteilnahme von Gästen aus dem In-und Ausland festlich gefeiert.

Banater Berglanddeutsche versus Banater Schwaben: Welche Unterschiede gibt es? Welche Gemeinsamkeiten?

Es gibt ein paar Unterschiede. Nachdem die türkische Herrschaft besiegt wurde, war die österreichische Monarchie interessiert, die Kriegskosten zu decken, und man wusste, dass das Banater Bergland reich an Bodenschätzen ist. Somit begann die Ansiedlung im Banater Bergland noch vor den Ansiedlungsströmen der Banater Schwaben. Man brachte erfahrene Bergfachkräfte aus dem gesamten Gebiet der Monarchie ins Banater Bergland, wo nach einiger Zeit das größte Industriezentrum Südosteuropas entstand. Die Ansiedler kamen in kleineren Gruppen aus verschiedenen Bergbauregionen in einem längeren Zeitraum. Sie sprechen einen bayerisch-österreichischen Dialekt, mit Ausnahme der böhmischen Dörfer unterhalb des Semenikgebirges.

Die Banater Schwaben kamen in drei großen Wellen und wurden in der Ebene angesiedelt, wo sie hauptsächlich Landwirtschaft betrieben. Sie sprechen einen rhein-moselfränkischen Dialekt. So wie in der alten Heimat die Verbundenheit der beiden deutschen Volksgruppen bestand, so ist es auch hier, in der Bundesrepublik Deutschland. Beide Verbände sind eng miteinander verbunden und bilden sozusagen eine Einheit.

Zum Beispiel ist die HOG Königsgnad/Tirol in beiden Verbänden angegliedert. Unser Heimatverband ist auch im erweiterten Vorstand bei der Landsmannschaft der Banater Schwaben vertreten. Nur strukturell hat die Landsmannschaft der Banater Schwaben noch Untergliederungen im Gegensatz zu den Banater Berglanddeutschen, die innerhalb des Verbandes nur zwei HOGs haben, alle anderen Ortschaften gehören direkt zum Heimatverband.

Inwiefern sind die Mitglieder des Verbands noch daran interessiert, ins Banater Bergland zurückzukehren?

Persönlich kenne ich niemanden, der noch zurückkehren möchte. Manche haben noch verbliebene Freunde oder Verwandte, die sie besuchen, und sie nutzen die Gelegenheit, auch einen Kurzurlaub im Banater Bergland zu machen, wo man noch schöne Naturplätze vorfinden kann. Leider hat man es versäumt, den Tourismus zu fördern. Als ich vor einigen Tagen bei einer Tourismusmesse war, musste ich erneut feststellen, dass das rumänische Tourismusamt die Banater Region, wie immer, nicht präsentiert, bedauerlich!

Inwiefern sind die in Deutschland geborenen Kinder der Berglanddeutschen daran interessiert, zu den Wurzeln zurückzukehren? Gibt es da noch einen Bezug zum Banater Bergland, werden ihnen die alten Werte/Sitten/Bräuche weitergegeben?

Einige der Kinder waren noch sehr jung, als sie von Rumänien ausgesiedelt sind, ein Teil ist ja in der Bundesrepublik geboren und hat somit kaum einen Bezug zum Banater Bergland. Sie kennen das meistens von Erzählungen der Eltern oder Großeltern. Manche benutzen noch Koch- oder Backrezepte, die aus der alten Heimat mitgebracht wurden. Die Nachkommen sind längst voll in der hiesigen Gesellschaft integriert und sind in verschiedenen Vereinen anzutreffen.

Ich selber besuche das Banater Bergland sehr gerne, aber manchmal fühle ich mich wie ein Tourist, da man fast keinen bekannten Leuten mehr begegnet. Die Industrie ist zusammengebrochen, somit haben viele die Region verlassen und sind im Ausland auf Arbeit. Die Bevölkerungszahl ist zurückgegangen, selbst die rumänischen Dörfer werden fast nur noch von der älteren Generation bewohnt.

Wie oft und wo treffen sich die Banater Berglanddeutschen, die in Deutschland leben?

Unser Heimatverband veranstaltet jährlich ein sogenanntes Heimattreffen, das traditionell in Memmingen stattgefunden hat. Im letzten Jahr wurde der Ort gewechselt. Wir sind nun in diesem Jahr zum zweiten Mal in Treuchtlingen, im schönen Altmühltal.

Was plant der Heimatverband der Banater Berglanddeutschen für das Jahr 2019?

Für den 1. Juni ist unser jährliches Heimattreffen geplant, wo in diesem Jahr auch der Vorstand für die nächsten vier Jahre gewählt wird. Weitere Informationen werden im Laufe des Jahres in unserer Verbandszeitung sowie über die Webseite und Facebook bekannt gegeben.