Imageverbesserung von Region, Stadt und Universität angestrebt

Gespräch mit Univ.-Doz. Dr. Ing. Cristian P. Chioncel, Prorektor der Reschitzaer Universität „Eftimie Murgu“ (UEM)

Univ.-Doz. Dr. Cristian Paul Chioncel Foto: Werner Kremm

Von den 14 Absolventen des Jahrgangs 1998 der deutschen Abteilung des Reschitzaer „Diaconovici-Tietz“-Lyzeums leben und arbeiten heute zwei in Reschitza, drei in Temeswar (und ein weiterer hat seinen festen Wohnsitz in Temeswar und Reschitza, arbeitet aber gegenwärtig für die EU im bukowinischen Czernowitz), alle anderen leben im näheren oder ferneren Ausland. In Reschitza lebt Elke Hudetz, die Wirtschaftsingenieurwesen studiert und darin auch einen Master gemacht hat, bei diversen deutschen Firmen tätig war, sich aber wegen der deutschen Schule für ihre Kinder als (erfolgreiche und kreative) Floristin in Reschitza niedergelassen hat. Und ebenfalls hier lebt Cristian Paul Chioncel, Dr. Ing. des Temeswarer Polytechnikums, Hochschuldozent, Prorektor der örtlichen „Eftimie Murgu“-Universität (UEM) und Vizepräsident des aktiven und viel in der Öffentlichkeit stehenden Forums der Deutschen im Banater Bergland. Mit Univ.-Doz. Dr. Ing. Cristian P. Chioncel führte Werner Kremm das folgende Gespräch:

Was hat Sie bewogen, in Reschitza zu bleiben?

Eigentlich mein Vater. Ich hatte am Temeswarer Polytechnikum ein (damals 5-Jahre-)Studium für Elektronik und Fernmeldewesen belegt, das ich 2002 abschloss. Zur Arbeit boten sich dort viele Optionen an für einen, der Deutsch und Englisch beherrscht, aber auch die Familie in Reschitza machte eifrig Lobby, um mich „heimzuholen“. So habe ich mich im Sommer 2002 für gleich zwei Stellen in Reschitza beworben, als Lehrer für Elektronik und Fernmeldewesen an einen technischen Lyzeum und als Hilfsassistent (mit unmittelbarer Perspektive, Assistent zu werden) an der hiesigen Hochschule. Gleichzeitig schrieb ich mich im Herbst 2002 zum Doktorat am Temeswarer Polytechnikum ein, bei Prof. Dr. Ștefan Gârlașu, allerdings nicht im Bereich, wo ich studiert hatte, sondern im Bereich Computer- und Regelungstechnik. Dazu muss ich sagen, dass mein Doktorvater mich als überzeugter Naturfreund tief beeinflusste. Von ihm weiß ich: „Das Leben ist wie Wasser: es muss fließen – wenn es steht, beginnt es zu stinken.“

Ich hatte damals auch die Option, bei einer deutschen Firma angestellt zu werden, habe aber die Möglichkeit des Wechsels hinausgezögert und bin schließlich im Unterrichtswesen geblieben.

Haben Sie das bisher bereut?

Noch keinen Augenblick. Meine Entscheidung fürs Unterrichtswesen steht auch heute.

Wie lief das Doktorat?

Für jene Jahre normal. Es dauerte sechs Jahre und wäre auch mit verpflichtendem ‘Schulbesuch‘ verbunden gewesen, aber dieser wurde mir meist erlassen. So konnte ich 2008 meinen Doktor zum Thema „Regelungsalgorithmen der Generatoren von Windkraftanlagen“ verteidigen, eine Arbeit, die vom Temeswarer Polytechnikum in der Reihe ihrer Doktorarbeiten auch gedruckt wurde.

Es ging also in Richtung erneuerbare Energie. Sind Sie dem Bereich verbunden geblieben?

Jein. An der Reschitzaer Universität gab und gibt es diverse Forschungen in Richtung erneuerbare Energie, vor allem Windenergie. Leider ist in Rumänien das Thema kein Boomthema und wie überall hat Energie bedauerlicherweise sehr viel mit Politik zu tun, und mit Energiepolitik – aber das ist ein Thema für sich. Fakt bleibt: Das Banater Bergland hat ein riesiges Windpotenzial, in den Bergen wie in der Donauklamm, und heute stehen neben dem Windenergiepark der Tschechen von CEZ in der Dobrudscha die Windkraftwerke mit der größten installierten Leistung bei Orawitza (9 Megawatt) und bei Coronini in der Donauklamm (48 MW).

