„Ich suche Hölzer“

Der Alpinist Mircea Noaghiu schafft Naturkunstwerke

Kommunismus (Hammer und Sichel) und Armut (Holzlöffel)
Foto: der Verfasser

Bisher kannte man Mircea Noaghiu als einen der erfolgreichsten Kronstädter Alpinisten und Bergkletter-Trainer. Der verdiente Meister des Sports hat sich zudem einen Namen als Buchautor und Dichter gemacht. Nun hatten die Kronstädter die Gelegenheit, ihn als Sammler und Holzschnitzer kennenzulernen. In der zweiten Junihälfte stellte er in der Kunstgalerie „Hestia“ in der Waisenhausgasse/Str. Poarta Schei 12 einen Teil der Wurzeln und der Äste aus, die er auf seinen Wanderungen durch die Berge gesammelt und dann zu Hause nachbearbeitet hat.

Er selbst bleibt bescheiden und sieht sich nicht als Künstler. Aber der heute 79-jährige, rüstige Rentner hat eine Auge für das, was andere schlicht übersehen. „Ich suche Hölzer“, meint er einfach. Wurzeln mit besonderen Formen, manchmal sogar mit im Holz verwachsenen Steinen, verschlungene Äste mit kuriosen Formen wecken seine Aufmerksamkeit und Phantasie. Es findet sich dafür immer ein Platz im Rucksack, eine Stelle in seiner Wohnung und immer wieder Zeit, diese Fundstücke aus der Natur zu säubern, oft mit einer dünnen Lackschicht zu überziehen (in erster Linie, um sie besser zu konservieren) und ein wenig daran zu schnitzen. Daraus entstehen dann kleine Kunstwerke, jedes mit seiner eigenen Geschichte, und manche von ihnen halten für den Betrachter eine Botschaft bereit.

Immer handelt es sich dabei um „totes Holz“. Der Naturfreund Noaghiu würde nie etwas absägen, einem Baum Leid antun. Auf seinen häufigen Wanderungen „bedient“ er sich nur von dem, was auf dem Boden liegt oder noch ausgegraben werden kann, wie zum Beispiel Wurzeln. Und manchmal findet der Stadtmensch Noaghiu für das eine oder andere Holzstück auch eine durchaus praktische Verwendung.

Sein Freund aus der Oberen Vorstadt/Schei, Eugen Moga, präsentierte die Ausstellung „Geheimnisse des Holzes“ bei der Vernissage und schrieb für die Ausstellungsbroschüre ein kurzes Grußwort. Darin heißt es: „Mircea Noaghiu sucht und sammelt mit seiner Künstlerseele Wurzeln und Holz, um sie zu bearbeiten und sie uns als ein Ausdruck der Kunst, des Träumens, der Liebe vorzustellen. Die Kunst will nicht einen schönen Gegenstand darstellen, sondern den Gegenstand möglichst schön wiedergeben.“

In der Ausstellung gab es viel zu entdecken. Die Titel mancher Objekte gaben dem Betrachter konkrete Hinweise, doch oft ließen namenlose Exponate der Phantasie freie Bahn. Entdeckt werden konnte zum Beispiel die erste natürliche Darstellung des Kronstädter Wappens mit Wurzel und Krone, wie Mircea Noaghiu sagt. Oder der Besucher traf auf ein hölzernes Urtier namens „Lemnozaur“ (auf Deutsch etwa „Holzaurier“). Auch Humor spielt mit: Mal ist er eher bitter, etwa dann, wenn Hammer und Sichel neben einem Holzlöffel stehen, einem rumänischen Symbol für die Armut. Mal ist er derber, wenn eine schwangere Frau ihrem ständig beschwipsten Mann (stilisiert als Hirtenstab mit Schafpelz) zu sagen scheint: „Ioane, das ist auch dein Kind!“ Ein anderes Mal sollte man einfach nur schmunzeln, wie etwa beim „grazilen Hund“, der wie eine Strichfigur mit hochgerecktem Kopf erscheint, mit Schwanz und vier Beinen.

Auch Besinnliches ist zu erkennen: ein Holzaltar oder eine Kleinskulptur namens „Hör, schau und schweig...“ Zusätzliche Mühe hatte Noaghiu dabei, die Skulpturen ohne einen einzigen Nagel zu erschaffen und sie dennoch für eine Vase, eine Lampe, einen Teller, ein Buch oder eine Flasche mit Gläsern standfest zu machen.

Rund 300 Besucher betraten während der zweiwöchigen Ausstellungszeit die Galerie, darunter auch Freunde und Bekannte des Holzsammlers und -schnitzers. Ihnen widmete Noaghiu auch den letzten Ausstellungsabend, als mit alten Film- und Videoaufnahmen an das Kronstädter Bergklettern von einst erinnert wurde.