Ich selber habe ab 2007 mit einer österreichischen Firma an so einem Projekt gearbeitet, quasi parallel zur Doktorarbeit, mit Windvermessungen, Standortbestimmung, Auswahl der Anlagen nach Windverhältnissen, Netzplanung usw., einschließlich der umständlichen und bürokratielastigen Genehmigungsphase – bis das Projekt in der Ready-to-Build-Phase war. Dann kam der Schlag mit den Grünen Zertifikaten und deren Stornierung und die Österreicher haben auf den Bau verzichtet. Für mich war es die Phase, wo ich konkret verstanden habe, was es heißt, wenn Investoren vom rumänischen Staat rechtliche Vorhersehbarkeit fordern, was es heißt, Vertrauen in die Gesetzesstabilität eines Landes haben zu können. Diese Firma wird nie mehr in Rumänien investieren.

Inzwischen sind Sie zum Hochschuldozenten avanciert und haben vor knapp anderthalb Jahren zugegriffen, als bei Ihnen wegen Übernahme des Prorektorats angeklopft wurde. Das war in einer unangenehmen Phase für die Hochschule. Warum haben Sie JA gesagt?

Vor zweieinhalb Jahren passierte der UEM nicht das Beste, was einer Hochschule passieren kann: Sie geriet wegen Korruption einiger Lehrer ins öffentliche Zwielicht. Auch heute noch haben wir mit dem Imageschaden zu ringen, der uns durch das mediale Aufbauschen der Vorfälle angetan wurde. Dabei gab es Ähnliches auch an anderen Hochschulen, aber hier war ein besonderer Kontext: Im Fokus standen, ohne das direkt zu sagen, auch der gerade zu Fall gebrachte Politiker Sorin Frunz˛verde und seine Frau, die bis kurz vorher Rektorin hier war. So wurde das Thema der Korruption an der Reschitzaer Hochschule monatelang medial breitgetreten. Ich will niemand in Schutz nehmen, aber der Imageschaden war vor allem durchs Aufbauschen immens. Er äußerte sich im brüsk sinkenden Interesse an einer Aufnahmeprüfung bei uns.

Sie sind seit Sommer 2016 Prorektor der UEM, also ein Jahr nach der Korruptionsschelte. Steht es jetzt besser um die Reschitzaer Universität?

Zusammen mit Rektor Andrade Bichescu haben wir uns bemüht, öffentlich klarzumachen, dass die vielzitierten schwarzen Schafe der UEM Einzelfälle waren, sind offensiv an und vor die Öffentlichkeit gegangen, haben die Universität gegenüber der künftigen Hochschuljugend, aber auch der Gesellschaft (und Elternschaft) geöffnet, organisieren hier auch andere Veranstaltungen. Um nach der jüngsten Aufnahmeprüfung zu urteilen: der Trend ist positiv. Wir haben alle staatlich finanzierten Studienplätze per Aufnahmeprüfung belegen können und auch fürs nächste Jahr kündigt sich ein entsprechendes Interesse an. Am positivsten ist: Alle unsere Absolventen haben sofort Arbeitsplätze gefunden. Also zeitigt auch unsere Politik der Nähe zur Wirtschaft, einschließlich durch Praktikum, beste Wirkung. In dieser Richtung haben wir uns am dualen Berufsschulwesen orientiert. Und das kommt bei Studenten wie in der Wirtschaft gut an. Wir haben Studenten des dritten Jahrgangs, die jetzt schon von Firmen angeworben werden. Praxisnaher Hochschulunterricht zahlt sich jederzeit aus.

Trotzdem bekam die Hochschule nach der jüngsten Qualitätsprüfung eine schlechte Benotung...

Leider. Wir sind weder einverstanden mit dieser Benotung noch haben wir uns damit abgefunden. Wir haben sie als Uni offiziell angefochten. Viele der Argumente, die von der Kommission gegen die Uni vorgebracht wurden, haben wir widerlegt, weil sie überhaupt nicht hieb- und stichfest waren. Unsere Gegenbeweise müssten überzeugend sein. Der Teufelskreis, in den wir ab 2015 aufgrund realer Stolpersteine, aber auch mittels medialem Breittreten bugsiert wurden, muss endlich gesprengt werden. Die schwarzen Schafe sind längst nicht mehr da! Nicht zuletzt: Eine kleine Universität wie die unsere (rund 1500 Studenten) kann nur mit der Stadt und mit dem Landkreis wachsen, in dem und für die sie existiert. In diesem Sinn muss auch das Bedürfnis nach einer allgemeinen Imageverbesserung von Region, Stadt und Universität gesehen werden.